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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 19
Der 100. Seburtstag des Plakats.
In Frankreich und England rüstet man sich, den
100. Geburtstag des Plakats als kaufmännischen
Werbemittels zu begehen, Es erscheint uns ganz
merkwürdig, daß diese heute so überaus verbreitete
Form der Reklame erst auf ein kurzes Jahrhundert
zurückblicken kann, und tatsächlich hat es auch
schon früher hie und da Anschläge gegeben, in denen
Kaufleute auf ihre Waren hinwiesen. Wenn man
trotzdem jetzt das Jahr 1828 zum Geburtsjahr des
Plakates gestempelt hat, so findet das darin seine
Berechtigung, daß damals das Plakatwesen, das nach
spärlichen Anfängen wieder vollkommen abgekom
men war, von neuem belebt wurde und sich seitdem
dauernd in der Gunst des Handels erhalten, ja einen
immer größeren Aufschwung genommen hat.
Das älteste zu Handelszwecken hergestellte Bild
plakat, von dem wir Kunde haben, stammt aus dem
Jahre 1715, und in den Tagen des Rokoko, das über
eine so große Anzahl vorzüglicher Maler und Stecher
verfügte, lag es nahe, die anmutige und kokette
Kunst dieser Meisterillustratoren auch zur Anprei
sung eleganter Waren zu verwenden, So sind denn
damals einige Bilder erschienen, in denen die Nied
lichkeiten und Galanterien der Rokokomode ange-
boten wurden. Aber diese Form der Reklame bür
gerte sich doch nicht ein, sie blieb auf wenige Aus
nahmen beschränkt, und als dann die Sturmwolken
der Revolution heraufzogen, als die Kriege Napole-,
ons die Welt in Unruhe und Aufregung versetzten,
verschwanden diese dürftigen Anfänge des Plakats
wieder vollständig.
Aber der Gedanke, der im Rokoko nur am Ho
rizont aufgetaucht war, behielt doch seine Kraft,
und als bald wieder in Frankreich eine hohe Blüte
der Illustrationskunst entstand, da erwuchs aus der
engen Zusammenarbeit von Verlegern und Künstlern
auch das Plakat. Es war im Jahre 1828, als ein Ver
leger bei dem Maler Eugen D e v e r i a ein packen
des Bild bestellte, das er für die Anzeige einer neuen
Ausgabe des »Faust« verwenden konnte. Damit war
das Buchplakat zu neuem Leben erweckt und im
folgenden Jahr wurde eine neue Ausgabe der »Ge
spräche über die Weltgeschichte« bereits in einem
dreifarbigen Bildplakat angekündigt. Die Meister
der französischen Buchkunst, Gavarni, Nan-
t e u i 1, La Lance u, a. griffen die Idee mit Feuer
eifer auf und die französische Industrie, die damals
die ersten Schritte zur Ausgestaltung der modernen
Reklame machte, bediente sich dieses anziehenden
Mittels in größerem Maßstab. Einer der Bahnbrecher
für die Einführung des Bildplakats in den Handel war
der große Parfümfabrikant Lagoutte. Die neue
Kunstform fand allmählich ihre klassischen Meister,
besonders seit um 1866 das blendende Talent Che-
r e t s sich diesem Gebiete widmete. Von Cheret ist
in Frankreich die erste künstlerische Blütezeit des
Plakats heraufgeführt worden und die Meisterwerke
der Steinlen, Toulouse-Lautrec, F o -
rain, Willette usw. gaben dem Plakat eine
W eltberühmtheit.
Merkwürdigerweise hielt sich der Llandel noch
lange zurück. Es waren in erster Linie Theater,
Vergnügungslokale, Verleger, die sich des Plakats
bedienten, und außerhalb Frankreichs haben die
Kaufleute erst sehr spät bemerkt, welch eine wun
derbare Möglichkeit sich ihnen hier darbot, ihre
Waren der Phantasie der Menge einzuprägen.
