Seile 22
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 2
die ihn durch imposante Beteiligung an seinem Leichenbe
gängnisse noch im Tode ehrte. Am offenen Grabe sprach der
Antiquitätenhändler Oberländer innige Worte des Ge
denkens.
(Tod bekannter Sammler.) Auf einer Reise nach Aegypten
begriffen, starb in Venedig plötzlich der Dresdener Rechts
anwalt Dr. Julius B o n d i, der als Sammler auch außerhalb
Dresdens bekannt war.
(Miniaturen als Aktenumschläge.) Im Eisenacher Stadt
archiv hat Studienrat Dr. Kühn interessante Entdeckungen
gemacht. Die Stadtrechnungen und Schoßregister sind nämlich
in Pergamentblälter alter Missale und Graduate eingebunden,
die wahrscheinlich im 17. Jahrhundert an die Buchbinder ver
kauft wurden. Darunter findet sich ein Blatt in Minuskelschrift
aus dem Jahre 1149, welches den Teil einer Heberolle über
die Einkünfte eines Klosters oder einer Erfurter Kirche ver
zeichnet. Es werden eine Menge Namen Erfurter Dörfer auf-
igezählt, wie Witterda, Hochheim, usw. Ein anderer Aktentband
wies als Umschlag eins schöne Aquarellminiatur aulf, die einen
Fiedler aus der Zeit Karls des Kühnen darstellt, mit spitzen
Schnabelschuhen und der umgeklappten Mütze. Ihm zur Seite
sitzt ein Sänger, der ein Liederbuch in der Hand hält. Das
Schönste ist wohl die Inschrift, die als Spruchband die eine
Figur bogenförmig einrahmt: „Omnes gentes plaudite manibus"
(Alle Welt soll uns Beifall klatschen!). Vielleicht ist es mög
lich, aus den über 100 Pergamentblättern, in denen die Akten
des 17. Jahrhunderts eingebunden sind, wichtige Aufschlüsse
über die mittelalterlichen Miniaturisten Thüringens zu ge
winnen. Ein Blatt weist schon nach Erfurt und es dürfte hier
ein Schatz liegen, der auf die mittelalterliche Kunstgeschichte
Erfurts noch manches Licht werfen dürfte.
(Eine Bronzefigur von Adam Kraft,) Adam Kraft, der
Meister des Sakramentshauses in der Lorenzkirche von Nürn
berg, galt bisher ausschließlich als Steinbildhauer, während sein
Landsmann Peter Vis eher als Bronzebildner seinen Ruhm
hatte. Nun unternimmt Dr. E. F. Bange vom Berliner
Kaiser-Friadrich-Museum den Nachweis, daß Kraft auch Bron
zebildner war, und zwar hat er die bisher dem Vischer zuge
schriebene Figur eines Astbrechers im Jahre 1490 geschaffen,
die heute im Bayerischen Nationalmuseum in München steht
und die gewiß die eindrucksvollste aller deutschen Renais
sancebronzen ist, Kraft führte das Gegenstück zu diesem Ast
brecher in der knienden Tragefigur aus, die als sein eigenes
Bildnis das kunstvolle Gebäude des Sakramentshauses von
S. Lorenz trägt, Vischer und Kraft waren befreundet gewesen.
(Wanderausstellung staatlichen Kunstbesitzes.) Aus Mün
chen wird uns berichtet: An eine Tradition früherer Jahre
anknüpfend soll auch im Jahre 1930 ein Teil der letzten Er
werbungen des Staates als Wanderausstellung den sämtlichen
außermiinchnerisohen bayerischen Kunstveremen zur Ver
fügung gestellt werden. Es kommen 'hiefür außer Kunstwerken,
die von der Galeriedirektion aus eigenen Etatsmitteln für die
staatlichen Sammlungen erworben wurden, auch die auf den
Jahresausstellungen im Glaspalast aus allgemeinen staatlichen
Mitteln auf Vorschlag einer besonderen Künstlerkommis,sion
angekauften Gemälde in Betracht. Aus den Erwerbungen der
letzten Jahre wurde für die Wanderausstellung 1930 bereits
eine Auswahl getroffen, die zunächst im Mittelsaal der Neuen
Staatsgalerie zusammengestelll wurde und dort den Monat
Jänner hindurch zu sehen ist.
(Wertvolle Scheffel-Erinnerungen vernichtet.) Aus
Donaueschingen wird uns berichtet: In der benachbar
ten Gemeinde Achdorf in Baden ist das bekannte Scheffel
Gasthaus „Zur Linde“ abgebrannt, das der Mittelpunkt der
über ganz Deutschland verbreiteten Scheffel-Gemeinde war.
Durch das Feuer sind wertvolle Erinnerungen an Scheffel ver
nichtet worden,
(Schüler als Kunstkenner.) Die Schöneberger Bezirks-
Kunstdeputation hatte kürzlich bei einem Vortragsabend im
Rathause eine Ausstellung von Originalzeichnungen und Re
produktionen hergerichtet und nun die Besucher des Abends
vor die Frage gestellt, welche Blätter Originale sind und wel
che nicht. An der Lösung dieser Aufgabe beteiligten sich auch
zwei höhere Schulen sowie eine Volksschule und ergab sich
die beachtenswerte Tatsache, daß die Schüler durchaus nicht
schlechter, ja eher besser abschnitten, als. die Erwachsenen.
