Seite 68 INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
MUSEEN.
(Schwere Schäden an Gemälden des Kunsthistorischen
Museums.) Die Kältekatastrophe der letzten Wochen hat auch
den Gemälden des Kunsthistorischen Museums in Wien zum
Teil beträchtlichen Schaden zugefügt. Es mußten etwa 60 G e-
m ä 1 d e, darunter zahlreiche überaus wertvolle Bilder hol
ländischer Meister, zur Restaurierung aus dem Museum
geschafft werden. Aber auch Gemälde von Tizian und
Albrecht Dürer wurden aus den Ausstellungsräumen entfernt.
Darunter befinden sich das bekannte Bildnis Kaiser Maximi
lians I. von Dürer und die sog, Zigeuner-Madonna von Tizian,
Sehr gelitten haben die auf Holz gemalten Bilder unter den
Einwirkungen der trockenen, kalten Temperatur, die in
folge des Kohlenmangels nicht auf gleichmäßiger Höhe gehalten
werden konnten.
Eine Kommission des Unterrichtsministeriums hat festge
stellt, daß nur die Anbringung einer modernen Befeuch
tungsanlage (die derzeit vorhandene war — o heiliger
Schlendrian! — niemals funktionsfähig) für künftig
solche Schäden hintanhalten könne. Vorläufig bleibt das Kunst
historische Museum, dessen Gemäldegalerie infolge der Ent
fernung der beschädigten Bilder zahlreiche Lücken aufweist,
für den Besuch des Publikums geschlossen.
(Tirol fordert die Herausgabe der Amraser Sammlung.)
Dem Tiroler Landtag liegt, wie uns aus Innsbruck gemel
det wird, ein Antrag vor, mit allem Nachdruck die Herausgabe
der Amraser Sammlung an das Land Tirol zu verlangen.
Es handelt sich bei dieser Forderung um Manuskripte und
Druckwerke aus der Amraser Schloßbibliolhek. die sich im
kunsthistorischen Museum in Wien befinden. Darunter ist das
berühmte Amraser Heldenbuch, von dem Tiroler Hans
Ried, zur Zeit Kaiser Maximilian I, geschrieben, mit der
einzig erhaltenen Handschrift des Gudrunliedes. Weiter
befinden sich als kostbarster Teil der Amraser Sammlung im
kunsthistorischen Museum Waffen und Rüstungen. Die Anfänge
dieser Kollektion gehen auf Friedrich III. und Maximilian I.
zurück. Karl V. hat den habsburgischen Waffenbesitz zwischen
der österreichischen und spanischen Linie des Hauses geteilt.
Der österreichische Anteil wurde zwischen den Brüdern Kaiser
Maximilian II, und Erzherzog Ferdinand von Tirol abermals ge
teilt. Dieser Anteil befand sich während der Napoleonischen
Kriege und im Jahre 1848 in Tirol und wurde dann wieder nach
Wien zurückgebracht, wo er durch Bestände aus der Hofsattel
kammer, aus Laxenburg ergänzt und 1888 zu einer einheitlichen
Kollektion ausgestaltet wurde.
(Bronzen von Bouchardon.) Das Berliner Schloßmuseum
erwarb ein Paar Bronzefiguren, die aus Privatbesitz in Ver
sailles stammen, Gestalten ruhender Frauen. Es sind Gegen
stücke, zum Schmuck eines Brunnens, nach der mäßigen Größe
(v/enig mehr als 14 Meter) wohl in einem Innenraum bestimmt,
Der nackte Oberkörper der Frauen trägt die graugrüne, rauhe
und matte Patina, die durch Feuchtigkeit entsteht. Die lagern
den Frauen sind nach einer Bestimmung des Geheimen Rats
Otto von Falke Werke des Hofbildhauers König Ludwigs
XV., Edme Bouchardon.
