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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 21
Chronik.
BIBLIOPHILIE.
(Holrat Dr, Michael Holzmann.) Mit dem pensionierten
Oberbibliothekar der Wiener Universitätsbibliothek Hofrat
Dr. Michael H o 1 z m a n n, der am 20. Oktober in Wien ver
schied, ist ein Bibliograph großen Formats dahingegangen.
Neben zahlreichen Aufsätzen, die er in Zeitungen und Zeit
schriften veröffentlichte, hat Holzmann gemeinsam mit seinem
Kollegen Dr. B obatta ein mehrbändiges „Deutsches
Anonymen-Lexikon" und ein „Lexikon der Pseudonymen"
verfaßt, zwei durch Gründlichkeit ausgezeichnete Werke, die
wichtige Behelfe für Bibliophile geworden sind. Holzmann ist
auch der Herausgeber des „Adreßbuchs der Bibliotheken der
österreichisch-ungarischen Monarchie."
(Bücherversteigerungen in München.) Hugo H e 1 b i n g
und Emil Hirsch versteigern am 4. November in München
gemeinsam eine Schloß bibliothek ans altem fürstlichen
Besitz. Die in dem Katalog ausführlich beschriebenen Bestände
umfassen folgende Gebiete: Almanaohe, Americana, Bavarica,
deutsche Literatur, Festlichkeiten, Geographie, illustrierte
Werke des 18. und 19. Jahrhunderts, Kostümwerke, Natur
wissenschaften, französische Revolution, Theater. Aus der
Fülle des Gebotenen seien hervorgehoben: die Bände 1 bis
179 der Bibliothek des Literarischen Vereines in Stuttgart,
Originaldruck, Stuttgart 1.843—86, die erste Ausgabe des
schönen Werkes „Fünfzig malerische Ansichten des Rhein
stromes“, gezeichnet von L, Janscha, gestochen von Ziegler-
Wien, Artariä 1798 und die seltene Originalausgabe von
Goethes „Das Römische Garneval“, 1789. Im Anschluß an
diese Auktion bringt Emil Hirsch am gleichen Tage die
Bibliothek F. Klöckner und andere Bestände zur Ver
steigerung. Auch diese zweite Versteigerung enthält Bücher
aus den verschiedensten Gebieten, unter anderem Inkunabeln,
Holzschnittwerke und Kupferstichwerke des 16. und illu
strierte Bücher des 18. Jahrhunderts.
(Kunstliteratur.) Bei der Versteigerung von Kunstliteratur
durch Paul Graupe in Berlin (siehe Nr. 20) wurden
weiters folgende bemerkenswerte Preise (in Mark) notiert:
670 La Cathedrale de Reims 160
679 S e i d 1 i t z, Die Radierungen Rembrandts 100
681 Renoir, Faksimiles 100
684 Repertorium für Kunstwissenschaft, 43 Bände . . . 1550
689 Riegl, Die spätrömische Kunstindustrie 135
705 Steinmann, Die Sixtinische Kapelle 170
708 Ward und Roberts, Romney 280
718 Galerie de Rubens 160
730 Schubring, Cassoni 160
736 Sheraton, The Cabinet Maker 500
745 Smith, British Mezzotinto Portraits 380
766 Histoire generale de la Tapisserie 120
772 La Tapisserie Gothique 270
773 Denkmäler des Theaters, Mappe 1—11 300
780 T h i e m e und Becker, Allg. Lexikon der bilden
den Künstler, 23 Bände 525
788 S a c k, Giambattista und Domenico Tiepolo .... 160
797 Con nuove annotazioni a commenti di G, Milanesi 170
801 La Basilica di San Marco in Venezia 660
Verstefgerungskataloge,
828 Die Majolikasammlung Beckerath 26
830 Catülogue de Tableaux anciens. de la Collection
L. Bloch, Wien 35
837 Die Sammlung Figdor, 1. Teil, 2 Bände 22
840 Sammlung Emil Goldschmidt 21
845 Sammlung Georg Hirth 20
847 Sammlung Oskar Huldschinsky 30
848 Desgleichen 36
849 Sammlung Richard v. Kaufmann 100
853 Sammlung J. C. v. Klinkosch 30
857 Sammlung Adalbert v. Lanna, 3 Bände 100
866 Collection Marcel de Nemes 46
873 Orfövrieree allemande ete de Carl Mayer de Roth
schild 60
879 Catalogue des objects d‘art de la Collection Spitzer,
2 Bände 50
884 Galerie Weber 50
886 Sammlung Emil Weinberger 15
Wien.
