Nr. 12
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
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schon von einem ganzen Mythenkranz umwobene
dreibeinige Strozzi-Schemel, eine Arbeit des Floren
tiners Benedetto da M a j a n o, in den Saal getragen
wurde. Als er auf das Postament gestellt wurde,
hörte man vielfach Rufe der Bewunderung; einzelne
Besucher klatschten sogar. Herr Cihlar selbst warf
einen begeisterten Blick auf den schmalen Schemel,
der von einem herrlichen Wappen bekrönt ist, und
sagte dann feierlich: Geboten sind 10.000 S. Auf vie
len Gesichtern malte sich Enttäuschung; man hatte
seit den Tagen der Ausstellung der Sammlung mit
solch ungeheuren Summen herumgeworfen, die an
geblich geboten werden sollten, daß man erwartete,
daß er mindestens mit 100.000 S ausgerufen werden
würde. Und nun bloß 10.000 S! Aber rasch schnellte
der Betrag auf 100.000 S hinauf. Bei Brummer stand
das Gebot. Die Besucher spähten neugierig nach
allen Richtungen aus, um zu sehen, ob niemand wei
ter biete; aber zunächst rührte sich keine Hand.
Eine atembeklemmende Pause entstand. Bleibt es
bei diesen 100.000 S, wird niemand weitergehen? Da
gibt ein Kunsthändler aus Philadelphia ein Zeichen,
das der Ausrufer mit 110.000 S übersetzt, und nun
hebt ein kleiner, aufregender Kampf zwischen den
beiden Amerikanern an, aus dem Brummer als Sie
ger hervorgeht. Das Publikum begleitet den Sieg
Brummers mit Applaus, einzelne eilen auf ihn zu,
um ihn zu dem so guten Kauf zu beglückwünschen.
Der Photograph richtet seine Kamera auf ihn, er lä
chelt glücklich, aber es ist nicht aus ihm herauszu
bringen, ob er das Unikum für das Metropolitan-
Museum oder für einen Privatsammler erworben hat.
Nach dem Strozzi-Schemel kamen noch einige
hervorragende italienische Möbel zur Versteigerung.
Die herrliche Flügeltür aus dem Palaste des Herzogs
Federigo da Montefellre zu Gubbio erstand die Ga
lerie Fischer in Luzern um 50.000 S, einen vene
zianischen Tisch aus Nußholz, 16. Jahrhundert, be
zahlte die Wiener Firma Pollak & Win t erni t z
mit 28.000 S (Ausruf 10.000 S), einen anderen Tisch
aus derselben Zeit erwarb Geheimrat A. S. Drey
in München um 14.000 S. Frau Elsa Zeis ler er
warb vier Faltstühle aus Nußholz, Florenz, 17. Jahrh.,
um 16.000 S und eine Truhe aus dem Etschgebiet um
1470 um 25.000 S. Das Museum in Oslo erwarb einen
Faltlehnstuhl aus dem Etschgebiet mit Liebespaaren
in Flachrelief für 30.000 S.
Auf die italienischen Möbel folgten die französi
schen, die dem 15. bis 17. Jahrhundert angehörten.
Auch hier triumphierte der Dollar, Ein Thronstuhl
mit kostbarer Nußholzschnitzerei wandert in das Mu
seum nach Philadelphia, das 50.000 S dafür opferte;
denselben Weg nehmen auch ein französischer Lehn
stuhl aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts
(8500 S) und ein Kinderlehnstuhl aus Nußholz aus
der Zeit des zweiten Heinrich von Frankreich
(10.000 S). Uebers große Wasser dürfte auch ein aus
Nußholz geschnitzter Konsoltisch gehen, den die
Wien-New Yorker Firma E. & A. Silbermann
um 8000 S sich sicherte. Stephan von A u s p i t z
machte einem Franzosen einen aus der Mitte des
16. Jahrhunderts stammenden Schrank aus der Au
vergne streitig, der mit 20.000 S nicht zu teuer er
kauft wurde. Einzelne Objekte erwarb Architekt
Schiller im Aufträge des Hauses Rothschild.
' Bei den spanischen Möbeln rivalisierten New
lork und Philadelphia mit dem venezianischen
Kunsthändler Adolfo Loevi. Bemerkenswerte Preise
erreichten: ein Pfeilerschränkchen aus Nußholz,
16. Jahrhundert, 5500 S, ein geschnitztes Lesepult.
Anfang des 16. Jahrhunderts, 9000 S, ein Lehnsessel
aus Buchenholz, 17. Jahrhundert, 2000 S, vier ge
schnitzte Halbsäulen, erste Hälfte des 16. Jahrhun
derts, 3000 S, ein paar Lehnstühle aus dem 16. Jahr
hundert, 4800 S, und ein Armlehnsessel mit Relief
schnitzerei, erste Hälfte des 16. Jahrhunderts, 1400 S.