(Neuerwerbungen des Rijksmuseums.) Das Rijksmuseum in
Amsterdam hat, wie uns von dort gemeldet wird, zwei be
deutende Werke niederländischer Meister aus dem ehemaligen
Besitz des Großherzogs von Oldenburg, und zwar das Bildnis
von „Rembrandts Mutter" von Rembrandt und das „Blaue
Mädchen" von Verspronck, erworben.
(Unechte Watteaus im Louvre?) Der Pariser Louvre ist
durch Schenkung in den Besitz zweier in England gekaufter
Bilder gelangt, die es als Jugendwerke Watteaus seiner
Sammlung von Werken des Meisters eingereiht hat. Nun stellt
Jacques Maroger in der „Comoedia" die Behauptung auf,
daß es sich bei den beiden Gemälden nicht um echte Watteaus
handle. Weder in der Zeichnung noch in der Farbe seien sie
des großen Malers würdig, und die Museumsverwaltung hätte
sie nicht mit seinen Namen versehen dürfen, wenn sie der Zu
schreibung nicht sicher war.
VOM KUNSTMARKT.
(393. Kunstauktion im Dorotheum.) Lauter kleine Samm
lungen aus allen möglichen Gebieten, durch kultivierten Ge
schmack und viel Liebe zur Sache zu einem wohnlichen Milieu
zusammengeschlossen, das ist das, was uns die 393. Kunst
auktion im Dorotheum am 18. bis 20. März bringt, Schon die
Einfügung der Interieur-Aufnahmen unter die Illustrationen des
Kataloges betont den Charakter der ganzen Sammlung wie der
einzelnen Stücke, die zueinander durch lange Symbiose in
einem wohnlichen Heim in ein intimeres Verhältnis gerückt
werden. Es sind gute Möbel aus dem 17. und 18. Jahrhundert
und Empire-Möbel, die in engster Beziehung zu den Tapisserien
und Bildern stehen, gute Porzellantassen und -vasen, welche
Vitrinen und Kaminborde in den freundlichen Salons bevölker
ten. Italienische Bronzen, deren dunkle Silhouetten auf Truhen
und Kästchen des strengeren Herrenzimmers standen, wett
eiferten in dessen Ausschmückung mit breit ausladenden
Bücherschränken, Das reiche Silber aus allen Perioden des
Wiener Handwerkes stammend, brachte helle Töne in das vor
nehme Dunkel des Speisezimmers, Unter den Bildern be
gegnen wir ganz bedeutenden Stücken, so dem Zyklus der
„vier Jahreszeiten“ von C i g n a r o 1 i, äußerst dekorative
italienische Barockbilder von hoher Qualität, einer Anzahl von
guten Holländern des 17. und 18. Jahrhunderts, darunter ein
Bild von Simon de V o s, in Komposition wie Kolorit sehr an
sprechend. Von den neueren Bildern sind die Arbeiten von
Agricola, Alt, Füger, Krafft, ein besonders schöner
I. a m p i und ein paar Engländer, die repräsentativsten.
(Porzellansammlung Siegfried Salz.) Die Porzellansammlung
Siegfried Salz (Berlin), die Paul Cassirer und Hugo Hel
bing in Berlin am 26. und 27. März zur Versteigerung
bringen, ist eine der umfangreichsten und bedeutendsten ihrer
Art. Sie enthält vorwiegend Figuren und Geschirre aus deut
schen Manufakturen des 18, Jahrhunderts, außerdem eine kleine
Anzahl von Erzeugnissen ausländischer Porzellanfabriken. In
ihr findet sich manches aus namhaften deutschen Sammlungen
wieder, die im Laufe der letzten zwölf Jahre versteigert wur
den, u. a. aus den Sammlungen Gumprecht, Rosenfeld-Gold-
schmidt, Darmstaedter und Wurz. Auch von den Dublettenbe
ständen der staatlichen Porzellansammlung in Dresden sind ihr
eine Reihe hervorragender Stücke einverleibt worden.
