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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe VI (1870 / 61)

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sitzen (Trägern) leichter Gegenstände. . . . ." (Tscheu-li XLIII, 2.) 
Eines der wichtigsten tektonischen Gesetze ist da zum Ausdruck ge- 
bracht, nur wird naiver Weise die materielle wirkliche Tragkraß; der 
Thiere für deren formale Bedeutung genommen. Diese Leuchter aus 
Bronze, der Lichthälter in Form einer Blume von einem Storch im 
Schnabel gehalten, diese Vasen von Elephantenrüsseln gestützt, sind sie 
nicht das klare Zeugniss der bewussten Befolgung der hier ausgespro- 
chenen Grundsätze? 
Wenden wir uns nun zur Decoration der Oberfläche der Email- 
vasen, so finden wir als deren hauptsächliche Elemente das lineare Or- 
nament, das krause Volk der chinesischen Fabslgeschöpfe, und endlich 
Darstellungen wirklicher Thiere und Menschen, letztere aber, so häufig 
sie auf Porcellan sind, doch im Email sehr selten; namentlich sind es 
die zwei zuerst genannten Factoren, denen wir da am öftesten begegnen. 
Was wir vorhin von dem allgemeinen Charakter der chinesischen Kunst 
andeutungsweise erwähnt haben, hat auch hier seine volle Anwendung, 
und es ist bezeichnend, dass ihr ein eigentliches, mit Bewusstsein seines 
Zweckes und Wesens componirtes Flächenornament, in dessen Erfindung 
die Völker Vorderasiens und auch Indiens so unübertreiiliche Meister 
sind, fremd ist. Hingegen ist die Decoration das eigentliche Feld der 
Symbolik. ' Ich erachte es für nicht überflüssig, wiederholt darauf hinzu- 
weisen, dass in der chinesischen Malerei oder Sculptur nur sehr We- 
niges als eine freie oder eigene Erfindung des Künstlers anzusehen ist, 
jedoch beinahe Alles, auch das scheinbar geringfügigste Motiv, seine 
Bedeutung und Anspielung auf philosophische Ansichten, religiöse oder 
sociale Verhältnisse hat s). Jede der drei in China herrschenden Religionen, 
die des Confucius, des Lao-tseu (die Tao-Secte) und der Buddhaismus, 
hat hierzu ihren Theil beigetragen, besonders ihrer Anlage nach die zwei 
Letzteren, und vermöge der gegenseitigen Durchdringung und Vermischung 
dieser drei Lehren (die Chinesen selbst sagen „die drei Religionen sind 
nur Eine") ist der chinesische Olymp mit einer unglaublichen Menge 
sonderbarer Wesen, und das Reich der Mitte mit deren Emblemen und 
Bildern angefüllt worden. Mir weit in dies Gebiet zu folgen will ich 
meinen Lesern nun nicht zumuthen, aber des bessern Verständnisses der 
Sache halber wird es vielleicht nicht von Ueberfluss sein, wenn wir uns 
mit dem Gewöhnlichsten und häufigst Vcrkommendeu ein wenig bekannt 
machen. 
Von den linearen Ornamenten (unter welcher Kategorie ich alle jene 
') Ich muss bemerken, du: die: in vollem Masse nur von den Dingen gilt, die 
ohne Beeinflussung von fremdem Geschmack von uriginal-chineaiuchar Eneugung sind. 
Wu man außer in den bedeuteudereu Sammlungen von Ghinoiserieu in Europn iindet, 
ist meistens schon fir den Export fnbricirt und für die gothen Teufel" ist Alle; gut genug.
	        
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