Internationale
^ammler-Zeifunj
Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Norbert Ehrlich
21. Jahrgang Wien, 1. November 1929 Nr. 21
Der Crfolg der Auktion Weinberger. /
Die Auktion Emil W e i n b e r £ e r ist vorüber,
die Spannung, die wochenlang Sammler und Kunst
händler in Wien gebannt hielt, ist gelöst. Daß es
gleich gesagt sei, der Erfolg war ein voller, die Er
wartungen weit übertreffender. Die einzigartige
Sammlung, die auf zirka 940.000 Schilling geschätzt
war, warf 1,196,115 Schilling ab. Durch den 20pro-
zentigen Aufschlag erhöht sich die an sich schon
sehr respektable Summe auf 1,435,338 Schilling,
Man darf wohl ruhig behaupten, daß dies der
größte Erfolg einer Wiener Auktion bis jetzt war.
Denn die 115,637,500 Kronen, die die Palffy-Auktion
im März 1921 brachte, kommen, zieht man die we
sentlich anderen Geldverhältnisse jener Zeit in Be
tracht, dem bei der Weinberger-Auktion erzielten
Betrage nicht gleich. Am nächsten noch käme ihr
die Versteigerung der Porzellansammlung Karl
Mayer, die Glückselig im November vorigen
Jahres veranstaltete. Bei dieser Auktion wurden,
wie unsere Leser sich noch erinnern werden,
824,000 Schilling erzielt.
Palffy- und Mayer-Auktion waren Sensationen
für Wien, wie es jetzt die Weinberger-Auktion war.
Derselbe Massenandrang jetzt, wie damals, der
Sammler-Furor vielleicht noch heißer. Die Herren
Alfred Wawra und S. Glückselig, die mit
vornehmer Ruhe die Versteigerung leiteten, hatten
in kluger Voraussicht eines sehr starken Besuches
die Auktion in den Festsaal des Schwarzenberg-
Kasinos, einen der größten Säle Wiens, verlegt, der
aber kaum alle fassen konnte, die Interesse oder
Neugier hieher gelockt hatte, Museumsdirektoren
und Beamte, Sammler und Händler aus aller Herren
Ländern hatten sich da Rendezvous gegeben. Man sah
unter vielen anderen den Direktor des Reidhsmu-
seums in Amsterdam, F. Schmidt-Degener,
den Direktor des Dänischen Kunstindustrie-Museums
in Kopenhagen, Slomann, Vertreter der Museen
in Berlin, München, Nürnberg, die Kunsthändler
B a c r i, B ä u m 1 e r, Dornhelm, Jonas, Gold
schmidt, Rumo und Seligmann in Paris,
S u p p a n c (London), Alfons Heilbronner (Ber
lin), J. u. S. Goldschmidt und Z. Hacken
broch (Frankfurt am Main), S a 1 o m o n (Dresden),
A. S. Drey und L ä mm 1 e (München), Goerke
(Hannover), A b e g g (Zürich), Donath (Budapest);
große internationale Firmen, wie Rudolph L e p k e
in Berlin und Brummer (New-York) waren
vertreten. Von bekannten Sammlern bemerkten wir:
Stephan A u s p i t z, Oskar Bond y, Baron Angelo
E i s n e r von E i s e n h o f, Dr. Epstein, Rudolf
L e i t n e r, Baron Leopold Popper, Sandor Wolf
(Wien). Tiessen (Berlin), Dr. Ludwig Meller
(München), Dr. Graul (Leipzig), van der Eist
(Amsterdam) etc. Von den Wiener Kunst- und Anti
quitätenhändlern fehlte wohl keiner. Viele von ihnen
griffen mit lebhaftem Eifer in die Versteigerung ein,
allen voran Herr Richard L e i t n e r, der seinen
Platz nicht am Tische der Auktionsveranstalter
eingenommen hatte, sondern von einem Sitze im
Zuschauerraum fleißig für sich und seine Kunden
lizitierte. Auffallend stark war die Beteiligung der
Damen, die aber nicht bloße Schaulust in den Saal
geführt hatte; auch sie bekundeten ihr Interesse an
den ausgebotenen Objekten durch Mitbieten. Eine
junge, bisher in den Auktionssälen noch nicht ge
sehene Dame, eine Baronin Rottenthal, konnte
sich sogar eines der bedeutenden Objekte, einen
Johannes vom Meister der Johannes-Statuen, er
obern. Die in beiden Hemisphären bekannte Opern
sängerin Frau Marie Popper-Jeritza wohnte
der Auktion nicht bei, aber es wurde noch während
der Auktion im Saale bekannt, daß ihr Gatte, Baron
Leopold Popper, für sie ein Werk des seltenen
Anghiari-Meisters (Florentinische Schule um 1440),
darstellend den Sieg des Kimon in Cypern im Jahre
449 vor Ghristi, um 24,000 Schilling erstanden hatte.
Die Auktion setzte -(am 22, Oktoberl mit alten
Steinzeugarheiten, Hafnerkeramik und Kacheln ein,
die auf das Mehrfache der Ausrufspreise gingen.
Käufer waren da hauptsächlich Deutschland und
Amerika, doch erwarb auch das Oesterreichische
Museum für Kunst und Industrie einzelne Stücke zur
Komplettierung seiner in dieser Richtung reichhalti
gen Sammlungen. Bei den alten Silbergegenständen,
die dann an die Reihe kamen, machten Wiener
Händler, insbesondere Herr Silbermann, den
auswärtigen Bewerbern scharfe Konkurrenz und es
hat den Anschein, daß viele der Objekte in Wien
bleiben. Die Preise beim Silber bewegten sich um
das Vier- bis Sechsfache der Ausrufpreise. Am höch
sten, von 2000 auf 15.500 Schilling, stieg ein Trink
gefäß in Form eines liegenden Widders, Augsburg,
17. Jahrhundert, für das Goldschmidt (Frank
furt a. M.) 19.500 S zahlte.
Auf das Silber folgten die Gemälde alter Meister,
wobei die St. Lukasgalerie, die Galerie Dr. F r ö h-
lich und die Antiquitätenhandlung Mocb auf den