Nr. 3
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Seite 29
Von den ersten Jahren seines Aufenthaltes an
verfiel Dobrikow dem Zauber der chinesischen
Kunst. Er hat seine Sammlung noch bis in die letzten
Jahre seines Lebens ständig bereichert, wozu ihm
seine nahen Beziehungen zu den Chinesen, besonders
zum einheimischen chinesischen Kunsthandel, beson
ders günstige Gelegenheit bot. Seine Sammlung war
daher im ganzen Ostasien, weit über die deutschen
Kreise hinaus, bekannt. Besonders galt er als Kenner
des chinesischen Porzellans, dem seine ganze Liebe
gewidmet war. Der Nachdruck liegt in dieser Samm
lung daher auf den Porzellanen, besonders auf den
frühen Blauweiß-Porzellanen und dem Seladon, Auch
die Frühkeramik ist mit einer Reihe von guten
Stücken vertreten. Außerdem hat er ziemlich am
frühesten von allen Europäern den chinesischen
Teppich entdeckt, der ja in den letzten Jahrzehnten,
namentlich in Amerika, außerordentliche Verbreitung
gewonnen hat. Die Sammlung enthält etwa zwanzig
reizvolle Arbeiten dieser Art, kleinere wie größere
Stücke. Ferner eine ganze Reihe chinesischer Seiden
stoffe (Coupons) des 19, Jahrhunderts.
Im Nachtrag des Katalogs finden wir vorzügliche
blaue Porzellane mit Golddekor, zum Teil aus der
besten Zeit, einige hervorragende Gloisonne-Arbei-
ien, ferner aus der Kanghi-Periode einen Ingwertopf
mit Deckel von seltener Schönheit und ein Paar Fo-
Hnnde in ema.il-sur-biscuit-Technik,
Der mit ca. 15 Aibb.-Tafeln ausgestattete Kata
log Nr, 2026 ist durch Rud. Lepke zu beziehen.
Versteigerung der Sammlung Dr. Ceopold Seligmann.
Wie man uns aus Berlin berichtet, haben die
Kunstauktionsfirmen Hermann Ball und Paul
Graupe eben mit dem Kölner Sammler Dr. Leo
pold S e 1 i g m a n n einen Vertrag abgeschlossen,
wonach dessen berühmte Sammlung durch sie zur
Auflösung gelangen soll.
Die Sammlung des Du Leopold Seligmann gilt
in Fachkreisen als die * bedeutendste Sammlung
mittelalterlicher Kunst. Indern sie zeitlich
ungelähr dort aufhört, wo die Sammelgebiete dleis
Dr. Albert F i g d o r beginnen, kann man sie als eine
ausgezeichnete Ergänzung dieser Sammlung betrach
ten. Sie umfaßt frühmittelalterliche Kunstwerke von
der frühchristlichen Epoche bis zur Hochgotik, dar
unter frühchristliche Elfenbeinplatten, byzantinische
Emailarbeiten, ottonische und romanische Metall
arbeiten (Aquamanile, Ciborien, Reliquiare u, a.'j,
Grubenemail-Arbeiten der Kölner Werkstätten der
romanischen Zeit, ferner einige sehr bedeutende j
romanische und gotische Plastiken französischer,
englischer und rheinischer Provenienz; schließlich
eine geschlossene Sammlung koptischer, byzantini
scher und gotischer Textilien und Stickereien.
Dem breiteren Publikum ist die Sammlung durch
die Jahrtauisendausstellung 1927 und dile Ausstellung
mittelalterlicher Kunst aus rheinischem Privatbesitz-
in Köln 1921 und 1927 bekannt geworden, außerdem
durch zahlreiche Publikationen einzelner Stücke
durch Adolph Goldschmidt, v, Falke, Lüthgen,
Witte u. a.
Die Sammlung ist bis zum 10, Februar im
S c h n ü 11 g e n - M u s e u, m in Köln ausgestellt,
dann wird, sie nach Berlin transportiert und hier in
den Auktionsräumen der Firmen Ball und Graupe
in der Tiergartenstraße zur Besichtigung auf gestellt.
Die Versteigerung wird am 28. und 29, April
stattfinden.
iMusikerautographen.
Wir haben schon in der vorigen Nummer daraui nmge-
wiesen, daß bei der nächsten Autographen-Versteigerung bei
J. A, Stargardt in Berlin ein überaus wertvolles
Manuskript von J. S, Bach unter den Hammer gelangt. Nun
liegt uns der Katalog der Sammlung, deren Versteigerung unter
des für den 8. Februar festgesetzt worden ist, vor, und wir
ersehen aus ihm, daß die Bach-Handschrift nicht die einzige
Kostbarkeit der Sammlung ist.
