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INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Nr. 21
Dichtauf folgt die Marke zu 8 Pfennig (mit 4 Pfennig Zuschlag),
von der 4.2 Millionen verkauft wurden. Erst in ziemlichen
Abstand kommt die 5-Pfennig-Marke mit 2 Pfennig Aufschlag,
die es auf etwas über 3 Millionen verwendeter Exemplare
brachte. Die Ziffern für die verkauften Marken zu 25 (10 Pfen
nig Zuschlag) und 50 Pfennig (40 Pfennig Zuschlag) sind an
sich wesentlich geringer, kaum 400.000 Marken zu 25 und
nicht annähernd 200.000 Stück zu 50 Pfennig konnten verkauft
werden; aber trotzdem höher als 1929! Philatelistisch nennt
man die höchste Marke einer Gelegenheitsausgabe stets die
Zählmarke. Es ist ziemlich sicher anzunehmen, daß die 50-Pfen-
nig-Marke ausschließlich von Sammlern erworben worden ist.
Der Absatz durch die Post war in diesem Jahr auffallend
niedrig, riesig gestiegen sind auch die stets stark begehrten
Freimarkenheftchen, gestiegen ist der Absatz von Postkarten.
Wie wertvoll für die Nothilfe die hochwertigen Marken mit
dem großen Aufschlag sind, erhellt daraus, daß die 50-Pfenni-g-
Marken 10.000 Mark mehr für die Nothilfe brachten, als die
5-Pfennig-Marken, von denen der Zahl nach fast zwanzigmal
so viel abgesetzt wurden.
VERSCHIEDENES.
(Hofrat Ferdinand Hofer.) Der Bundespräsident hat dem
Generaldirektor-Stellvertreter des Dorotheums, Regierungsrat
Ferdinand Hofer, den Titel eines Hofrates verliehen, •—
Diese Auszeichnung ist die Anerkennung für ein Leben voll
der aufopferndsten Tätigkeit, für eine Selbstentäußerung, die
ihre Vorbilder in einer weit zurückliegenden Zeit hat. Aber
dieser Pflic-htenmensch ist kein Cato, der gegen jene eifert,
die keine so antike Pflichtauffassung haben, wie er; so streng
Hofrat Hofer gegen sich selbst ist, so milde, so voll gütiger
Nachsicht ist er gegen andere. Der rastlos Beschäftigte hat
auch immer ein willig Ohr für die Kollegen, denen er vor
gesetzt ist. Kein Wunder, daß er in dem großen Beamten
körper nur Freunde hat, denen die Gelegenheit willkommen
war, Hofer die ehrliche Freude zu zeigen, die dessen Aus
zeichnung bei ihnen ausgelöst hat. Keiner, keiner schloß sich
aus. Der allzu bescheidene Mann konnte es nicht verhindern,
daß er auch sozusagen offiziell gefeiert wurde. Als die Aus
zeichnung Hofers im Dorotheum bekannt wurde, versammelten
sich um ihn die Vorstände und leitenden Beamten der An
stalt, um ihm ihre Glückwünsche darzubringen. Sprecher war
der Präsident des Kuratoriums, Minister a. D, Dr. Homann-
Heriberg, der Hofers Verdienste um das Dorotheum, na
mentlich in der Zeit, da er es selbständig leitete, in schönen
Worten würdigte. Der neue Generaldirektor, Ministerialrat
Dr. Gunkel, schloß sich der Ehrung mit dem herzlichen
Wunsche an, einen so trefflichen Mitarbeiter noch recht lange
an seiner Seite zu haben.
(Geschenk des Papstes für Hfndenburg.) Papst Pius hat
dem deutschen Reichspräsidenten ein in der vatikanischen
Druckerei her-gestelltes Prachtwenk mit Reproduktionen päpst
licher Papyrus-Urkunden -aus deutschen-, spanischen und italie
nischen Archiven geschenkt, dessen Entstehung auf eine An
regung der -damaligen königlichen Akademie der Wissen
schaften -zu Göttingen zuruckzuführen ist. Hindeniburg wird
das Werk -der Gesellschaft der Wissenschaften in -Gött-ingen
überweisen.
(Tod bekannter Sammler.) In Wien ist der Rechtsan
walt Dr. Berthold Lipschütz -gestorben, der als Viennensia-
Sammler bekannt war, Dr, Lipschütz selbst mochte nicht als
Sammler gelten, er betrachtete sich nur als Amateur, der
von Liebe zu seiner Vaterstadt beseelt, alles zusammentrug,
was sich auf Wien bezog. Aber indem er so Blatt um Blatt in
seine Mappen legte, brachte er eine Sammlung zusammen, die
sich sehen lassen konnte.
(Ein Werk aus der Schule der Naumburger Statuen.)
Aus Merseburg wird berichtet; Ein kunstgeschichtlich sehr
bedeutsamer Fund ist in der Dorfikircihe von Holr-bur-g im
Merseburger Kreis gemacht worden. 'Bei der Erneuerung der
Kirche f and Baurat Dr. C I aussen die in den Altar einge
mauerten Bruchstücke eines -zerstörten Marienstandbildes. Es
gelang, die meisten Teile der wohl nach der Reformation aus
religiösem Fanatismus zerstörten -Statue zu retten und z-u-
sammemzusetzen. Dabei zeigte sich das überraschende Er
gebnis, daß wir durch ein Wenk -aus der Schule der berühm
ten Naumburger Stifterfiguren bereichert sind. Material und
Technik, Durchbildung -des Ganzen, charakteristische Körper
haltung, kurz alle stilistischen Einzelheiten lassen keinen
Zweifel darüber, daß wir eine Arbeit aus der Glanzzeit der
deutschen Plastik im 13. Jahrhundert vor uns haben. Auch der
Konservator der Provinz Sachsen, Dr. G i e s a u, ist dieser
Ansicht und hat -darum alle Maßnahmen getroffen,, die höchst
bemerkenswerte Statue zu sichern.
