Nr. 18
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
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JClang der %eiL
So heißt das Bild des jungen Wiener Malers
Alfred H a w e 1, das hier abgebildet ist, in diesem
Wort ist aber auch der Sinn seines kaum erstan
denen und dennoch schon so umfangreichen Werkes,
Es tönt hieraus der Klang der Zeit, vernehmbar für
alle, harmonisch für die, die dem Neuen in der bil
denden Kunst zugewandt sind.
Auf den Künstler wurde vor zwei Monaten an
dieser Stelle von mir hingewiesen. Seitdem hat sich
manches begeben, das es gerechtfertigt erscheinen
läßt, ja geradezu zur Pflicht macht, den Hinweis zu
wiederholen. Die sehr exklusive Neue Galerie,
I,, Grünangergasse 1, veranstaltet derzeit eine Kol
lektivausstellung Hawels; Otto Niren-
stein, ihr allem Lebendigen, allem Emporstreben
den stets zugeneigter Inhaber, zeigt fünfundfünfzig
Gemälde und neun Zeichnungen des rasch bekannt
gewordenen Malers; er ebnet ihm damit sehr den
Weg in eine aller Voraussicht nach freundliche Zu
kunft,
Hawel ist, so jung er ist, bereits völlig ein
Eigener, Er stand allerdings vom Anbeginn auf eige
nen Füßen; er malt — es wurde kürzlich gesagt —
erst seit zwei Jahren und ist Autodidakt, Wüßte
man's nicht, man glaubte es nicht. Er verblüfft. Dar
über hinaus aber rührt und packt er mit mehr als
einer seiner Arbeiten, Denn sein Verblüffen ist kein
Bluffen; er trägt dem Beschauer seines Werkes Herz
und Seele zu. Dafür erntet er herzliche Anteilnahme
und Dankbarkeit von jenen, die das volle Verständ
nis für sein Schaffen aufbringen,
Sein Weg geht weit zurück. Seine Vorbilder,
nicht nachgeahmt, sondern liebevoll verehrt, sind aus
vergangenen Jahrhunderten geholt. Wir sind in einer
Zeit der Rezeption klassischer und klassizistischer
Malerei, nur der jedoch, der mit seinem ganzen Wesen
im Heute lebt, der den reinen Sinn für dieses hat,
wird das Alte so fassen, daß es den schönen Klang
unsrer Zeit hat. Das ist bei Hawel der Fall, Das
weist sich in seinem Werk, in den Bildnissen, in den
figürlichen Darbietungen, in den Landschaften, in den
Stilleben. Schon ist der erste große Erfolg da. Daß
weitere nicht ausbleiben, dafür bürgt der Ernst, der
Fleiß, vor allem aber, naturgemäß, die besonders
große Begabung Hawels.
Max Roden.
Fig. 1. Alfred Hawel: Klang der Zeit.