(Auflösung der Gemäldesammlung Cremer-Dortmund.) Die
berühmte Gemäldesammlung des Geheimen Kommerzienrates
Jos. Crem er in Dortmund wird im Mai, ungefähr zur glei
chen Zeit, in der die Sammlung Spiridon in Berlin zur Auf
lösung kommt, in ihren wichtigsten Stücken durch Wert
heim-Bangel in Berlin versteigert werden. Es handelt
sich um 150 Gemälde der 800 Nummern umfassenden Galerie,
deren Bestimmung auf Dr. Hermann V o ß, Dr. Friedrich
Winkler und Dr, Karl Lilienfeld zurückgeht.
Die zur Versteigerung gelangenden Gemälde sind zum
Teil sehr bedeutende Werke der italienischen Schulen des 14.
bis 16. Jahrhunderts, frühe Niederländer und Holländer des
17. Jahrhunderts, Die Hauptanziehungskraft dürften zwei Werke
des Taddeo G a d d i, eine Geburt Christi und eine Madonnen
darstellung, bilden,
(Kunstauktion bei Helbing in München.) Am 21, März
kommt bei Hugo Helbing in München eine aus auslän
dischem, norddeutschem und Münchener Besitz bestehende
Kollektion moderner Oelgemälde, Aquarelle und
Handzeichnungen zur Versteigerung. In erster Linie wäre da ein
sehr interessanter Oswald Achenbach „Sommerabend mit
einem badenden Mädchen" zu nennen. Julius Adam ist mit
seinen bekannten Katzenmotiven, Defregger mit zwei
bodenständigen „Tiroler Volkstypen" und einem hübschen
„Tiroler Mädchen" vertreten. Eduard von Grützner's Fünf
figurenbild „Weinprobe im Keller" weist alle Vorzüge dieses
Meisters auf; ein pfiffig dreinschauender Falstaff zeigt, wie
sehr der Künstler diesen Genießer zu schildern wußte. „Der
angenehme Besuch“ von Edm. Harburger — ein hübsches
Tiroler Mädchen schenkt einem stämmigen Burschen ein Glas
Wein ein — ist 1877 entstanden. Von Hugo Kauffmann ist
eine große Komposition „Wirtshausstreit", ganz besonders zu
erwähnen. Ihm schließen sich zwei Bildchen kleineren Formates
„Der Eifersüchtige“ und „Jäger bei der Sennerin" an. Von dem
Stuttgarter Friedrich Keller ist aus der Steinbruchserie „Die
Vesperpause“ aus dem Jahre 1909 zu nennen. Albert von
K e 11 e r‘s Gemälde „Beide Schwestern", zeigt noch Pariser
Einfluß. Von L. Knaus ist eine „Kinderstudie“, von Len-
bach das Bildnis der „Fürstin Bülow“ vorhanden. Des Ungarn
Fülöp Laszlo „In der Schenke“ zeigt Verwandtschaft mit
Munkacsy. K, von M a 1 c h u s hat ein Stück Altmünchen von
der Isar geschaffen. Das Mädchenköpfchen von G, Max zeigt
Kraft in Farbe und Zeichnung. Hermann Rüdisühli ist mit
einer „Landschaft*' und einem „Akte“ zu nennen. J. W.
Schirmer zeigt sich in einem ungewohnten Motiv, nämlich
einer „Frage an den Klapperstorch“ •— eine Epochenarbeit.
Ant. Seitz „Feierstunde weist die gewohnte präzise Zeich
nung und Farbengebung auf, ,Der Nachtwächter' von C. S p i t z-
w e g läßt den Humor durchblicken. Die Geschirrputzerin von
A. Spring ist zeichnerisch und in Farbengebung gleichbe
deutend. Von F. v. Stuck ist das „Köpfchen eines Knaben” zu
erwähnen. Sehr zu beachten sind van der Waaii's Farbstift-
zeichnungen. E, Würtenberger hat seines Lehrei s A.
Böcklin naturwahres Bildnis beigesteuert, J, W o p f n e r’s
„Chiemseefischer 1 gehört der besten Zeit an. Zumbuschs