Unter den 122 Nummern, die meist aus Wiener Be
sitz stammen, befindet sich noch manches, das der Beachtung
der Autographen-Sammler würdig ist. So ist ein bisher un-
gedruckter Brief Beethovens an seinen Verleger, den
Musikalienhändler S, A, Steiner in Wien da, der einen
interessanten Beitrag zu der unerquicklichen Schuldenange
legenheit darstellt, die zwischen Beethoven und Steiner lange
Jahre hindurch gespielt hat. ,,Geld aufzunehmen ist nicht“,
klagt der Meister, „voriges Jahr mußte ich Interessen und Pfand
für die 600 fl. geben, dieses Jahr kann ich dies nicht zustande
bringen. Ich ersuche Sie also, diese zwei quittungen zu neh
men und mir darüber zu quittiren, sie erhalten alsdann noch
150 fl., diese Quittungen .sind wenigstens gewiß, -meine übrigen
Einnahmen zufällig und endlich ist diese Schikanöse schuld
getilgt. Was ich durch meines Geistes Produkte erhalte, geht
meistens zur Erhaltung meines und meines Carl (sein Neffe,
Anm. der Schriftleitung,) Leben drauf, meine Feinde
selbst werden mir doch erlauben, daß ich wenigstens mein
Leben so hoch anseze als sie das ihrige, und also dasselbe
durch meine Feder friste^— gloria in excelisis —, sie sehn,
daß die quittung von 750 auch auf Stempel Bogen nun muß
geschrieben werden, dies ist der ganze Vortheil, welchen ich
durch die Erhöhung meines allerhöchsten Gönners erhalten
habe,"
Die bittere Bemerkung des letzten Satzes (dies ist der
ganze Vorteil usw.) bezieht sich darauf, daß Beethovens Hoff
nung, der Erzherzog Rudolf würde ihn nach seiner Er
nennung zum Kardinal-Fürsterzbisohof von Olmütz besser
stellen, vergeblich war.
Von Haydn ist in der Sammlung ein schöner Brief an
seinen Freund und späteren Biographen, den Leigations-
sekretär G. A, Griesinger in Dresden, Haydn dankt ihm
für seine Geldsendung und berichtet dann von seiner Arbeit
an dem Oratorium „Die Jahreszeiten“ Mit den vier
Jahreszeiten hat es seine Richtigkeit, ich bearbeite eben den
Sommer, und hoffe, ungeachtet ich vor kurzem sehr schwer
krank war, bis Ende künftigen Winters damit fertig zu sein;
sollte ich aber v mit diesem so schweren werck keinen beyfall
erhalten, so wird jeder Musickenner die ursach von selbst
einsehen,“ Von Joh. Andreas Streicher, dem Freund und
Genossen Schillers, auf der Flucht von Stuttgart nach Mann
heim, enthält die Sammlung den berühmten Brief an Griesinger,
in dem Streicher über die letzten Lebenstage und den Tod
Haydns berichtet.
Schubert ist mit dem Manuskript des Liedes „Die
Erwartung“ (Gedicht von Schiller) vertreten, dias erst einige
Monate nach dem Ableben des Meisters, im April 1829 bei
M J, Leidesdorf in Wien mit der Opus-zah,1 116 und der
Widmung an Joseph Hüttenbrenner, dem Bruder seines
Freundes, Anselm H., erschien. Das Autograph war weder
Nottebohm, noch Eusebius Mandyczewski bekannt.
Schumanns Briefe, die an den Wiener Pianisten
Joseph Fischhof gerichtet sind, beziehen sich auf die
Uebersiedlung des Komponisten von Leipzig nach Wien, „Die
Gründe, die mich nach Wien bringen“, schreibt er, „sind im
Grunde freundlichster Art; eigene Verhältnisse sind ®s, die
mir gebieten, meinen Aufenthalt in einer größeren Stadt als
Leipzig aufzuschlagen.“ Er spricht -dann vom seiner „Neuen
Zeitschrift für Musik“, die er nach Wien übertragen will, und
fährt fort: „Sollte ich Ihnen übrigens sagen, -wie manches
Schöne ich mir von der Zukunft erwarte, wie die Zeitschrift
dadurch großartiger, einflußreicher werden, eine Vermittlung
zwischen Nord und Süd herstellen soll, so müßte ich neue
Bogen einfangen, nämlich herunterschreiben, Sie sind der
Einzige, -den ich in Wien habe, den ich als so verständig wie
tüchtig und bescheiden ken-nengelernt. Werden Sie sich auch