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Internationale Samm i e r - 2 e i t u n g.
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gegebene Konzert im Musikvereinssaale in Wien
statt, in dem u. a. eine zweite Chorkomposition auf
einen Text von Grillparzer, das im Juli 1827 ge
schriebene „Ständchen“ für Altsolo und Frauenchor
mit Pianoforte (op. 135) zum ersten öffentlichen
Vortrag kam.
„Mirjams Siegeszug“ gelangte erst nach dem
Tode Schuberts zur ersten Aufführung in einem
Wbhltätigkeitskonzeft, das Anna Fröhlich, die
älteste der durch Grillparzer bekannten vier Schwe
stern, am 30. Januar 1829 „zur Errichtung eines
Grabsteines für den verstorbenen Kompositeur“ ver
anstaltete. Die anstrengende Solopartie wurde bei
dieser Gelegenheit mangels einer geeigneten Sängerin
von dem Tenoristen Ludwig Tietze übernommen.
Erschienen ist das Werk erst um 1838 als op. 136
bei A. Diabelli & Co. in Wien, wobei diese Hand
schrift als Stichvorlage diente.
Wir müssen uns auf diese wenigen Kostproben
beschränken, möchten aber darauf hinweisen, daß
unter den 405 Nummern, die der Katalog sorgfältig
beschreibt, kaum einer der Komponisten von Namen
fehlt; Brahms, Bülow, Joseph Haydn, Felix Mendels
sohn-Bartholdy, Robert Schumann, Spohr, Spontini
und Carl Maria von Weber sind besonders gut ver
treten.
Die Schätze der türkischen Suffane.
Wie aus Angora berichtet wird, hat die türki
sche Regierung zwei französische Sachverständige
der Edelstein- und Goldschmiedekunst nach der
Türkei berufen, um die früher in den Schatzkammern
der Sultane aufbewahrten und beim Umsturz mit
Beschlag belegten Schätze zu ordnen. Diese histori
schen Sammlungen von edelsteingeschmückten Waf
fen, Sätteln, Thronen, Kleidern, Geräten, Gefäßen
und ' Schmuckgegenständen aller Art repräsentieren
nicht bloß wegen ihres Gold-,: Silber- und sonstigen
Materialwertes, sondern auch wegen ihrer künstleri
schen Ausführung und ihres geschichtlichen Inter
esses, einen unermeßlichen Wert. Sie sollen nach ihrer
kunst geschieht liehen Ordnung, der Absicht Kemal
Paschas zufolge, in den Staatsmuseen, deren
Gründung in verschiedenen Teilen des Reiches
geplant ist, untergebracht werden. Der Edelsteinwert
dieser Schätze allein ist so groß, daß vor einiger Zeit
eirt Abgeordneter der türkischen Nationalversamm
lung den Antrag stellte, die in Frage kommenden
Wertobjekte in Paris oder London zur Verbesserung
der Staatsfinanzen versteigern zu lassen. Dieser
Antrag wurde einer Kommission zur Prüfung zuge
wiesen und dürfte nach deren Abschluß zur Verhand
lung gelängen. Sicher scheint aber schon heute zu
sein, daß die historischen Objekte der
Sammlungen nicht zum Verkaufe gelangen, son
dern, wie erwähnt, Musealzwecken Vorbehalten
bleiben werden.
Einer der von Kemal Pascha berufenen französi
schen Sachverständigen, M. Gouspeyr e, der kürz
lich von Angora und Stambul, wo die Schätze sich
befinden, nach Paris zurückgekehrt ist, schildert in
einem Pariser Blatte die von ihm beim Besuche des
Alten Serails in Stambul empfangenen Eindrücke. Die
Hflünchener
Im bayrischen Landtag kam es in diesen Tagen
zu einer interessanten Debatte über eine Reihe wert
voller Bilder, die aus der Aschaffe n bürge r
Galerie in die Münchner Alte und Neue Pinako
thek überstellt worden sind und vom Aschaffenbur
ger Stadtrat nun reklamiert werden. Es handelt sich
um Rembrandts „Auferstandenen Christus“, ein
außerordentliches Spätwerk des Meisters, drei Pas-
siönsdarstellungen des Aert de Gelder, zwei Land
schaften des Aart van der Neer, eine Landschaft
Salamon R u i s d a e 1 s, einen unterfränkischen Flü
gelaltar, Baidung Gries „Geburt Christi“, ferner
Arbeiten von Georg Schütz d. Ae., Ferdinand
K o bell und A. Thiele.
dort aufbewahrten Kostbarkeiten wurden von einer
Schar bewaffneter Eunuchen bewacht. Was dem Be
sucher besonders auffiel, war eine Sammlung lebens
großer männlicher Figuren aus Wachs in prächtiger
Kleidung mit edelsteinbesetzten Turbans, die Ver
körperungen früherer Sultane darstellen. Die Figuren
waren in lange, kaftanartige, über und über mit
Goldstickerei besetzte Staatsgewänder gehüllt. Der
Turban eines jeden der Mannequins trägt eine aus
herrlichen Solitären gebildete Aigrette, und zwar
aus je einem Diamanten, einem Rubin und einem
Smaragd. Die Smaragde sollen je 200 Karat wiegen,
jede der Puppen trägt im Gürtel einen Dolch, dessen
Griff aus einem Smaragd großen Formats gebildet
ist.
Ein goldener Thronsessel dieser Sammlung ist
mit 22,000 Perlen, Rubinen und Smaragden dekoriert,
und der Sachverständige schätzt dieses Stück allein
auf 20 Millionen Francs. Ein zweiter, sofaähnlich
geformter Thron, auf dem man bequem schlafen
könnte, gleichfalls über und über mit Juwelen be
deckt, befand sich in der Nähe des ersten, kleineren
Objekts.
Auch in Angora, wo die Edelsteine und
Schmuckgegenstände in den Kellern des Finanz
ministeriums aufbewahrt werden, fand M. Gouspeyre
eine ungeheure Zahl von Kostbarkeiten aller Art.
Unter anderm auch eine große Kollektion von mosle-
mitischen Rosenkränzen aus echten Perlen von er
staunlicher Größe, Gleichmäßigkeit und Reinheit. In
einer der Broschen befindet sich ein Diamant im Ge
wichte von 100 Karat. Der beiläufige Materialwert an
Edelsteinen allein wird von diesem Sachverständigen
auf mehrere hundert Millionen Francs geschätzt.
fKunstfragen.
Vom Kultusministerium und der Generaldirektion
wurde mit Recht geltend gemacht, daß hierbei von
übereifrigem Zentralismus keine Rede sein könne,
daß es sich vielmehr um die Ergänzung wesentlicher
Lücken in den Münchener Sammlungen handle, die
sonst, da keine Mittel für den Ankauf älterer Werke
zur Verfügung stehen, nicht ausgefüllt werden könn
ten. Die Aschaffenburger Sammlung sei durch andere,
ihrem . Aufbau und Charakter gemäße Werke ent
schädigt worden. In der Tat entspricht eine solche
Konzentration des staatlichen Kunstbesitzes durchaus
den Interessen der Wissenschaft und der Kunst-
. freunde. Es geht nicht an, die an sich geringfügigen
Mittel, die der Staat für die Kunstsammlungen zur