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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 3
grabung beschädigt und so mußte die halbe Nase,
Teile des Hutes und der Büste erneuert werden, was
aber so gut gelungen ist, daß das Werk, das Ha
milton 1769 in der Villa Hadrian fand, in nicht we
niger als sechs 'kunstgeschichtlichen Werken Erwäh
nung und Abbildung gefunden hat.
Dem Katalog des Hauses Christie ist, wie schon
erwähnt, der Briefwechsel beigegeben, den Gavin
Hamilton mit Lord Shelbourne seinerzeit
führte. Er umfaßt nicht weniger als die Zeit von
1771 bis 1797. Im Jahre 1787 ist sich Lord Shelbourne
über den Plan zur Aufstellung der Antiken ganz im
klaren und macht eine Uebersicht über die Gestal
tung der Galerie. Ueber jedes Stück ist in dem
interessanten Briefwechsel zwischen Hamilton und
Lansdowne Rechenschaft abgelegt; die Preise ent
sprechen durchaus nicht der Relation der einzelnen
Antiken zueinander, sondern sind höchst ungleich
im Verhältnis zu ihrem Werte eingesetzt, je nach
der Zeitdifferenz, die zwischen den einzelnen Aus
grabungen eingetreten war. Man darf sehr gespannt
sein, wie sich diese Relationen im Verlaufe von 140
bis 150 Jahren geändert haben und wie sich die
Preise in dieser Zeit erhöht haben. Der Verlauf der
Lansdowne-Auktion wird daher auch maßgebend für
die Preisgestaltung der Statuen in New York sein.
Den 118 antiken Statuen, deren Beschreibung
im Katalog nicht weniger als zweiundsiebzig Seiten
gewidmet sind, sind d r e i moderne Statuen ange
schlossen: Zwei von Canova und eine von Pol
le 11. Canova ist durch eine Venus, deren Haltung
entzückt, sowie durch eine schlafende Nymphe ver
treten, von Pollelt ist eine Personifikation der
„Nacht" da.
Jacques Jftiihsam.
Die Reihe der großen Sammler liebtet sich. Nun
ist auch Jacques Mühsam dahingegangen. 72 jäh
rig, schloß er am 25. Jänner in Berlin, wo er ge
lebt, seine Augen für immer . . ,
Kommerzialrat Jacques Mühsam zählte zu den
bekanntesten deutschen Sammlern. Wurde sein
Name genannt, so erstand die Vorstellung von einer
einzigartigen Gläsersammlung, die er im Laufe vieler
Jahrzehnte zusammengebracht. Schlesische, böhmi
sche und holländische Gläser des 17. und 18. Jahr
hunderts waren es, die er favorisierte, doch war auch
manches seltene Glas anderer Provenienz darunter.
Professor Robert Schmidt, der jetzige Direktor
des Schloßmuseums in Berlin, hat die Sammlung ka
talogisiert und dadurch der Wissenschaft nutzbar
gemacht.
Aber waren auch Gläser die große Leidenschaft
Mühsams, er erschöpfte sich nicht im Sammeln
dieser, er sammelte mit nicht geringem Eifer deutsche
Porzellane, namentlich Meißen, er sammelte Minia
turen niederländischer, französischer, englischer,
deutscher und österreichischer Meister. Holzskulp
turen des 13. bis 18. Jahrhunderts, Arbeiten in Stein,
Buchs, Wachs und Elfenbein und er war auch kein
Kostverächter, wenn er irgendwo ein interessantes
italienisches Möbelstück entdeckte.
Die Not der Zeit zwang Schließlich auch ihn,
wie so viele andere, sich seiner Sammlungen zu ent-
äußern, In viertägiger Versteigerung (27. bis
30. April 1925) wurden im Kunstauktionshaus
Glückselig in W i e n die Porzellane und Minia
turen Mühsams versteigert. — Trenkwald schrieb
das Vorwort zu dem prachtvollen Porzellankatalog,
Leo Grün stein schickte jenem der Miniaturen
ein Wort zum Geleite voraus. Unsere Leser werden
sich noch der aafregungsreichen Auktion erinnern,
die mit dem Ergebnis von 350,000 Schilling, be
ziehungsweise mit dem 22prozentigen Aufschlag von
427.000 Schilling abschloß.
Die zweite Auktion, die sich auf die Holz
skulpturen, die diversen Arbeiten aus Stein, Elfen
bein, Buchs etc,, und die Möbelstücke erstreckte,
fand am 30. November und 1. Dezember 1926 bei
Rud, L e p k e in B e r 1 i n statt; ihr Ertrag bezifferte
sich auf ungefähr 250.000 Mark.
Von den Gläsern konnte sich Mühsam am
schwersten trennen. Bald wollte er sie in Wien, bald
in Berlin versteigern, bald wollte er sie bis an sein
Lebensende behalten. Schließlich verkaufte er sie
nach Amerika, und zwar war für den Verkauf ent
scheidend, daß er die Gewähr erhielt, daß die Samm
lung nicht aufgelöst wird, sondern in zwei gleichen
Teilen an zwei bedeutende Museen fällt. So war
seine Sammlertätigkeit nicht ganz umsonst — in den
zwei Gläsersammlungen drüben über dem großen
Wasser wird der Name Jacques Mühsam dauernd
fortleben.
Jacques Mühsam gehörte lange Jahre der Kunst
kommission des Berliner Gewerbemuselums an, das
ihm manch schöne Erwerbung zu danken hat.
^Restaurierung von Jlembrandts „Staalmeesters“.
Rembrandts „Staalmeesters", eines der Glanz
stücke des Rijksmuseums in Amsterdam, ist,
wie von dort gemeldet wird, einer gründlichen
Restaurierung unterzogen worden. Die Leinwand
des Meisterwerkes war im Laufe der Jahrhunderte
an verschiedenen Stellen infolge Schrumpfens ge
rissen; zudem war sie an den Rändern zermürbt.
Seit Jahrzehnten bestand auch die Gefahr des Ab-
blätterns der Farbe von der morschen Leinwand
und es zeigten sich bereits an verschiedenen Stellen
Sprünge unter der dicken Firnisschicht.
Jetzt sind die Spitzenkragen der „Staalmeesters"
von blau-weißer Tönung, im Gegensatz zu ihrer
früheren gelblichen Farbe. Die Entfernung der
Firnislage hat Einzelheiten freigelegt, die bisher un
bekannt waren. So ist unter anderem auf der Täfe
lung der den Hintergrund bildenden Wand eine
öliggrüne Platte mit einer Stadtansicht, sowie nach
Entfernung einer Uebermalung der Knopf eines
Stuhles zum Vorschein gekommen. Ebenso zeigte
sich, daß der Diener der „Staalmeesters'‘ eine bisher
niemals bemerkte Kappe trägt.
Die koloristische Wirkung des Bildes ist eine
viel intensivere, als früher. Der die Tafel bedeckende
Teppich erstrahlt in einem glühenden Rot, das
Schwarz der Gewandung weist jetzt dunkelbraune
Samttöne auf. Auf dem Teppich ist eine zweite
Signatur sichtbar geworden.
Die Restaurierung des Werkes wurde vom
Restaurator des Rijks-Museums, Gr e ehe, dlurch-
geführt.