(Zeitgenössische deutsche Kunst.) Demnächst findet in
New York eine Ausstellung „Zeitgenössische deutsche
Kunst" statt. Der Leiter der Ausstellung hat auf Anregung
der Direktion der Berliner Nationalgalerie die Stadtverwaltung
in Duisburg gebeten, für die Ausstellung die bekannte
Plastik des Duisburger Bildhauers Lehmbruck „Kniende"
zur Verfügung zu stellen. Es handelt sich um die vielum
strittene Schöpfung Lehmbrucks, die bei ihrer Aufstellung im
Duisburger Tonhallengarten zu heftigen Einsprüchen aus der
Bürgerschaft führte und in einer Nacht von ihrem Sockel ge
stürzt wurde. Auf Beschluß der Stadtverordnetenversammlung
wurde die „Kniende" nach ihrer Wiederherstellung wieder
aufgestellt. Die Stadtverwaltung Duisburg hat zugesagt, die
Plastik der Ausstellung in New York zu überlassen.
(Eine Golddose gestohlen,) Während der Vorbesichtigung
zur Versteigerung der Kunstsammlung und Wohnungseinrich
tung eines Wiener Großindustriellen, die durch die Firma
C. J. W-awra in -der Wohnung Prinz Eugen-Straße 34 abge
halten wurde, ist eine Golddose -im Werte von 4000 Schilling
gestohlen worden. Es handelt sich um -die unter Nr. 105a ver-
zeichnete Dose, auf deren Deckel, Boden und Seitenteil
Aquarelle angebracht sind, die Parforcejagden darstellen, ln
-die Randleisten sind Diamanten, Rubine und Smaragde in der
Form von -Blumen eingelassen.
(Der Inka - Schatz gefunden?) Nach langem vergeblichen
Suchen soll es einem Rechtsanwalt, T o r r e, der aus Panama
an der Spitze einer Schatzgräbertruppe nach Ekuador aufge
brochen war, gelungen sein, -den sagenhaften Inka -Schatz
in der Nähe des Indianerdorfes Nizak zu finden. Als die
spanischen Eroberer unter Cortez in das damals mächtige
Inka-Reich drangen, erstaunten sie über die ungeheuren Reich-
tümer an Gold und Smaragden, die das Inka-Volk besaß. Ihr
Sonnentempel war aus purem Golde, ebenso die Tempelgeräte
und der Palast des Inka-Königs, und die Wohnungen der
Adeligen umschlossen unschätzbare Vermögen. Die Inka gaben
den Spaniern gern von ihren Schätzen, aber die Habgier der
Eroberer kannte keine Grenzen. Sie mordeten und plünderten,
bis die Inka schließlich in ihrer Verzweiflung ihre Goldschätze
in tiefe Gebirgsseen warfen und in Höhlen verbargen. Torre
soll nun die Begräbnisstätte des letzten Inka-Königs, Ata-
h u a 1 p a, die den eingeborenen Indianern als ein Heiligtum
galt, entdeckt haben und dort auf einen Schatz an Gold und
Smaragden von ungeheurem Wert gestoßen sein. Torre hat
seine Regierung in Panama ersucht, ihm Soldaten zum Schutz
zu senden, da er Ueberfälle der Indianer -befürchte, die sich
der Hebung des Goldschatzes widersetzen dürften. Auch
über das Besitzrecht am Schatze dürften Streitigkeiten aus-
ibrechen, da noch direkte Nachkommen des Inka-
Königs gänzlich verarmt im Dorfe Y aruquis leben, und
auch die Regierung von Ekuador Ansprüche stellen
wird.
MUSEEN.
(Rücktritt des Generaldirektors des Britischen Museums.)
Sir Frederic George K e n y o n, der Generaldirektor des Bri
tischen Museums in London, wird zu Ende dieses Jahres in
den Ruhestand treten. Der berühmte Papyrusentzifferer und
Entdecker einer Reihe von Werken der antiken Literatur,
darunter des „Staats der Athener“ von Aristoteles, ist am
15. Jänner 1863 geboren und steht seit 1909 an der Spitze des
Museums und der Bibliothek; er gehört auch den Akademien
von Berlin und München als Mitglied an und ist Ehrendoktor
der Universität Halle.
(Zwei Tiepolos für das Kunsthistorische Museum.) Das
Kunsthis'torische Museum -bat a-us -dem Besitze Camillo C a-
st-iglionis zwei große Gemälde von T i e -p o 1 o erworben.
Die Bilder, in -der Größe von 2.5 ziu 4 Quadratmetern, stellen
Schlack tenszen-en dar. Sie werden sofort -nach Fertigstellung
-der stilgemäßeren Rahmen der Besichtigung ifreigegeben
werden.
(Neuerwerbung der Berliner Gemäldegalerie.) Für die
Gemäldegalerie der Berliner Museen hat Geheimrat Fried-
1 ander aus dem Stiftungsfonds, der ihm zu seinem 60. Ge
burtstage von Kunstfreunden zur Verfügung gestellt wurde,
ein Werk des Antwerpener Meisters Quinten M a s s y s er
worben, den „Kaufvertrag". Es ist eine der höchst seltenen
genremäßigen Darstellungen des Führers der niederländischen
Kunst zu Beginn des 16. Jahrhunderts, der darin an gewisse
Karikaturen Lionar-dos in der Charakteristik der fast grotesken
Köpfe anknüpft.