Seite 190
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 17
Ferrari, wo sie vierzig Jahre ruhte, bis im Jahre
1922 seine Markenschätze in alle Welt zerstreut
wurden. Ein Amerikaner, Arthur H i n d (Utica, Staat
New York), ersteigerte sie schließlich für 3 0 0.000
frz. Francs, dem höchsten Preis, der je
mals für eine Marke bezahlt worden ist. Dem wür
den jetzt zirka 300.000 öst. Schilling entsprechen,
Mr. L. Vernon V a u g h a n, der Schuljunge von
damals, lebt übrigens noch als Staatsbeamter in
Britisch-Guiana. Er wird nicht müde zu erzählen,
wie er einst die wertvollste aller Briefmarken in
seinen Fingern hatte — und sich für 6 Schilling gern
davon trennte. Na ja, wenn er gewußt hätte, welch
einen Wert sie einst haben würde . . .
Jlembrandt, nicht Ceyster.
„Die Rembrandt - Fälschungen", so betitelt der
Hamburger Kunsthistoriker Dr. Robert D a n g e r s
jetzt eine Anzahl von kritischen Untersuchungen
über das Rembrandtsche Gemäldewerk, die er in
der Norddeutschen Verlagsanstalt O, Goedel
(Hannover) veröffentlicht.
Dangers stellt an die Spitze seiner Ausführun
gen ein paar Sätze berühmter holländischer Rem-
brandt-Forscher, von Abraham Bredius und Wilhelm
Martin, die beide kritisch gegen die große Ausdeh
nung des Rembrandt-Werkes in den letzten Jahr
zehnten Stellung genommen haben, Da m.üßte doch
irgend etwas nicht stimmen, wenn einem Meister
solchen Ranges neuerdings immer mehr Werke zu
geschrieben werden, die das Bild seines Schaffens
leicht verwirren können. Hier setzt Dangers ein und
kommt zu Folgerungen, die allerdings staunen ma
chen. D ! enn sein Ergebnis ist: eine große Anzahl der
jetzt als Rembrandt firmierenden Bilder und Zeich
nungen ist nicht von ihm, sondern von der Malerin
Judith L e y s t e r. Als H ofstede de Groot
diese Malerin entdeckte, die Schülerin des Frans
Hals war und den Maler J. M. Molenaer heiratete,
stellte er fest, daß sie in jungen Jahren eine vor
zügliche Nachahmerin des Hals war. Und zwar eine
so gute, daß diese Nachahmung, die spätere Zeiten
zu einer Fälschung machten, erst über 200 Jahre
später in einem Londoner Bilderprozeß entlarvt
wurde. Sie hat von 1637 bis 1648, schon als Frau,
von Molenaer, in Amsterdam gelebt. Auf ihre
Spuren im Rembrandt-Werke ist nun Dangers auf
eine seltsame Weise gekommen. Er hat im Kupfer
stichkabinett der Berliner Museen die berühmte Bild
niszeichnung untersucht, die Rembrandt am 8. Juni
1633, an seinem Trautage, von seiner Hausfrau
Saskia machte, und er glaubt darauf, unter der
Der zweite Jeil der
Der zweite Versteigerungs-Katalog über die Bibliothek
v, Chorinski gelangt soeben durch die Bücherstube Hans
G 5t z in Hamburg zur Versendung. Brachte der erste in
der Hauptsache das Gesamtgebiet der Naturwissenschaften, so
umfaßt dieser das große Gebiet der Geschichte und ihrer
Hilfswissenschaften.
Wir geben im nachstehenden einen kurzen Hinweis auf
einige wichtigere Werke: 1. Genealogie und Heraldik,
vor allem Geschichten schlesischer und (böhmischer Familien.
Interessant ist eine Handschrift, die über Einkommen und Aus
gaben des Kaisers Leopold I. Statistik führt, datiert 1677
und mit Porträts der kaiserlichen Familie und hauptsächlich
sten Staatsmännern geschmückt. Erwähnenswert auch ein
schönes Exemplar des neuen Wappenbuches von Sibmacher
sowie des Adelsspiegels von Spangenberg.
