MAK
Nr. 13 
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Seite 153 
Schätzungen über den Geldwert eines Kunstwerkes 
sind nicht ausschließlich Gutachten über objektive, 
dem Werke innewohnende Eigenschaften, sie ent 
halten vielmehr den Ausdruck einer subjektiven, 
nach den Grundsätzen der Erfahrungswissenschaft 
nicht überprüfbare Ueberzeugung. Dies gilt in noch 
höherem Maße von Kunstwerken aus älterer 
Zeit. Die Anfechtung wegen Verletzung über die 
Hälfte des wahren Wertes ist daher namentlich bei 
solchen alten Kunstwerken ausgeschlossen. 
Daß über die Bilder Gutachten von Sachverstän 
digen verschieden lauten, beweist nur die Tatsache, 
daß es sich um subjektive Werturteile 
handelt, welche von einer künstlerischen Wertung 
von Bildern überhaupt nicht loszulösen sind. Im 
Handel mit alten Kunstgegenständen kann auch ein 
nach bestem Wissen und Gewissen von der Herkunft 
und dem Kunstwert seiner Stücke überzeugter Ver 
käufer nie sicher sein, daß ein anderer Sachverstän 
diger anderer Meinung sein wird, als der Be 
gutachter, dem der Verkäufer vertraut hat. Das 
gleiche gilt auch für den Käufer, und wenn er auf 
diese, in der Sache liegende Ungewißheit hin 
kauft, ohne eine ausdrückliche Haftungserklärung 
des Verkäufers zu verlangen und zu erhalten, dann 
kauft und irrt er auf seine eigene Gefahr, 
was dem aleatorischen Charakter eines derartigen 
Geschäftes entspricht. Abgesehen von einer aus 
drücklichen Haftung oder arglistigen Irreführung, 
kann daher eine Haftung wegen Irrtum oder Ge 
währleistung nicht stattfinden. 
Cin neuer JYZann: JCavoeL 
Es ist schwer, unter Tausenden aufzufallen, es 
ist nicht leicht, schon zwei Jahre nach dem Tage, 
der das erste eigentliche Bild entstehen sah, einen 
Namen zu haben, Beides gelang einem jungen Wiener 
Menschen, der in sich die Kraft spürt, der Welt et 
was zu geben, Neues zu geben, indem er ganz sich 
gibt, und dies mit einem Feuereifer, der sich zur 
Besessenheit steigert, eines jungen Malers, der keine 
Lehrmeister hatte, sondern hier und dort lernte, der 
aber mit wissendem Auge und mit naturerfüllter 
Hand zur Kunst kam, der er, als ihr ergebenster 
Diener, zugehört. 
Nicht länger als zwei Jahre ist es her, daß in 
der Sezession ein kleines Bildnis zu sehen war, an 
dem — da gemeinhin nur das Großformatige oder 
sonst Auffällige beachtet wird — die allermeisten 
achtlos vorübergingen. Einigen wenigen aber sagte 
es sehr viel. Von diesem Bilde aus, von dem im 
Katalog zu lesen war: »Alfred Hawel, Selbstbildnis«, 
ging der Weg zu Mensch und anderem Bild — steil, 
aber sicher. War das Bildnis in den gleichzeitigen 
und den unmittelbar folgenden Arbeiten noch ver 
einzelt unter Kompositionen, die der Idee allerdings 
zumeist die ungelenke Form und die noch nicht aus 
einem klaren Gefühl fließende Farbe zuteil werden 
ließen, so wurde es bald das Um und Auf des Schaf 
fens. Bildnisse über Bildnisse entstanden, immer 
fester in der Eigenart und, ein anderer Titus, galt 
dem Uebereifrigen der Tag als verloren, der kein 
neues Werk sah. Die Eigenart aber fand sich auf 
seltsame Weise zu ihm. Hawel, der Beamter ist, 
und der daher tagsüber nicht malen konnte, wann 
er wollte, sondern, wenn es der Dienst gestattete 
— er durfte sich allerdings immer eines verdienten 
Entgegenkommens erfreuen — war auf die Nacht 
verwiesen, auf die Arbeit bei künstlichem Licht. 
Wollte er nun die Gleichmäßigkeit des Werkens ge 
wahrt haben, so mußte er auch am Tag bei seinem, 
beim Licht der Nacht, bleiben. Er kam also zu einem 
eigenem, zu seinem Sehen. Starke Schatten deckten 
manche Fläche, die sich, in anderem Licht, weich 
und hell dargeboten hätte. Die Farbe wandelte sich 
unbewußt, die Form mußte sich härten. Ein anderer 
wäre hier vielleicht gescheitert, Hawel aber setzte 
dem Dunkel und der Härte seine lichte, weiche Seele 
entgegen; er kämpfte den Kampf mit ehernem Wil 
len durch, und um nichts in der Welt hätte er alles 
Leichte und Bequeme für das Schwere und Hem 
mende in den Kauf genommen für all das Leidvolle, 
aus dem seine wahre Kraft wuchs. Und wieder 
dauerte es nicht lange, so war die Tat der Harmonie 
gesetzt. 
Von dem Augenblick an, wo er die Sicherheit 
verspürte, des Menschen Antlitz und Gestalt so 
nachzubilden, daß sie in nichts seine, des Künstlers, 
Wahrheit vermissen ließen, die Wahrheit, die durch- 
Abg. Dr. Drexel. 
aus das Objektive — die Aehnlichkeit von Darstel 
lung und Dargestelltem — und das Subjektive in sich 
trägt — das lebendige Wirken der Persönlichkeit 
und deren Fortwirken in dem, was man als die Be 
seeltheit im Kunstwerk empfindet —, von diesem 
Augenblick an durchschritt er bereitwillig das um 
fangreiche Gebiet des Außermenschlichen. Die
	        
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