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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 24
sei falls die Sammlung Figdor die im geltenden Ge
setz für die Feilbietung als hochwertige Kunstgegen-
stänide vorgesehene Ermäßigung von 7 auf
5 Prozent vornehmen werde. Bei dieser Vor
sprache haben die Auktionshändler überdies mitge-
ieilt, daß ursprünglich tatsächlich die Bedin
gung einer Versteigerung in Wien bestanden
habe, aber nachträglich fallen gelassen
wurde. Es ist den Händlern bedeutet worden, daß
diese Behauptung des nachträglichen Fallenlassens
dieser selbstverständlichen Bedingung denn doch
erst geglaubt werden könne, wenn eine solche Er
klärung von der Regierung authentisch abgege
ben wenden würde. Dies ist bisher der Gemeinde
Wien gegenüber nicht geschehen, und man
muß daher auch jetzt noch Zweifel hegen, ob
nicht doch die Regierung diese selbstverständliche
Bedingung gestellt und an ihr festgehalten hat,"
Aus der Darstellung des Rathauses geht hervor,
daß man dort unter der Voraussetzung, daß die
Auktionen in Wien stattfinden müssen, von einer
unter die gesetzmäßige Grenze von 5 Prozent herab
gehenden Ermäßigung der Abgabe nichts wissen
wollte; ist es aber Tatsache — und wir können, ob
wohl wir es nicht verstehen, daran nicht zweifeln —
daß die Regierung nachträglich die Bedingung fallen
ließ, daß die Versteigerungen in Wien abgehalten
werden, so ist zu erwarten, daß das Rathaus noch
nicht das letzte Wort in der Angelegenheit gespro
chen hat. Herr B r e i t n e r ist ein zu guter Rechner
und vor allem zu sehr auf die Vermehrung der Fi
nanzen der Stadt Wien bedacht, als daß er sich
einen nach vielen hunderttausenden gehen
den Betrag, mit dem als Abgabe zu rechnen ist, ent
gehen lassen sollte. Wir sind von der Ueberzeugung
durchdrungen, daß er Mittel und Wege finden werde,
um eine Abwanderung der Auktionen, an denen der
Wiener Kunstmarkt ein eminentes materielles, wie
ideelles Interesse hat, hintanzuhalten. Andererseits
haben auch die Auktionsfirmen Artaria und Glück
selig ein Interesse daran, daß zumindestens die
Austriaca und Viennensia der Sammlungen in Wien
versteigert werden, wo sie naturgemäß den besten
Absatz finden werden. Das Wort vom Taler, der
nirgends mehr gilt, als dort, wo er geprägt wird, gilt
mutatis mutandis auch von den Kunstgegenständen.
Zwei Wiener Sammlungen in Berlin.
Galerie eines Wiener Sammlers.
Die von uns (in Nr. 22) besprochene Galerie
eines Wiener Sammlers — unterdes ist in Wiener
Tageszeitungen Herr Maximilian Kellner als
Eigentümer genannt worden — kam am 3. Dezember
bei Rud. L e p k e in Berlin zur Versteigerung und
fand bei einem internationalen Publikum sehr gute
Aufnahme. Hauptabnehmer waren Paris und Holland.
So gingen der Tintoretto und Terbochs „Kuhstall"
nach der französischen Kapitale; Guar dis „Häuser
nach der Feuersbrunst" erstand Goudstikker
(Amsterdam), der u. a. auch Terbochs Herrenbildnis
in seinen Besitz brachte. Brouwers „Bauernscene“
wanderte nach Rotterdam. Ochterwalds „Kavalier
und Dame“ ersteigerte ein deutscher Sammler, Eine
einzige Nummer, die „Anima dannata'' von Bernini
fand ihren Weg nach Wien zurück, wo sie einer
großen Bronzesammlung einverleilbt wird.
