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Seite 228 INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
wird eine Anzahl Gasmasken bereitgestellt werden 
und auch der Arzt mit Injektionen gegen Vergif 
tungserscheinungen ausgerüstet sein. Die Kirche und 
der Friedhof werden abgesperrt. Auch im Falle 
eines Brandes bestünde nicht die geringste Gefahr 
für den Ort, da das Blausäuregas nicht explosibel ist 
und sofort in höhere Luftschichten abströmen würde. 
Trotzdem werden auch für diesen Fall besondere 
Vorkehrungen getroffen werden. 
Nach dem Abschluß der Vergasung beginnt die 
Entgiftung der Kirche. Es dürfte fünf bis sechs Tage 
dauern, bis die Kirche dem Besuch wieder geöffnet 
wird, obwohl die Entgasung selbst in wenigen Stun 
den vorgenommen werden kann. Man will jedoch 
jede schädliche Auswirkung der Vergasung von vorn 
herein ausschließen. Jedenfalls werden die Arbeiten, 
da sie die ersten dieser Art wahrscheinlich in ganz 
Europa darstellen, großes Interesse, auch in Fach 
kreisen, finden. 
Jhitograp hen~V ersteig erung bei Ciepmannssohm 
Nach der großartigen Mozart-Sammlung von 
Andre Erben bringt Leo Liepmannssohn in 
Berlin am 15. und 16. November eine Sammlung 
von Autographen, die sich durch eine außerordent 
liche Reichhaltigkeit auszeichnet. Dominieren auch 
hier, wie bei Liepmannssohn immer, die Musiker — 
von den 679 Nummern entfällt fast die Hälfte auf 
Komponisten, Virtuosen, Musikschriftsteller etc. -— 
so kommen auch Sammler von Dichtern, Schrift 
stellern, Gelehrten, historischen Persönlichkeiten etc. 
vollends auf ihre Rechnung. 
In der Musikerabteilung wird man kaum einen 
Namen von Bedeutung vermissen. Um die wichtig 
sten hervorzuheben, sei darauf hingewiesen, daß 
Joh, Seb. Bach mit der äußerst seltenen gestoche 
nen Originalausgabe des „Zweyten Theils der Cla- 
vierübung“ vertreten ist, die um 1735, also noch zu 
seinen Lebzeiten, erschienen ist. Eine besondere 
Kostbarkeit ist das Beethoven-Porträt von 
Waldmül ler, in altem Goldrahmen. Wald 
müller hat den Meister Ende April 1823 nach dem 
Leben gemalt. Schindler berichtet darüber in 
der 3. Auflage seiner Beethoven-Biographie in an 
schaulicher und amüsanter Weise: „Waldmüller kam, 
benahm sich sehr höflich und ehrerbietig, aber zu 
schüchtern und so sehr er sich mit den Umrissen des 
Kopfes und dessen Untermalen beeilte, so wurde 
dem übellaunigen Beethoven dennoch die Zeit zu 
lange dabei, und mit einem Gesicht von Gift und 
Galle ging er im Zimmer umher, zum Unglück für 
den Maler noch mit einer Komposition beschäftigt, 
die ihn immer an den Schreibtisch ins anstoßende 
Zimmer zog.“ Kein Geringerer als Richard Wag 
ner ließ sich eine Kopie dieses Bildes anfertigen. 
