Nr. 3
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Seite 27
Cine JYledaille des Jüundespräsidenten JYiiklas.
In den letzten Taigen ging durch die Tagespresse
die Mitteilung, daß Hofrat Professor Rudolf Mar
schall, der Leiter unserer Medailleurschule, eine
Medaille des Bundespräsidenten Wilhelm Mi k las
geschaffen habe. Dank der Liebenswürdigkeit ihres
Schöpfers, sind wir in der Lage, diese Medaille un
seren Lesern in einer Reproduktion vorauf üihren.
Der Avers (Fig, 1) zeigt die lebensvollen Züge
des Bundespräsidenten. Die Umschrift lautet be
scheiden; „Der Bundespräsident der Republik Öster-
Fig. 1.
reich“; der Revers (Fig, 2) trägt, umrankt von einem
Blumenkranz, die Worte; „Zur Erinnerung“. Rechts
unterhalb des Porträts des Präsidenten ist die
Signatur des Künstlers angebracht: R. Marschall;
aber ehe man noch den Namen gelesen, weiß man,
daß dieses kleinplastische Kunstwerk von Rudolf
Marschall herrührt. Denn welchem zeitgenössischen
Medailleur eignet die Gabe, das Individuelle einer
Persönlichkeit so vollkommen zu erfassen, wie
Marschall? Kein Photograph, der ein Porträt so
„zum Sprechen“ ähnlich zu gestalten vermöchte,
wie er.
Die Medaille ist, wenn man so sagen darf, eine
Privatmedaille, lediglich zum Gebrauch deis Bundes-
präsidenten bestimmt. Die Natur dieser Bestimmung
schließt es selbstverständlich aus, daß die Medaille
im Handel zu haben sein wird, was gewiß das leb
hafteste Bedauern aller Medaillensammler auslösen
wird. Wie selten erscheint eine neue Medaille von
Fig. 2.
Marschall, und nun ist eine da und man kann sie
nicht seiner Sammlung einverleiben. Besonders
schmerzlich wird dies die sogenannten Marschall-
Sammler berühren; das sind jene, die sich auf Mar
schall spezialisiert haben, also einzig und allein Ar
beiten dieses Künstlers sammeln.
Professor Marschall wird sich beeilen müssen,
die Sammler durch eine andere Medaille zu ent
schädigen.
Jlembrandt und Jlaffael im Zollamt.
Aus Paris wird uns geschrieben:
Durch Flugzettel verbreitete das Zollamt die
sensationelle Mitteilung, daß es einen Rem-
b r a n d t und einen Raffael zur V ersteig erring
bringe. In hellen Scharen strömten denn auch Neu
gierige zu dem gewaltigen Zollmagazin am Quai de
la Loire, um, wenn schon nicht zu kaufen, die ange
kündigten Meisterwerke zu sehen. Dort wurde in
einem weiten Raum, zu dem man durch eine schmale
Treppe gelangte, die Auktion ab gehalten. Das
finstere Gemach, mit den kahlen, schmutzigen
Wänden war mit Strohstühlen angefüllt und vorne
bei einem Tischchen standen und lagen die siebzehn
Bilder und Stiche, die losgeschlügen werden sollten,
vierzehn davon Trödler waren, rahmenlos und schon
arg mitgenommen, aber daneben die zwei Glanz
stücke — der Rembrandt und der Raffael.
Aber, o weh, die Kunstkenner machten ent
täuschte Gesichter, als sie diesen Rembrandt und
diesen Raffael sahen. Trotzdem der Auktionsleiter
dezidiert erklärte, daß die Echtheit des Rembrandt
— das Bild stellt einen jungen Mann aus vornehmen
Hause dar — außer Zweifel stehe, daß man bei
besserer Beleuchtung als sie in dem Raume herrsche,
die Signatur des Künstlers und die Jahreszahl 1636
oder 1656 sehen könne, schüttelten die Kenner die
Häupter und ein besonders beherzter, der bekannte
Kunsthändler Jonas, sagte auch klipp und klar,
daß das Bild nicht von Rembrandt herrühre. Es
sei ein Werk Ferdinand Bois, der allerdings einer
der hervorragendsten Schüler Rembrandts gewesen
sei. Diese unverlangte Expertise bestimmte denn
auch den Preis des Bildes, das mit 300.000 Francs
der Jenny Dolly, einer der Dolly Sisters, zuge-
schlagen wurde.
Dann kam der Raffael an die Reihe, aber da
korrigierte sich der Versteigerer selbst, indem er
erklärte, daß nach dem Gutachten eines Experten
das Bild —- eine Madonna mit dem Jesuskind auf
lichtblauem Untergrund — nicht von der Hand
Raffaels stamme, sondern ein Werk des Francesco
Francia sei, dessen Lehrer Marco Z o p p o
unter dem Einflüsse Peruginos gestanden war,
unter dem sich Raffael gebildet hatte. Also, das der
Zusammenhang mit dem großen Urbinaten, Nach
dieser Erklärung war es nicht weiter verwunderlich,
daß- die Madonna nicht mehr als 170.000 Francs er
zielte,
Wie die Zollverwaltung in den Besitz dieser
Bilder kam? Das ist eine ganz merkwürdige Ge-