910 Das Barockmuseum im unteren Belvedere 18
917 Schlosser, Eine Frauenbüste der italienischen
Frührenaissance 18
918 Derselbe, Die Schatzkammer des Allerh. Kaiserhauses 47
919 Derselbe, Werke der Kleinplastik in der Skulpturen
sammlung des Kaiserhauses 18
923 Sedlmaier und Pfister, Die Fürsterzbischöfl.
Residenz zu Würzburg
924 Wurzbach, Niederländisches Künstlerlexikon - . 120
936 Zeitschrift für Bildende Kunst, 65 Bände 120
937 Asplund, Zorns Graverade verk 350
(Kritische Ausgabe der Werke Hamanns.) Die Preußische
Akademie der Wissenschaften und die Königsberger Gelehrte
Gesellschaft bereiten in gemeinsamer Arbeit eine kritische
Gesamtausgabe von Johann Georg Hamanns Briefen
und Werken vor. Im Auftrag beider Körperschaften wendet
sich Universitätsprofessor Dr. Nadler, Königsberg i. Pr„ Cä-
cilienallee 11, an die Oeffentlichkeit mit einer Zuschrift, worin
es heißt: „In den Bibliotheken und Archiven sowohl der Pro
vinz wie der Randstaaten, in Privatbesitz aller Art ist noch
manches zu vermuten, was für die Hamann-Ausgabe wichtig
ist. Wir suchen und bitten uns entweder käuflich oder leih
weise zu überlassen: Bilder Hamanns, Originalbriefe, Hand
schriften, alte Abschriften, Drucke von Hamanns Werken, zu
mal wenn letztere handschriftliche Randbemerkungen haben;
ferner bisher ungedruckte Nachrichten über Hamann, Briefe
und Aufzeichnungen aller Art aus jener Zeit zwischen 1730 und
1830, in denen Hamanns Name vorkommt. Insbesondere suchen
wir den ehemaligen Nachlaß von Wilhelm Dorow.
Wertvoll ist uns jede Nachricht. Portoauslagen werden ersetzt."
(Der Troano-Kodex.) Wir lesen ln der „Neuen Züricher
Zeitung": Vier wertvolle Maya-Manuskripte sind uns
erhalten geblieben; eines befindet sich in Dresden, eines in
Paris und zwei in Madrid. Obwohl die Manuskripte nicht un
wesentlich von einander verschieden sind, glaubt man doch,
daß sie gleichen Ursprunges sind. Das Material, die Dar
stellung der Götter, der Vasen und Hieroglyphen zeigt eine
überraschende Gleichheit, Das Ursprungsland scheint aber
nicht Yucatan gewesen zu sein, wie oft behauptet wurde, son
dern Nordguatemala. In den Manuskripten sind näm
lich keine Darstellungen von Pfeilen und Bögen zu finden, die
doch von den Mayas in Yucatan benutzt wurden. Die Dar
stellungen weisen mehr nach dem Süden, wo man Lanzen,
Aexte und Schilde brauchte. In Madrid befinden sich nun
der sogenannte Cortesian und der Troano-Kodex, Der letztere
wurde durch die Junta de Relaciones Culturales in Faksimile
bei Maggs Bros, in London berausgegeben. Leider wur
den nur 500 Exemplare gedruckt, die bei dem verhältnismäßig
billigen Preise bald vergriffen sein dürften.
Einige Forscher glauben, daß beide Madrider Manuskripte
einen Kodex, den Tro-Cortesian-Kodex bilden, da die Figuren
und Zeichen in beiden Manuskripten überraschend ähnlich aus
geführt sind. Die Kodices geben wenig Auskunft über histori
sche Ereignisse; sie sind vielmehr als magische Bücher zu
bezeichnen, wenn sie auch bedeutend mehr Angaben über
LebensVerhältnisse, Festlichkeiten, Ackerbau, Medizin usw.
enthalten, als die Manuskripte in Dresden und Paris. Der
Faksimile-Druck des Troano-Kodex ist nur zu begrüßen, denn
der Kodex konnte inhaltlich noch nicht ganz gedeutet werden.
, BILDER.
(70 Renoir-Gemälde entführt.) In Paris hat ein auf
sehenerregender Vorfall die Aufmerksamkeit auf den künstle
rischen Nachlaß Auguste Renoirs gelenkt. Sein Sohn Pierre
liegt mit seiner Frau in Scheidung und mußte kürzlich fest
stellen, daß an 70 Gemälde seines Vaters aus seiner Wohnung
entfernt worden waren. Bald stellte es sich freilich heraus,
daß es sich nicht um einen Einbruch, sondern um den Ver
such Frau P, Renoirs handelt, auf einfachste Weise in den
Besitz der Werke zu gelangen — zugleich um einen Akt der
Selbstsicherung, da Pierre Renoir, trotzdem er in Güterge
meinschaft mit seiner Frau lebt, ohne ihre Zustimmung Ge
mälde seines Vaters fortgegeben habe,
(Um Rembrandts „Mann in Waffen“), dieses uns auch
unter dem Namen „Alexander der Große“ bekannte Gemälde
des holländischen 'Großmeisters, das sich im Besitz des Mu
seums in Glasgow befindet, hat sich ein Streit entsponnen.
Das Bild wurde durch die Restauratoren de Wiild im
Haag wieder hergestellt und ist jetzt im Mauritshuis für kurze
Zeit zu sehen. Es stellt eine Person in Waffenrüstung dar. Die
linke [Schulter bedeckt ein purpurroter kostbarer [Mantel. In
unbeschreiblichem metallischem Glanze schimmert der Brust-
panzer. Die rechte Hand umfaßt eine Lanze. Unter dem
Mantel funkelt ein kostbarer Schild. Entgegen der bisherigen
Deutung hält Professor Dr. W. Martin, der Direktor des
Mauritshuis, das Bild für eine Darstellung der Minerva. Der
ähnliche, in der gleichen Zeit,, zwischen 1655 und 1660, ent
standene Rembrandt der Eremitage zeigt einen ziemlich musku-
linen, ernsten, aber keineswegs reizenden Frauenkopf, der