Nachstehend die Ergebnisse (in Mark):
1 Terborch, Bildnis eines Herrn 13.500
2 van Goyen, Flußlandschaft 5500
3 Brek elenkam, Die Schneiderwerkstatt 13.500
4 iJan Steen, Der Vorleser 14.000
5 Frans van M i e r i s, Kavalier und Küchenmagd .... 3600
6 Ders., Die Kranke und der Arzt 2400
7 Dens., Bildnis einer Dame 11.000
8 Dirk 'Hals, Tabakskollegium 4500
9 Dav, T e n i e r s d. J., Bauern beim Würfelspiel . . . 6500
1;1 Jan van der Meer van Hartem, Abendlandschaft . . 6700
12 Esaias van de V e 1 d e, Gebirgslandschaft 1900
13 Ochtervelt, Kavalier und Dame 17.000
14 Govaert F 1 i n c k, [Männliches Bildnis 2800
15 Thomas de Keys« r, iDamenbildnis 6500
16 Terborch, Der Kuhstall 20.-800
17 Adriaen van O stade, Häusl, [Szene im Bauernhaus . 13.000
18 Salomon van Ruys-dael 5000
19 Egb, van der Poel, Die Pulverexplosion in Delft . . . 3000
20 Willem K a 1 f, Stilleben 4100
21 Adriaen ßrouw-er, Bauernszene 1-8.500
22 Adriaen van V e 1-d e, Landschaft mit Tieren 4100
34 Jakob van der Merck, Selbstporträt 2200
25 Jan van der Heyden, Stadtansicht 4200
26 Aelbert C u y p, Kanal-l-andschaft 7800
30 IMiichiel van Mus sch er, Zimmer mit einem Gelehrten 2300
33 Gerar-d Houckgeest, Delfter Kircheninneres .... 2100
34 Tintoretto, Bildnis eines älteren Mannes .... 17.000
35 G u a r d i, Eine gotische Halle 4700
36 Ders., Nach der F-euersbrunst 13.500
37 Bernini, Anima dannata 7200
38 Mahagoni-Kommode, Paris um 1770 5200
39 Kaminuhr mit Bronzefigur eines -Nashorns, Paris,
Louis XV., um 1740 7600
40 Aubusson-Garnitur, frühes Louis XVI 10.500
42 Frauenkopf, Terrakotta, französ., um 1480 3000
43 S-chreitende Löwin, Bronze, pa-duandsch, 1. H, 16, J. . . 3000
44 Alessandro Vittoria, Porträtbüste 6000
Gesamtsumme: 277,900 Mark.
Die Sammlung Alexander Tritsch,
Weniger gut ging die Sammlung des verstorbe
nen Wiener Sammlers Alexander Tritsch, die
zwei Tage später bei Cassirer-Helbing
unter den Hammer gelangte. Von den 55 Nummern
blieb fast ein Dutzend unverkauft; im übrigen
notierten:
1 Assclyn, Italienische Landschaft 1600
2 iBrckelenkam, Lesende alte Frau 5700
3 C o d -d -e, Galantes Abenteuer 5000
4 Coqu es. Familienbild 6300
5 A. Cuyp, Heinrich von Oranien 12.600
7 iDusart, Gastmahl 1500
8 Ders,, Zeitun-gsleser 1550
9 Ders., ßauernmahlzeit ISOO
10 (Englisch, 18, J,, Dame in Rot 400
12 Francken II, Tochter der Herodias 1250
13 v-an -Goyen Nac-hf., Flußlandschaft 800
15 W, C. -He -d-a, -.Stilleben 2150
16 Heist, Bildnis 12.700
20- iMaas .Abschied vor dem Schlosse 1250
21 M a es, Bildnis einer jungen Dame als Diana 1800
23 Jan van -der Meer, Waldlandschäft 1000
24 1.M olenae r, Bauernkirmes -2200
25 Mytens, Familienbildnis 1700
27 Palamedes z, Wa-chtstube 2300
28 -P e e t e r s, Marine ■ 1800
29 P o e 1, Hof eines Bauernhauses 1650
30 Quast, Lustige Gesellschaft 1700
31 Rycka-ert III, Maleratelier 1100
32 Tenders d. ,J„ Bürger bei der Mahllzeit 5100
33 Ders,, Bauernpaar 3600
34 Ders., Vlämisch-er Bauer 2500
35 V e r ik o 1 j e, Papagei 1500
38 Isenbrant, iM-aria mit dem Kinde 11.000
41 B e e s t, Stadtbild 5000
47 Goyen, Flußlandschaft mit Fischerbooten 7400
48 Ders., Dorfansicht 3600
49 Dens., Landschaft 2200
52 Le-duc, Soldatersschenke 3300
53/54 P. (Mor-eels-e, Bildnisse eines Ehepaares 9600
55 Teniers d, J,, Bauern in einer Stube 7500
Gesamtsumme: 124,550 Mark.