2. Bergbau. Diese Abteilung enthält alle wichtigen
Schriften wie Albinus, Agricola, Bergordnungen, Bergrecht,
Werke von Glaser, Kellner, Kirchma/jer, den (berühmten Be
richt von Löhneyss sowie Montanus und Rössler,
3. Künste und Handwerke, darunter Interessantes
über Färberei, Glasschneiderei, Gold- und Silber-Arbeiten, auch
einige Werke über alte Musik und Orgelbau, hervor
zuheben ein wenig bekanntes Kompendium üiber Brücken
bau, 1735 erschienen, das durch die prachtvollen Stadtpro
spekte besonderen Wert gewinnt. Den Beschluß dieser Ab
teilung macht das berühmte Werk von Christoph Weigel:
jetzigen Jahreszahl, den Namen J. Molenaer gefun
den zu haben. Nun erklärt er das, was man jetzt auf
der Zeichnung liest, für eine Fälschung; das Blatt
stelle nicht, Saskia dar und sei nicht von Rembrandts
Hand, sondern es habe J. M. Molenaer zum Urheber
und stelle dessen Frau dar, also Judith Levster. Und
nun ging er weiter und fand auf Rembrandtschen
Bildern geheimnisvolle Krypto-Signaturen: derartige
Zeichen, ein L, ein L mit Sternchen oder auch ein S
um einen Stab geschlungen, soll die Malerin auf
ihren Nachahmungen Rembrandts angebracht haben,
in Anlehnung an das Wortspiel: Leystar-Leitstern.
Es sind nicht die schlechtesten Bilder Rem
brandts, die dieser Art von Kritik zum Opfer fallen;
die Anatomie von Tulp im Haag, Jakobs Segen in
Kassel, Susanna und die Vision Daniels in Berlin,
das Familienbild in Braunschweig, Dangers scheint
ernsthaft zu glauben, daß er auf Grund solcher
Zeichen, die er (wie vor ihm schon Lautner) gelesen
haben will, aus Rembrandts Werk die besten Dinge
ausscndern könne. Nur eine Frau, so erklärt er, war
durch ihre Natur vorbestimmt, sich aufnehmend an
die Kunstweisen anderer Meister zu assimilieren,
daß sie ihnen völlig glich. Denn auch eine Anzahl
von Bildern des Hals hat sie nachgeahmt, wie den
singenden Knaben in Berlin.
Die Ausführungen des Hamburger Kunst
forschers sind, wie eine Nachprüfung an den Berliner
Bildern und Zeichnungen ergibt, reichlich phan
tastisch. Auch beim besten Willen kann man das
große L nicht finden. Dagegen gibt es doch eine ganz
bestimmte Art holländischer Bilder, die ein weib
lich anempfindendes Talent aus der Schule des Frans
Hals zeigen; eben die längst bekannten Bilder der
Judith Leyster. Sie zu einem, heimlichen Neben-
Rembrandt zu machen, wird kaum gelingen.
cBibliothek Chorinski.
Die Abbildungen der Hauptstände und der Künstler und Hand
werker, mit 212 Kupfern in einem schönen, vollständigen
Exemplar,
4, Ein frühes Fechtbuch von Salvator F a b r i (Nr. 87)
mit einigen Anhängen und vielen Kupfern. Die bekannten
Werke über Reitkunst von Grisone (Nr. 92), La Broue
(Nr, 94), Newcastle (Nr, 95), Pluvinel (Nr, 99) und Winter
(Nr, 103) sowie ein schönes Exemplar von R i d i n g e r s klei
ner Reitschule und Caroussel (Nr. 862), In dieser Abteilung
auch eine Serie von zehn Jahrgängen des Sporting Ma
gazine, einer frühen englischen Jagd- und Renn-Zeitschrift,
mit vielen Kupfern.
5. Geschichte. Die schöne Ausgabe des Livius
mit den Holzschnitten von Jost Ammann von 1578 (Nr. 118)
sowie eine deutsche Ausgabe desselben Schriftstellers, 1541
bei Schoeffer in Mainz gedruckt, eines der reichst illustrierten
deutschen Holzschniltbücher dieser Periode. Hier finden wir
auch das hüfcsche Buch des V i v e s : »Von gebürlichen thun
u. lassen e. c h r i s 11. Ehemanns« mit reizenden Holz
schnitten, die teils auf Burgkmair zurückgehen, Die Ge
schichte der neueren Zeit und des Mittelalters ist sehr reich
vertreten. Herausheben möchten wir eine große Serie der
Monatsschrift: »Die Europäische Fama«, das Rolevinc.ksche
Fasciculus temporum (Nr. 201a), ein (zwar unkompletter) In
kunabeldruck mit vielen Holzschnitten; ein schönes kom
plettes Exemplar der Schedelschen Weltchronik in der