»In England,« schreibt H i a 11, »wurde das
Künstlerplakat zunächst kalt und gleichgültig auf
genommen, und die Zeichner, die begierig diesen Er
werb ergriffen, mußten ihn aus Mangel an öffent
licher Teilnahme wieder aufgeben. Erst die Künstler
des neuen Kunstgewerbes, Walter Crane und
Walker, schufen die ersten Plakatkunstwerkej
die einschlugen. Sie waren es auch, die den Grund
satz aufstellten, daß »nicht die Kunst^ sondern die
Reklame das Wichtigste ist.« Nun erst lernten die
Zeichner und Illustratoren ihren persönlichen Ge
schmack und ihre besondere Richtung zurückzu
stellen und sich vor allem nach den Wünschen des
Auftraggebers zu richten. So entwickelte sich gegen
Ende des 19. Jahrhunderts auch in England eine be
deutende Plakatkunst. Damals waren die großen
französischen Vorbilder auch schon nach Deutsch
land gekommen und wurden von den Vertretern
der neuen dekorativen Bewegung, einem Otto Eck
mann, Thomas Theodor Heine usw. aufgenommen.
Amerika verhielt sich noch länger abweisend. Aber
seit Anfang des 20. Jahrhunderts hat dann das Bild
plakat im Dienste der Industrie seinen Siegeszug
über die ganze Welt angetreten.
JCunstversteigerung bei JCollstein § Puppet.
Die Firma Hollstein & Puppel in Berlin beginnt am
8, November ihre für drei Tage anberaumte Herbstversteige
rung mit dem Ausgebot der Sammlung B r o s e, die zirka
140 Gemälde, Aquarelle, Handzeichnungen, Druckgraphik von
Karl Blechen (1798 Cottbus — 1840 Berlin) umfaßt. Der
Künstler, ein Vorläufer der modernen Landschaftsmalerei, ist
in den Werken seiner Hauptschaffensperiode mit ihren schar
fen Sonnenreflexen, ihren leuchtenden Farben, ihrem breiten,
kecken Pinselstrich durchaus modern, weit seiner Zeit voraus,
nachdem er auf Christ. C. Dahl und Casper David Frie
drich weitergebaut hatte.
Die Sammlung Brose, deren früherer Besitzer bereits zu
Lebzeiten des Künstlers dessen Werke zusammengetragen hat,
als noch wenige Blechen zu schätzen verstanden und noch
weniger seine Werke kauften, zeigt uns eine Uebersicht über
das ganze Schaffen des Künstlers. Es finden sich in der Samm
lung zunächst einige Werke aus dem Anfang der Zwanziger
jahre, verschiedene ganz hochwertige Bilder und Zeichnungen
aus den Jahren 1825 bis 1828, dabei die frühe Fassung zu dem
Oelbild in der Nationalgalerie »Beschneites Tal« aus dem
Jahre 1826, die noch ganz unter dem Einfluß von Caspar
David Friedrich steht. Es folgen zahlreiche Studien, Oelbilder
und Aquarelle, die der Künstler während seiner Reise an die
Ostsee im Jahre 1828 verfertigte, Oelbilder und Studien von
der italienischen Reise 1828—1829 und eine reiche Ausbeute
von der Harzreise 1833. Ganz besonders sei zu erwähnen ein
ganz typischer, prachtvoller Klosterhof, ein entzückendes
Aquarell, Vorarbeit zu seinem »Wald bei Spandau« und ein
unvergleichlicher, faul vor seiner Höhle liegender Fuchs.
An diese Sammlung von Werken Blechens schließt sich
eine Kollektion von Handzeichnungen des 16, bis 19. Jahr
hunderts an, mit vielen schönen Blättern von Bol, Bosch van
Aken, Brueghel, Bril, Goyen, Livens, Maes, Molyn, Netscher,
Ostade, Quast, Ruysdael, Velde, Zeeman und aus dem 19. Jahr
hundert Genelli, Hosemann, Menzel, Preller, Schadow, Schwind,
Wasmann u. a. '
Hierauf folgt weiterhin als zweite Attraktion eine pracht
volle Sammlung von Kupferstichen alter Meister, bei der na-