Nach den spanischen Möbeln flaute das Inter
esse ab und die Auktion der letzten Abteilung, die
verschiedene Möbel des 16. bis 18. Jahrhunderts um
faßte, ging unter relativ schwacher Beteiligung vor
sich. Von diesen Möbeln erwarb der Kunsthändler
Kurt Stern aus Berlin einen Faltlehnstuhl aus der
Bodenseegegend, Ende des 16. Jahrhunderts, um
6500 S, Oskar B o n d y einen schottischen Armlehn
stuhl aus Eichenholz, aus der Zeit um 1690, um
2800 S, K o 1 a r (Prag) ein Faldistorium der Brünner
Karthäuserkirche um 16.000 S. Andere böhmische
Möbel wurden von einem Brünner Kunsthändler an
gekauft. Das Nationalmuseum in München ver
mehrte beträchtlich die Zahl seiner süddeutschen
Möbel.
Die erste Figdor-Versteigerung schloß nach drei
tägiger Dauer mit einem Ergebnis von 6,250,000 S
ab, das sich durch den zwanzigprozentigen Aufschlag
auf 7,500,000 S erhöht. Es ist wohl das größte Er
gebnis, das je in Wien erreicht wurde.
Die Einzelpreise (in Schilling) sind:
Bildteppiche und Bildwirkereien.
1 Nordisch, 17. J., Bildteppich, Hl. Hubertus 3800
2 Aegypten, Spätantik, 5. bis 6. J., Bildwirkerei,
ßacchuskopf 3600
3 Oberrhein 14. J., Teil eines Wandteppichs, Tiere • 13.500
4 Frankreich um 1500, Wandteppich, Blumenstauden 31.000
5 Niederlande um 1500, Wandteppich, Granatapfel
muster 9500
6 Niederlande um 1500, Abschnitt eines ähnlichen
Wandteppichs 900
7 Schweiz 16. J., Bildteppich, Adam und Eva . ■ . 9000
8 Schweiz 1585, Kissen, Die ungetreue Königin (Bondy) 7000
9 Basel, 16. J., Kissen, Kaiser Galba 1200
10 Schweiz 2. Hälfte 15. J., Bildteppich, Der Fuchs,
den Gänsen predigend • 19.000
11 Elsaß 1538, Bildteppich, Pyramus und Thisbe . • • 16.000
12 Elsaß oder Schweiz 1559, Bildwirkerei, Der alte
und der junge Liebhaber 6500
13 Elsaß 1. Drittel 15. J., Bildteppich, Frauen und Tiere 9500
14 Hessen 15. J., Wandteppich, Wappen 11.000
15 Westfalen um 1600, runder Kissenbezug, Wappen . 900
16 Niederlande 16. J., Bildwirkerei, Hund auf Blattwerk 13.000
17 Westfalen Ende 16. J., Teil eines Wandteppichs,
Wappen 2700
18 Westfalen Ende 16. J., Abschnitt eines Teppichs,
Wappen 700
19 Norddeutsch 17. J., Stuhlbezug, Wappen 2300
20 Schweiz 15. J., Bildwirkerei, Teufel und Engel um
eine Seele kämpfend (Oskar Bondy, Wien) .... 7000
21 Nürnberg Anf. 15. J., Bildteppich, Die heiligen drei
Könige • - • 100.000
22 Franken 1. Drittel 15. J., Teil eines Bildteppichs,
Stiflerin mit Wappen (Bernheimer, München) . . 70.000
23 Flandern 17. J., Bildwirkerei, Maria mit dem Kind • 2300
24 Nürnberg um 1500, Bildteppich, Maria in Halbfigur 14.000
25 Schweiz 2. Hälfte 15. J., Teil eines Wandteppichs,
Fünf weibliche Heilige 85.000
26 Schweiz um 1470, Bildteppich, Frau auf einem Esel
reitend 85.000
27 Aargau Ende 15. J., Bildteppich, Die Hlgn, Cosmas
und Damian (Bernheimer, München) 48.000
28 Elsaß oder Basel 1608, Bildwirkerei, Bathseba . . . 10.000
29 Elsaß oder Basel Ende 15. J., Bildteppich, Szene
aus dem „Busant" 54.000
30 Schweiz Ende 15. J., Teil eines Wandteppichs,
Goldwägerin (Bernheimer, München) 24.000
31 Schweiz 15. J., Teil eines Bildteppichs, Wilde Frau 14.000
32 Schweiz, Mitte 15. J., Bildteppich, Wilde Leute
und Tiere 120.000
33 Elsaß 1. Drittel 15. J., Bildteppich, Tiere 35.000
34 Nürnberg 2. Hälfte 15. J., Bildteppich, Tod Mariae 170.000
35 Brüssel um 1500, Bildteppich, Ahasver und Esther
(Mme. Constantino, New York) 200.000
36 Fournai 2. Hälfte 15. J., Bildteppich, Gerichtsszene
(Kunstindustrie-Museum, Kopenhagen) 700,000