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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Nr. 12 
schieden, und nur in der Behandlung durch die Art 
der Schnitzarbeit wie durch die Bemalung und Ver 
goldung dem Material gerecht werden. 
Dies gilt sowohl für Florenz und Siena, das in 
dem Bildhauer Bariele den berühmtesten Rahmen 
schnitzer der Renaissance besaß, wie für Venedig 
wo die Altarrahmen weniger monumental und beson 
ders zierlich in der Dekoration gehalten wurden, 
aber doch einen ganz ähnlichen Charakter haben. 
Diese Art der Rahmen gehört daher in das Kapitel 
der Architektur und Dekoration, Es genügt, ein paar 
besonders feine Arbeiten vom Ende des 15, Jahr 
hunderts, die einen florentiner, die anderen vene- 
tianer Herkunft, als Beispiel in Nachbildungen v.or- 
zuführen. 
Sehr eigenartig ist Donatello, der große 
Schöpfer der Renaissance in der Plastik, auch 
in der Einrahmung seiner Bildwerke, die des 
halb beiläufig hier erwähnt seien. Freilich 
kennen wir solche nur in Stein oder Bronze; aber es 
sind uns ein paar Holztabernakel mit Reliefs von 
Schülern erhalten, die in ausgesprochener Weise den 
Charakter ihres Meisters tragen. Seine malerische 
Auffassung des Reliefs vertrug keine plastisch reine 
Architektur; er erstrebt daher in seinen Einrahmun 
gen eine Verstärkung der malerischen Wirkung und 
diese erzielt er durch Tiefe, kräftige Profilierungen, 
durch Vorspringen des Gesimses, das von eigenarti 
gen eingezogenen Balusterstäben getragen wird, ln 
solchen Rahmen ist das Barocke schon in eigentüm 
licher Weise vorbereitet. 
Reiner als in diesen architektonischen A.ltar- 
rahmen zeigen sich die Elemente des Rahmens in 
den gleichzeitigen Rundrahmen, und zwar schon mit 
dem Beginn der Renaissance, wie sich an einzelnen 
erhaltenen Rahmen der eigentümlichen toskanischen 
,,deschi da parto' 1 beobachten läßt. Hier greifen die 
Künstler, wie es schon die Antike getan hat, zu dem 
für das Rundbild nächsten und schönsten Vorbild in 
der Natur, zur Dekoration durch den Kranz, zum 
Blumen- oder Fruchtgewinde. Im Wetteifer mit der 
großen Plastik und angeregt durch dieselbe, nament 
lich durch die herrlichen Girlanden von Luca und 
Andrea della Robbia haben die toskanischen Bild 
schnitzer, voran die Florentiner, solche Tondi mit 
aufgelegten Kränzen in der mannigfachsten und ge 
schmackvollsten Weise erfunden; sie haben dadurch 
zugleich für die Benutzung dieses Motivs in den 
Bilderrahmen der späteren Zeit den Grund gelegt, 
Gelegentlich, zum Beispiel für eine Darstellung der 
Anbetung des Kindes oder eine Verherrlichung der 
Maria finden wir solche florentiner Rundrahmen mit 
einem Kranz von geflügelten Engelsköpfen dekoriert, 
welcher die heilige Szene wie eine Glorie umgibt. 
Ein anderer seltener, aber fein ausgebildeter Schmuck 
dieser Rahmen ist ein reiches, in verschiedenster 
Weise geschmackvoll gebildetes Flechtwerk. Da 
gegen hat das feine Stilgefühl der Zeit die Künstler 
vor einer Uebertreibung der Dekoration der Altar 
rahmen mit Kandelabern, aufsteigendem Ranken 
werk, Rosetten, vorspringenden Köpfen usw. in der 
Regel bewahrt. 
Für die Ausbildung des einfachen Leistenrah 
mens bot das 15. Jahrhundert nur wenig Gelegen 
heit, da die neben den Altar- und sonstigen Kult 
bildern in verhältnismäßig kleiner Zahl geforderten 
Dekorationsbilder innerhalb der Architektur oder der 
Möbel ihren Platz fanden und daher keiner beson 
deren Rahmung bedurften. 
