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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Nr. 11 
T i e p o 1 o, von dem eine feine Tuschzeichnung mit 
einer Anbetung 2200 Mark brachte. 
Als Gesamtresultat beider Versteigerungen 
-zeigte sich, wie gesagt, das durch keine Depressions 
periode zu beeinflussende steigende Interesse für 
wirkliche Kostbarkeiten alter Graphik und alter 
Handzeichnungen, doch machte sich die wirtschaft 
liche Krisenstimmung insofern durchaus bemerkbar, 
als offensichtlich nicht nur der deutsche, sondern 
auch der internationale und selbst amerikanische 
mittlere Sammler diesmal sehr zurückhaltend war 
und auch der Handel sich außer für kostbare Stücke, 
die er im Auftrag erwerben konnte, sich merkbar 
nur auf allerfeinste und dadurch leicht verkäufliche 
Blätter konzentrierte. Dr, B. 
Cine Wiener Sammlung in Berlin. 
Die Versteigerung einer bekannten Wiener 
Sammlung, die Paul Graupe mit C. G. Boerner 
und Hermann Ball am 12. Mai in Berlin durch 
führten, erschien nicht nur zeitlich, sondern auch 
hinsichtlich ihres Erfolges als eine Fortsetzung der 
großen Graphik-Auktionen, die Boerner in Leip 
zig veranstaltete. Auch hier die unverminderte Auf 
nahmelust für die angebotene hochwertige Ware. 
Von auswärtigen Händlern war England durch die 
Londoner Herren Agnew, Colnaghi und Savile, Frank 
reich durch Godefroy-Paris, Holland durch Lugt, 
Beets, de Vries, Houthakker u. a. vertreten. Aus 
München waren Jacques Rosenthal, G. Hess und 
Boehler anwesend. Von Museumsfachleuten bemerk 
te man: Geheimrat Max J, Friedlaender, den Direk 
tor der Baseler Kunsthalle, Prof. Fischer, einen Ver 
treter des Germanischen Museums in Nürnberg und 
des Städelschen Kunstinstitutes in Frankfurt. 
Mit lebhaften Ueberbietungen der Taxen setzte 
gleich die Versteigerung der Handzeichnungen ein. 
Die beiden Zeichnungen von Aldegrever erwarb 
Colnaghi für zusammen Mark 7200.—, Den großen 
doppelseitigen Scheibenriß erhielt nach langem 
Kampf Savile mit M 5700.— zugeschlagen; das 
Kupferstich-Kabinett in Berlin konnte sich eine ano 
nyme Nürnberger Zeichnung des 16. Jahrhunderts 
für M 3800.—- sichern, das Germanische Museum 
die reizvolle Landschaftsskizze von 1522 im Dürer- 
Stil für M 4500.—, während die etwas frühere deut 
sche Landschaft für M 6400.— an einen Hamburger 
Privatsammler ging. Die beiden Zeichnungen von 
Jörg Breu erwarben Colnaghi und Beets für 2600 und 
2500 Mark. Eine Ueberraschung brachte die pracht 
volle Zeichnung von Breughel „Fortitudo", eine Sel 
tenheit höchstens Ranges, die sich Lugt erst für 
M 16.200.— gegen starke Konkurrenz erkämpfen 
mußte, während Beets die kleinere Breughel-Zeich- 
nung schon für M 3200.— erwarb. Dieser erstand 
auch die prachtvolle Cranach-Landschaft für 5600 M. 
Die Zeichnung von Albert Cuyp wurde von Colnagh' 
mit M 6800 bezahlt. Gegen Basel blieb das Berliner 
Kabinett für den Niklas Manuel Deutsch mit 8200 M 
Sieger. Hoch war auch die Bewertung für Lambert 
Doomer, den Lugt mit 4200 M erwarb. Der Berliner 
Kunsthändler Nebehay zahlte für den van Eyck 
M 10.000.— und die Savile Gallery für die berühmte 
Porträtzeichnung von Ghirlandajo 25.000 M. Eben 
falls nach London zu Colnaghi und Savile gingen die 
Zeichnungen von Goltzius mit M 6000 und Goya mit 
8200 M. Sehr hoch war auch der Preis für das Selbst 
porträt von Urs Graf, das ein Frankfurter Sammler 
für 16,500 M in seinen Besitz brachte. Ferner seien 
noch folgende Preise genannt: Hans Holbein d. Ae., 
Kopf eines Mönches, M 14.000.—; Wolfgang Huber, 
Apokadytische Szene, M 5600,—, Reiterdarstellung 
M 4000.—; Zwei Glanzstücke der Sammlung waren 
das herrliche Doppelblatt von Filippino Lippi, für das 
Colnaghi M 22.000.— bot, und die letzte, noch nicht 
in Museumsbesitz befindliche Raffael-Zeichnung, die 
die gleiche Londoner Firma mit M 31.000.— erwarb. 
