Internationale
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Norbert Ehrlich
21. Jahrgang Wien, 15. August 1929 Nr. 16
J3ilderrahmen in aller und neuer Zeit.
Von Wilhelm von Bode,
(Schluß.) *)
Auch in Holland wurde der Ebenholzrahmen,
schon der Billigkeit wegen, bevorzugt. Er paßt aber
auch durch seine Farbe besonders gut in die hollän
dische Zimmereinrichtung und bildete zugleich einen
günstigen Abschluß, sowohl für die tonigen Gemälde
der älteren holländischen Schule wie für die farben
prächtigen, durch ihr starkes und heildunkel kräftig
wirkenden Gemälde Rembrandts und der von ihm
beeinflußten Richtung. Der geschätzte Rahmen wur
de aber in Holland schon im zweiten Viertel des 17.
Jahrhunderts der Goldrahmen, die „gülden lipt“. Die
schön geschnitzten Barockrahmen freilich, in denen
wir die Gemälde der holländischen Kleinmeister in
den besten Privatsammlungen von Paris und London,
namentlich in den jüngeren Sammlungen finden, sind
fast ausnahmslos französische oder englische Rahmen
vom Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts,
die bei der Erwerbung der Bilder für das Ausland
angefertigt, oder in neuester Zeit von geringwertigen
alten Bildern entfernt und um jene Bilder getan wur
den, Wie die holländischen vergoldeten Originalrah
men jener Zeit aussahen, erfahren wir besonders aus
gleichzeitigen Interieurs, in denen Bilder als Deko
ration der Wände und der Kamine angebracht sind,
gelegentlich auch durch die Bilder, die in heutigen
holländischen oder in alten englischen Sammlungen
versteckt oder dank ihrem geringen Wert unbeachtet
ihre alten Rahmen erhalten haben.
Diese holländischen Goldleisten gehörten in
ihrer mannigfachen Gestaltung zu den eigenartigsten
und pikantesten Rahmenbildungen überhaupt. Sie
zeigten im allgemeinen starke Verwandtschaft mit
den venetianischen Rahmen der späten Hochrenais
sance, namentlich in ihrer Umgestaltung während des
Barock. Sie hatten aber auch auffallende Aehnlich-
keit mit dem Rahmenwerk der ganz modernen Hand
werk-Künstler, ganz besonders van de Veldes, Es
ist sehr wahrscheinlich, daß die holländische Kunst
auch in ihrer Bildereinrahmung Anregungen von
Venedig aus bekommen hat, wo manche ihrer Mei
ster studierten und von wo zahlreiche Gemälde nach
Holland eingeführt wurden. War doch auch die kolo
ristische Richtung der holländischen Malerei der ve
netianischen verwandt, die daher eine ähnliche
*) Siehe die Nummern 11 bis 15 der „Internationalen
Sammler - Zeitung",
architektonische Rahmung aus inneren Gründen be
fördern mußte. Wie der venetianische, so ist auch
der holländische Goldrahmen flach; er besteht in der
Regel aus einem kräftigen auf flachem Grund auf
liegenden Ornament, mit einer kleinen Hohlleiste
nach innen und außen abschließend. Dieses Orna
ment ist, wie in Venedig, entweder ein naturalisti
scher Blumen- oder Früchtekranz oder ein der De
koration des Sansovino-Rahmens verwandtes flaches
Rollwerk von eigentümlich molluskenhafter Form.
Eine Barockart zeigt beide Elemente verbunden.
Diesem Rollwerk, das wohl aus den Voluten und
Bandwerk des 10. Jahrhunderts entstanden ist, ent
spricht in Deutschland das phantastische Gewirr von
Knorpeln, Schweinsohr, Bändern und dergleichen,
das in der kleinsten Goldschmiedearbeit ebenso zu
tage tritt, wie in den holzgeschnitzten Altären und
in den Alabasterdenkmälern, namentlich im Norden
Deutschlands. Das holländische Rollwerk, nach dem
hervorragenden Goldschmied Johann Lutma aus Am
sterdam in Holland gewöhnlich Lutma - Ornament
genannt, erscheint in den Goldleisten wie ein weißes
dickes Bandwerk, das in phantastischer Weise ge
schlungen und aufgerollt ist, ohne sich in der Regel
an naturalistische Vorbilder anzuschließen, erinnern
diese Verschlingungen bald an die Wellen des Mee
res mit ihren krausen Köpfen und der zitternden
Bewegung ihrer hohlen Flächen, bald glaubt man
Fische, Quallen, Polypen und andere phantastische
Weichtiere des Meeres darin zu entdecken, gelegent
lich taucht auch ein Delphinskopf, ein Vogel oder
dergleichen an den Spitzen oder am Abschluß des
Rahmens deutlich daraus hervor. Selbst das Rokoko
bietet kein so malerisch unbestimmtes Ornament,
keine andere Regel der klassischen Kunst so Hohn
sprechende Details, wie dieses Lutma-Ornament "n
seiner reichen Entwicklung aufweist. Am phantasti
schesten und großartigsten ist es in den Architek
turen und Möbeln auf Rembrandt-Bildern angedeu
tet. Nächst den Goldschmiedearbeiten kommt es in
den Goldrahmen am eigenartigsten und mannigfal
tigsten zur Entfaltung, die Vergoldung ist, wie in der
Regel bei holländischen Rahmen, nicht Glanzgold,
sondern mit stumpfem Blattgold aufgepinselt und
durch einen gefärbten Firnis je nach Bedürfnis ge
tönt, was nicht nur für die stark koloristischen Ge
mälde, sondern eben so sehr für die Leder- oder