„Ich finde“, schrieb er an H ä r t e 1, „die Auffas 
sung, eben weil sie, frei von aller Affection, nur ein 
wirkliches Porträt gibt, allen übrigen mir be 
kannten Porträts Beethovens vorzu 
ziehen.“ 
Glänzend ist Brahms vertreten. Außer der 
Reinschrift des herrlichen Liedes ,Von ewiger Liebe“ 
(„Dunkel, wie dunkel in Wald und Feld“) finden 
wir da die Manuskripte von „Herbstgefühl von 
Schack“, von „Abenddämmerung“, des Capriccio in 
Fis-moll („Unruhig bewegt“) op. 76 Nr. 1, der Rha 
psodie in Es-dur (Allegro risoluto) op. 119 Nr. 4 
und eine Reihe von interessanten Briefen. Cheru 
bim erscheint mit der Handschrift des Lehrbuchs 
„Cours de contrepoint et de fugue“, Chopin mit 
2 Briefen an Julian Fontana in Paris, D e b u s s y 
knüpft an einen Brief eine geistvolle Betrachtung 
über die Opernmusik, wobei er sich speziell des 
„Freischütz als Beispiel bedient. Gluck, von dem 
eigenhändige Musikstücke ungemein selten sind, 
paradiert mit einem Skizzenblatt, dessen Wert noch 
dadurch erhöht wird, daß es bisher u n g e druckt 
und wohl auch unbekannt ist. Ein Mozart-Auto 
graph enthält das vollständige Menuett mit Trio 
Nr. 5 der im Köchel-Verzeichnis als Nr. 461 angeführ 
ten fünf Menuette, außerdem vom 6. Menuett den 
einzig erhaltenen ersten Teil. Der in der Sammlung 
vorhandene Brief Mozarts an seinen Vater gibt ein 
Bild der Virtuosentätigkeit des damals 28jährigen 
Tonkünstlers. Paganini-Verehrer werden ihre Freude 
an der Reinschrift der Solostimme für Violine seines 
berühmten Op. 13 „Di tanti paepiti“ haben, die er 
zum eigenen Gebrauch angefertigt hat. Ein reiz 
volles Autograph aus der Knabenzeit Schumanns 
gibt sozusagen den Auftakt zu einer Serie von 
Handschriften der berühmtesten Werke des Meisters, 
des Quartetts Es-dur für Pianoforte, Violine, Viola 
und Violoncell, Op. 47, der 12 Romanzen für Frau 
enchor, der Ouvertüre zu Goethes „Hermann und 
Dorothea" und der letzten, unmittelbar vor Aus 
bruch der Geisteskrankheit geschriebenen Komposi 
tion „Thema mit Variationen für das Pianoforte 
(Clara gewidmet)“. Das hübsche Albumblatt „Aus 
der Rose“ ist ungedruckt und in der Gesamtausgabe' 
nicht enthalten. 
Von dem Manuskript Schuberts mit Namen 
am Kopf: „Entzückung an Laura (von) Schiller“ ge 
ben wir in der Reproduktion (Fig, 3) den Anfang in 
Verkleinerung. Nottebohm führt dieses Musikstück 
unter den unveröffentlichten Liedern Schuberts an, 
tatsächlich wurde es erst 1897 in der großen Ge 
samtausgabe von Schubert (Breitkopf & Härtel), zum 
erstenmal veröffentlicht. Hiebei hat aber nicht die 
ses Autograph, sondern das Exemplar der bekannten 
Witteczek'schen Sammlung von Schubert-Ab 
schriften als Vorlage gedient. Außer diesem 
Manuskript enthält die Sammlung noch die Hand 
schriften „Ländler“ (Sechs Walzer aus Opus 9) und 
das Manuskript mit viermaliger Namenszeichnung 
und Datierung (Vier Canzonen) für 1 Singstimme mit 
Klavierbegleitung. 
Friedrich S m e t a n a figuriert mit der „Polka 
Nr. 1, I. Heft, Opus 12.“ Die Komposition stammt 
aus Smetanas Tätigkeit in Göteborg, wo er 
sich 1856 bis 1861 als Musiklehrer und Dirigent der 
Philharmonischen Gesellschaft betätigte. Das Stück 
ist seiner von ihm besonders verehrten Schülerin, 
Frau Trojda B e n e c k e gewidmet, die er auf einem 
Balle kennen lernte und die als seine „platonische 
Liebe“ gilt. Von Richard Wagner begegnen wir 
u. a. der vollständigen lithographierten ersten Aus 
gabe des „Tannhäuser“, die von dem Autograph des 
Tondichters in ganz wenigen Exemplaren abgezogen 
wurde, Weber endlich ist durch die prachtvolle 
Originalhandschrift der berühmten As-dur-Sonate 
repräsentiert. 
Zur Musikabteilung gehören die Tabulatu* 
r e n, unter denen sich sehr wichtige und wertvolle 
Werke finden, so das handschriftliche Lautenbuch 
von van den Hove 1615, die Gitarren- und Lauten-
	        
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