Ein junger Mann aus der obersten Klasse eines Gymnasiums
erkannte 18 Blätter als Originale und irrte sich nur in fünf
Fällen, wo er in den allerdings ausgezeichneten Reproduktionen
Arbeiten künstlerischer Hand zu sehen glaubte. Ein anderer
gleichen Alters bezeichnete 13 Blätter richtig als Originale und
täuschte sich nur in einem Falle. Allgemein fiel auf, mit welch
lebhaftem Interesse und welcher Hingabe die Schüler an die
Lösung der Aufgabe herangingen. Bei den Volksschülern gab
es sogar bei recht jugendlichen ,,Kennern“ überraschende
Resultate. ' _ '
Eine ähnliche Beobachtung machte man jüngst in Han
n o v e r, wo die Kestn er -Gesellschaft bei einer Ver
anstaltung dieser Art die oft erstaunliche Eignung der Schüler
zu solchen, gar nicht leichten Unterscheidungen feststellen
konnte. Es ist interessant, daß die Heranwachsende Genera
tion an Schärfe des Auges, an Beobachtungsgabe jedenfalls
nicht übel zu bestehen scheint.
(Künstlerpostkarten.) Die Züricher Malerin Hanni B a y
hat für eine Serie frisch hingesetzter Zeichnungen dankbare
Motive in einer Berner Kaffee- und Küchliwirtschaft gefunden
und gibt diese hübsche Skizzen aus dem städtischen Alltag als
Postkartenserie heraus. Das Hinke, sichere und lebenswarme
Zeichentalent Hanni Bays kommt bei der Schilderung von aller
lei Typen aus der buntgemischten Gesellschaft der Gäste und
des Personals aufs beste zur Geltung.
MUSEEN.
(Archiv für Filmkunde in Wien.) Die österreichische
Naticnaibibliothek hat ihrer Theatersammlung eine Film
a b t e i 1 u n g, die erste ihrer Art in Europa, angegliedert.
Dia Sammlung bezweckt, Plakate, Fotos und andere Bildproben
von solchen Filmen aufzubewahren, die durch ihre Darstellung
und ihren künstlerischen und technischen Wert hervorragen,
(Ein Luftfahrt-Museum in Berlin.) Aus Berlin wird ge
meldet: Im Flughafen in Tempelhof wird voraussichtlich im
Februar ein Luftfahrt-Museum, dessen Einrichtung der
Magistrat der Stadl Berlin schon vor längerer Zeit beschlossen
hat, der Oeffentlichkeit übergehen werden. Das Institut wird
zunächst einen kleinen Umfang haben, um später weiter ent
wickelt zu werden. Zur Unterbringung des Luftfahrt-Museums,
dessen Leitung Hauptmann a. D. Krupp, der bisherige Ge
schäftsführer der Wissenschaftlichen Gesellschaft, übernimmt,
werden an der Nordostecke des Flugplatzes Berlin-Tempel
hof zwei Holzhallen erbaut, von denen die eine bereits fertig
gestellt ist und die Aufschrift trägt „Luftfahrt-Sammlung der
Stadt Berlin". Mit der Herbeischaffung des zur Ausstellung
kommenden Luftfahrtmaterials ist ebenfalls .schon begonnen
worden.
VOM KUNSTMARKT.
(Prag kauft Kunstwerke.) Aus Prag wird uns berichtet:
Auf Antrag der Kunstkommission wird der Stadtrat in seiner
nächsten Sitzung eine Reihe von Kunstwerken ankaufen. ln
Aussicht genommen sind: L a n d a : Sommerabend, Park in
Blüte; Piskäc: Reise nach Antibes; Justitz: ,Stillelben;
Hron: Tauwetter; Bohäcak: Frühling; Rabas: Säende
Frau (Holzskulptur); Kuba: Haus in Cepin; Benes: Thein-
kirche; Filla: Bananen auf einem Tisch; Holy: Dorf;
Jirikovskf: Tänzerin (Bronze); ferner Bilder von Späla,
Riedl, Noväk, Prochäzka, Langer und Graphiken von Alex,
Dillinger, Landa, Naumann, Rambousek, Stretti, Simon, Tondi
und Plaketten von Sejnost.
(Große Kupferstichkäufe in Rußland,) Wie uns aus
Leningrad gemeldet wird, hat die Leipziger Kupferstich-
firma 'C. G. B o e r n e r dort große Kupferstichkäufe getätigt.
Es handelt sich um Kupferstiche alter Meister, die seit hundert
und mehr Jahren in Kisten und Kasten verpackt waren. Auch
andere ausländische Kunsthändler weilten in letzter Zeit in
Rußland, doch ist nicht bekannt geworden, ob sie größere
Käufe gemacht haben.
(Versteigerung in der Galerie Helbing in München.)
Bei der am 17. und 18. Dezember 1929 in der Galerie
Helbing in München abgehaltenen Versteigerung wurden
folgende Preise (in Mark) notiert:
Steinzeug.
13 Schnelle, Siegburg, 1571 183
30 Zuckerdose aus gelbem Steinzeug, Bayreuth um 1720/30 180
Porzellan.
55 Komödiant, Meißen um 1740 275
63 Zwei Kavaliere in Domino, Meißen um 1748 .... 540
64 Chinesenpaar in ~ Rocaillelaube, Meißen um 1748 . . 275
65 Winzer. Meißen um 1745 175
67 Tirolerin mit Schmuckkästchen. Meißen 1744 .... 145
80 Teekanne, Meißen um 1725 . . . - 155
95 Faß auf Sockel, Meißen 2. Hälfte 18. Jahrh 320
99 Kaminuhr, Meißen 18. Jahrh 295
101 Teekanne mit Hausmalerei, Bayreuther oder
Dresdener Hausmaler um 1740 140