Eine Zeichnung des Meisters des Katharinenrades 
brachte M 10.000.—; die Darstellung eines stehenden 
Bischofs von Pinturicchio M 8.000.—, eine kleine 
Studie von Schäufelein M 3800.—• und die große Stu 
die von Rembrandt M 7000.—. 
Die besondere Ueberraschung der Handzeich 
nungsauktion war die hohe Bewertung für die frühen 
deutschen Zeichnungen, die durchschnittlich weit 
über die Taxen hinaus bezahlt wurden. 
Auch der zweite Teil der Sammlung (Buch 
miniaturen, Gemälde, Plastiken, Kunstgewerbe), die 
Paul Graupe zusammen mit Hermann Ball aus 
bot, brachte ein außerordentlich günstiges Resultat. 
Von den Buchminiaturen, die zuerst ausgeboten 
wurden, brachte den höchsten Preis von 10.000 M 
das herrliche Miniaturgemälde des Ferraresen Cosi- 
mo Tura; zwei Passionsdarstellungen aus dem 12, 
Jahrhundert des sächsischen Kunstkreises 4500 M. 
Die übrigen Stücke wurden durchschnittlich mit 1000 
bis 2000 Mark bewertet. Von den Gemälden erwarb 
der Kustos des Wiener Kunsthistorischen Museums, 
Reg.-Rat Dr. Baldaß, den Aelbert Bouts für 17.000 M 
und das Jüngste Gericht, vom Kölner Meister des 
Marienlebens für 38.000 M. Dr. Baldaß steigerte aber 
nicht, wie man allgemein annahm, für das Kunst 
historische Museum, sondern für einen auswärtigen 
Sammler, Das Triptychon eines Antwerpener Mani- 
risten, um 1520, brachte 9200 Mark, die miniaturhaft 
kleine Hafenlandschaft von Guardi 3300 M und das 
stattliche Heiligenbild von Hans Springinklee 8200 M. 
Auch bei der Plastik gab es hohe Preise. So 5400 
Mark für das nordfranzösische Kruzifix aus dem 12. 
Jahrhundert, das Paul Cassirer erwarb; 7400 M für 
die österreichische Madonna, um 1380, die das Dan- 
ziger Museum kaufte. Heilbronner erwarb für das 
Bayerische Nationalmuseum eine Terrakotta-Maria 
von dem mittelrheinischen Meister der Lorcher 
Kreuztragung für 8400 M. 
Sehr stark begehrt waren die italienischen Re 
naissance-Medaillen, von denen eine als höchsten 
Preis 4400 Mark erzielte, während die übrigen für 
ca. 2000 M fortgingen. Von den Preisen für Kunstge 
werbe seien M 2000.—- für ein französisches Minne 
kästchen der Gotik, 950 M für ein Lederkästchen und 
1000 M für einen Hanauer Enghalskrug mit Haus 
malerei hervorgehoben. 
Nachstehend die einzelnen Preise fin Mark): 
I. Teil. Alte Handzeichnungen. 
1 Aldegrever, Die Verkündigung 1200 
2 Derselbe, Die Geburt Christi und Anbetung der 
Hirten 50OO 
3 Jobst Amman, Die Fama, auf einer Kugel schwe 
bend 105 
4 Anonym, deutsche Meister des 15. Jahr 
hunderts, Christus als Gärtner, rechten die 
kniende Magdalena 4200 
5 Doppelseitiger Scheibenriß. Auf der einen Seite ein 
nacktes Weib mit hohem Hut, auf der anderen die 
Schöpfungsgeschichte 5700
	        
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