Solche wurden zuerst für die seit der Mitte des 
Quattrocento von Florenz aus langsam, in Mode 
kommenden Einzelbildnisse notwendig; gegen Ende 
des Jahrhunderts bürgern sie sich auch bei kleineren 
Bildern zum Schmuck der Wohnräume ein, bei Bil 
dern mit religiöser Darstellung wie mit mythologi 
schen und allegorischen Motiven, die allmählich be 
liebt wurden. Die typische Form dieser schmalen 
Leistenrahmen zeigt eine flache und breite Mittel 
leiste, die nach außen mit einem, etwas höheren, nach 
dem Bilde zu mit einem niedrigeren glatten Profil 
abschließt. Die Mittelleiste ist selten ganz schmuck 
los, zuweilen geschnitzt, häufiger aber bemalt; meist 
mit einem zierlichen aufsteigenden Blattornament, 
selten mit einem geflochtenen Band oder einem ähn 
lichen Ornament, Der ganze Rahmen ist regelmäßig 
vergoldet, nur der Grund der inneren Leiste ist nicht 
selten tief blau, worauf das Ornament plastisch und 
vergoldet oder en camayeux gemalt ist. War ein brei 
terer Rahmen für ein größeres Bild erforderlich, so 
legt man, wie der schöne ganz vergoldete Rahmen 
des Lorenzo di Credi in der Domsakristei zu Florenz 
zeigt, zwei Leisten nebeneinander, die innere etwas 
tiefer mit einem Herzblatt von der äußeren getrennt 
und ebenso nach dem Bilde zu mit einem abfallenden 
Profil schließend. 
Sehr originell und wirkungsvoll ist ein schlichter 
schmaler Leistenrahmen um ein in der Galerie Poldi 
zu Mailand aufbewahrtes kleines Madonnenbild von 
Sandro Boticelli, den der Künstler ohne Zweifel selbst 
dafür entworfen hat. Ein einfacher kräftiger Wulst 
mit einem kleinen abfallenden Profil in Form einer 
Hohlkehle nach innen wie nach außen; der Wulst 
von leuchtend roter Farbe, die einrahmende schmale 
Hohlkehle nach außen gelb bemalt, nach innen ver 
goldet, das Ganze mit feinem Lack überzogen, sodaß 
der Rahmen wie eine altchinesische Lackmalerei 
wirkt und die zarte (vielfach blaue) Farbe des Bildes 
wunderbar zur Geltung bringt. Gewiß waren zahl 
reiche Bilder eines Sandro, eines Signorelli und an 
derer Meister in ähnlich wirkungsvoller, eigenartiger 
Weise gerahmt; aber gerade ihre Originalität, wie 
ihre äußere Anspruchslosigkeit war ihnen verhäng 
nisvoll; kaum eines von hundert Bildern dieser Zeit, 
soweit sie nicht Altarbilder sind oder waren, ist in 
seiner alten Einrahmung auf uns gekommen. 
Die Hochrenaissance führt zu einer sehr reichen 
und mannigfaltigen Entwicklung des Leistenrahmens, 
indem der Altarrahmen wesentlich zurücktritt und 
die Gemälde jetzt, durch die außerordentliche Er 
weiterung des Darstellungsgebietes der Tafelmalerei, 
vorwiegend zum Zimmerschmuck bestimmt waren, 
ja, gelegentlich schon in Galerien vereinigt zur Aus 
stellung gelangten. Die Hochrenaissance allein und 
ganz aus sich heraus hätte freilich zu dieser glänzen 
den Entwicklung nicht die Kraft gehabt. 
In ihrer Reinheit kommt sie, ganz besonders bei 
den Rahmen in Florenz wie in Venedig, über eine ins 
große prächtig oder kräftig erweiterte Fortsetzung 
der späteren Frührenaissance nicht heraus, Die be 
rühmten Rahmen um zwei Jugendbilder des Roma 
nino, mehrere der Rahmen in S. Spirito und in Santa 
Maria Madalena dei pazzi u. a. m, zu Florenz wird 
jeder aufs höchste bewundern; aber daß die Di 
mensionen für das Ornament zu groß sind, daß die 
Einführung von Säulen kräftiger Gesimse, übertrie 
ben reicher Ornamente nicht mehr die feine Empfin 
dung zeigen, wie die 20 oder 30 Jahre früher ent 
standenen Rahmen, fällt bei näherer Besichtigung 
entschieden auf. 
(Fortsetzung folgt.)
	        
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