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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 13
Gemeinde Wien und der Regierung einen Vergleich
zu schließen, der jedoch stets abgelehnt wurde.
Schon 1914, knapp nach Kriegsbeginn, schenkte
Dr. Figdor, damals 70 Jahre alt, seine Sammlung
den zukünftigen Erben. In Heidelberg wurde in den
nächsten Jahren ein eigenes Haus bereitgestellt,
das die Sammlung aufnehmen sollte und noch heute
auf diese Sammlung wartet. Im Dezember 1918 kam
das erste österreichische Ausfuhrverbot für Kunst
schätze. Im Jänner 1923 wurde das Gesetz zum
Schutz der Kunstschätze geschaffen und bereits da
mals hätte man es auf die Figdorsche Sammlung
angewendet.
Das Bundeskanzleramt richtete damals ein
Schreiben an den Landeshauptmann von Wien und
forderte die Erklärung der Einheitlichkeit dieser
Sammlung. Im März 1923 erfolgte auch eine solche
Erklärung des Landeshauptmannes, die nach der
Meinung Dr. A.dlers deshalb unrichtig sei, weil das
Gesetz zuerst die Einheitserklärung durch das
Bundesdenkmalamt verlangt und dann erst die Ein
führung des Schutzes. Nirgends im Gesetze, weder
in Oesterreich, noch in Deutschland, seien die drei
Begriffe der kulturellen, geschichtlichen und künst
lerischen Einheit irgendwie umschrieben oder fest
gehalten. Bloß ein Artikel der »Neuen Freien Presse«
habe diese drei Begriffe ausführlich und genau er
klärt. Nach diesen Erklärungen wären die Gutachten,
auf die sich das Bundesdenkmalamt stützt, keines
wegs zureichend. Außerdem verweist Dr. Adler
darauf, daß insbesondere das Gutachten Leischings
geradezu feststellt, daß die Sammlung keine syste
matische Einheit gibt. Besonders wichtig aber sei,
daß das Gutachten den Erben niemals bekanntge
geben wurde, so daß sie nicht in der Lage waren,
dagegen anzukätnpfen, und daß sie insbesondere sich
nicht andere Sachverständige selbst wählen konn
ten, die keine Regierungsleute seien. Das beste Gut
achten über die Sammlung stamme von Figdor selbst,
zu einer Zeit ausgearbeitet, als die erste Beschwerde
gegen die Verfügung des Landeshauptmannes Wien
verfaßt wurde. Figdor nennt darin seine Sammlung
ein Konglomerat der verschiedensten Gegenstände.
Die Sammlung sei keine Einheit sondern im Gegen
teil die vielseitigste Sammlung der Welt. Das er
gebe sich schon daraus, daß sie in nicht weniger
als 76 Rubriken abgeteilt wurde. Einem antiken
Jupiter stellt Figdor den Taktstock Lanners ent
gegen, neben einer Statue Cassians stünde eine
Kuriertasche Napoleon I., und so seien weitere
71 Gegenüberstellungen angeführt, die beweisen
sollen, daß die Sammlung eben keine Einheit bilde
und daß sie nur durch die Launen des Sammlers
zu einer künstlerischen Gesamtheit geworden sei,
aber zu keiner Einheit. Ja, es haben sich Mitglieder
der deutschen Regierung die Sammlung in Wien
angesehen und sie einen »Kram« genannt und damit
Ausdrücken wollen, daß es sich hier um Sammel
surium handle. Von einer geschichtlichen Einheit
könne man schon deshalb nicht sprechen, weil zum
Beispiel das siebzehnte und achtzehnte Jahrhundert
in der Sammlung völlig fehle. Auch der Bundes
katalog verweist auf die Verschiedenheit dieser
großen Sammlung.
Im Namen des Unterrichtsministeriums erwiderte
Ministerialrat Petrin, Er war bestrebt, die Ein
heitlichkeit der Sammlung auf Grund der Gutachten
darzutun, und erklärte weiter, daß sich mit dem
Fall Figdor und mit der Sammlung bereits zu Leb
zeiten Figdors die Oeffentlichkeit sehr interessiert
befaßt habe, und daß viele Stimmen laut wurden,
die das Unterrichtsministerium direkt aufforderten,
einer Schädigung des geistigen Eigentums Oester
reichs durch Abtransport der Sammlung entgegen
zutreten, Es mußte daher rasch ein Entschluß ge
faßt werden, und konnte nicht zugewartet werden,
bis Teile der Sammlung aus Oesterreich verschwun
den waren.
Eine Pflicht, die Gutachten der Partei mitzu
teilen, ist nirgends verzeichnet, und die Zivilprozeß
ordnung, die eine solche Pflicht kennt, kam für das
Verwaltungsgerichtsverfahren nicht in Betracht.
Ein Ermessungsmißbrauch sei deshalb nicht ge
schehen, weil der Entschluß des Ministeriums durch
die reichlichen Gutachten gedeckt war. Figdor hat
sich im. Jahre 1921, zur-Zeit der Vermögensabgabe,
selbst an das Bundeskanzleramt gewandt und sich
um den Denkmalschutz für seine Sammlung be
worben. Er führte damals an, daß seine Sammlung
als eine vollständige und als ein Unikum bekannt
sei. Das Bundesdenkmalamt erklärte hierauf, daß es
sich mit allen Mitteln für den Schutz dieser Samm
lung eimsetzen werde. Das hat es auch getan, und
wenn heute die Beschwerde verlangt, daß dieser
Schutz aufgehoben wird, so widerspricht sie damit
dem eigenen Wunsche des Verstorbenen.
■ Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerde
wegen Feststellung der Einheit der Figdorschen
Sammlung ab gewiesen, dagegen der Beschwerde
wegen der Sicherungsmaßnahmen deshalb statt-
gegeben, weil er eine Mangelhaftigkeit des Ver
fahrens anerkennt.
388. JCunstauktion des ftorotheums
(Schluß aus Nr. 12)
Alte Gemälde.
437a Deutsch, um 1740. Brustbild eines Mannes ... 35
443 Drentwett, Bildnis einer Aristokratin .... 70
445 Italien., 17. J. Beweinung Christi 60
445a Italien., um 1700. Anbetung des Christkindes . . 50
449 Oesterreichischer Mönchsmaler des 18. J. Das
Martyrium von sieben Franziskanermönchen ... 60
451 Schule des Nicolaes M a e s. Damenbildnis .... 90
455 Oesterreichisch, um 1800. Madonna mit Kind ... 60
456 Oesterreichisch, um 1800. Blumenstück 80
457 Nachahmer des Egbert van der Poel, E'euersbrunst
459 Nach Rembrandt. Der polnische Hauptmann ... 75
460 Nach Gerard T e r b o r c h, Knabe mit Hund . . . ISO
461 Nach Tizian. Danae 20
463 20 illustrierte Kunstkataloge des Dorotheums ... 12
Miniaturen.
464 Bildnisminiatur. Brünetter junger Mann ..... 55
466 Brünette Dame in weißem Kleide. Um 1840 ... 22
Neuere Oelgemälde und Aquarelle.
473 B e n e s c h, Marine mit Fischerbooten 40
474 Julius Viktor Berger, Nackles junges Mädchen
in einem Park 32
480 C a r e e, Oesterreichischer Alpensee . . • • • &5
486 Fis eh hol, Städtchen an der Riviera 50
489 Friedlaender. Bauern und Soldaten auf einem
Dorfplatz 60