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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 3
schichte. Vor etwa drei Jahren erhielt die Zollbe
hörde durch einen anonymen Brief Kenntnis davon,
daß 19 Gemälde, darunter ein Rembrandt und ein
Raffael, nach Frankreich gebracht worden waren,
ohne daß man für sie den vorgeschriebenen Einfuhr
zoll entrichtet hatte. Der Anzeiger lenkte die Spur
auf einen Russen, bei dem man auch wirklich die
Gemälde fand. Von dem Manne war nicht mehr
her auszu kriegen, als daß er sie in Rußland gekauft
hatte. Wie er sie nach Frankreich gebracht hatte,
das wollte er nicht verraten. Das war gewiß keine
einfache Sache, denn der Rembrandt allein ist
1.12 Meter hoch und 90 cm breit. Daß er keinen Zoll
bezahlt hatte, gab er zu, aber, da er auch nicht die
Absicht hatte, dieses Versäumnis nachzuholen, so
! wurden die Bilder einfach beschlagnahmt und nun,
da. Recherchen nach dem früheren Besitzer in Ruß
land umsonst waren, versteigert. Die Auktion ver
schaffte nicht nur den Betrag, der notwendig war,
um die Zollgebühren samt Strafe und Luxussteuer
zu decken, sondern es ergab sich noch ein ansehn
licher Ueberschuß, der dem russischen Zollhinter-
zieher zükommt.
Und nun fragt sich mancher, ob die ganze Sache
nicht ein feiner Trick des Russen war, deir sich selbst
der Zollbehörde anzeigte, um eine erfolgver
sprechende Versteigerung der Bilder zu erwirken.
Von derartigen Tricks weiß die Kunstgeschichte gar
mancherlei zu erzählen.
Ceonardos einzige Plastik.
Aus Budapest wird uns berichtet:
Zwei alte Damen haben einen interessanten Prozeß gegen
den ungarischen Staat wegen Rückgabe einer wertvollen
Bronze-Sammlung, in der sich auch ein Reiterstandbild von
Leonardo da Vinci befindet, angestrengt.
Noch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts hatte der
ungarische Bildhauer Stephan Ferenczy die Bronzesammlung
angelegt und während seiner Studienreisen in Italien etwa
80 Statuetten alter Meister erworben, die er, in einer Kiste
verpackt, überall mit sich führte. 1856 ereilte ihn in der un
garischen Provinzstadt Riimaszombat der Tod, und die einfache,
ungehobelte Holzkiste mit ihrem aus wertvollen Kimstgegen-
ständen bestehenden Inhalt blieb von den Erben unbeachtet
auf dem Boden stehen. Erst etwa sechzig Jahre später ließen
zwei Nichten des Verstorbenen den Inhalt der Kiste von Sach
verständigen schätzen, die feststellten, daß es sich um wert
volle Schöpfungen der Renaissance handelt. Die ganze
Sammlung wurde von dem ungarischen Staat um den von den
Erben geforderten Betrag von 210.000 Kranen erworben. Die
Summe gelangte in mehreren Raten zur Auszahlung, und zwar
der letzte feil in den Knegsjaihren, als die ungarische Valuta
bereits entwertet war.
Die Sammlung war bereits im Besitz des Staates, als die
Gelehrten von der Bronzereiterfigur feststellten, daß sie das
einzige plastische Werk Leonardo da Vincis dar
stellt. Der Rechtsanwalt der beiden Nichten Ferenczys klagt
nun den ungarischen Staat zum Teil auf Valorisierung der Kauf
summe, zum Teil aber wegen Erhöhung dieses Betrages, da
dem Klagebegehren zufolge die Sachverständigen des Staates
noch vor dem Zustandekommen des Kaufes das Gutachten ab-
gaben, die Sammlung .sei das Doppelte des geforderten Be
trages wert.
Interessant ist übrigens, daß zwischen dem Budapest« •
Museum der schönen Künste und den beiden Erben bei Ab
Schluß des. Vertrages auisbedungen wurde, daß die Verkaufet
keinerlei Anspruch gegenüber dem Aerar erheben dürfen, wenn
hinsichtlich der Herkunft oder des Schöpfers der in die Liste
aufgenommenen Gegenstände von den bisherigen abweichende
Forschungsergebnisse festgestellt würden.
Chinesische JCunst.
Am 4. März findet in Rud. L e p k e‘s Kunst-
Auctions-LIaus in Berlin die Versteigerung der
Sammlung des Geh. Hofrates Hermann Dobrikow
(Peking) statt.
Geheimrat Dobrikoiw kam nach Niederschlagung
des Boxeraufstandes im Jahre 1900 mit dem deut
schen Gesandten v. Mumm als Kanzler der deut
schen Gesandtschaft nach Peking. Er hat seit dieser
Zeit bis zu seinem Tode im Jahre 1928 China nur zu
kurzem Urlaub verlassen. Selbst während des Krie
ges nach Abbruch der Beziehungen mit China hat er
als einziger Deutscher, der holländischen Gesandt
schaft zugeteilt, in China verbleiben dürfen. In die
sen 29 Jahren gewann er für die deutsche Kolonie
in China eine weit über sein Amt hinausreichende
Bedeutung, da er sich in die chineisiscihen Verhält
nisse in ganiz ungewöhnlichem Maße hineingelebt hat.
Sein Rat wurde daher von allen gesucht, die durch
ihren Beruf auf die Zusammenarbeit mit den Chine
sen angewiesen waren.