Nr. 8
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
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anderer Pfarrer nach euch mit meiner Bewilligung
gegeben werden, nicht einmal ein gutter Mann, zu
geschweigen ein trewer Seelsorger; den ich werde
darauff bedacht sein, das ein solcher dahin bestellet
werde der da tüchtig sey ewer stelle zu vertreten;
Der Herr sey richter über ihn und sie zugleich, wir
trösten unss unserer Unschuldt, ihr Bluth komme
über ihren Kopff; das ist meine gänzliche meinung.
So erkläre ich mich auch gegen den Graffen, den ich
vernehme, dass er eine Legation an mich abfertigen
wolle: Ihr habt recht daran gethan, das ihr mir die
sache entdecket, auff das ich wisse, was ich drauff
zu andtworten. Seydt Gott befohlen. Gegeben am
Tage Cecilia 1543.
Martinus Luther D,“
Der leicht stockfleckige Brief befindet sich seit
200 Jahren in einem mit Barockpapier überzogenen
Pappband. Auf dem Vorsatzblatt ist von alter Hand
vermerkt „Donum Dni Johann Mich,: Lobes Eccles:
Jacobaei 1736“. Vorgeheftet ist ein Porträt Mörlins
in Kupferstich, nachgeheftet die Uebersetzung des
lateinischen Urtextes ins Deutsche aus dem 17, Jahr
hundert.
Der Preis des Briefes ist 4800 Mark.
Chronik.
BIBLIOPHILIE.
(Prof, Stettiners Bibliothek.) Die kimstgeschichtliche
Bibliothek des verstorbenen Dr. Richard Stettiner, Pro
fessor am Museum iür Kunst und Gewerbe in Hamburg, ist in
den Besitz von Karl W. Hiersemann in Leipzig über
gegangen. Hiersemann läßt darüber einen Katalog „Kunst
geschichte” erscheinen, der 2269 Werke über Kunst und Kunst
geschichte, Plastik, Malerei, Graphik u. a. enthält.
(Hamburger Bücherauktion.) Die Bücherveristeigerung, zu
der die Bücherstube Hans Götz in Hamburg die Biblio
theken Alfred Freund und Siegmund Hinrichsen ver
einigt hatte, bewies, daß sich das lange sehr stumpfe Interesse
am Büchermärkte wieder zu beleihen beginnt. Von den zwei
Bondoni-Drucken in Maroquinbändern der Zeit erzielte der
Tacitus (Nr. 76) 700 Mark, der Vergil (Nr. 77) 520 Mark. Von
der deutschen Literatur war bk auf Goethes „Götz von
Berlichingen“ in der ersten Ausgabe, der auf 1050 Mark ging,
alles lächerlich billig. So brachten zum Beispiel die Nummern
97 bis 100 — Goethes Schriften — Goethe, Aus meinem Leben
— Die Wahlverwandtschaften — West-östlicher Diwan — trotz
schöner Exemplare, nur die halben Taxpreise, Ein interessanter
Sammelt)amd Xenien-Literatur erzielte bei einer Taxe von
Mark 30.— Mark 105.—, Die Sammlung Freunds zur Shakes-
peare-Bacon-Frage brachte Mark 370.—. Von den Inkunabeln
erreichte Nr. 222: „Hyginus" Mark 300.—. Nr. 224: „Biblia
Aurea" Mark 390.— und Nr, 225: „Rolevinck, Fasciculus tem-
porum" Mark 380,—.
Der fünfbändige, illustrierte Boccaccio in späten Ein
bänden war mit Mark 130.— sehr billig. GrandvilLes
„Scetnes de la Vie privee et publique des Animaux“, in einem
schönen Exemplar, erzielten mit Mark 115.0 einen guten Preis,
Das Schach-Buch des Selenus vermochte in der zweiten Aus
gabe auf Mark 85.— zu steigen, während vor kurzem bei
Perl in Berlin die erste Ausgabe mit Mark 32.— fortging.
Die Preke für die modernen Bücher waren im allgemeinen
nicht hoch.
(Vom Wiegendruck bis zum modernen Buch.) Man
schreibt uns aus Berlin: Sehr gering war die Kauflust für die
Leipziger Büchersammlung vom Wiegendruck bis zum modernen
Buch, die bei S. Martin Fraenkel zur Versteigerung kam.
Sämtliche großen Stücke mußten zurückgenommen werden;
ein außerordentlich seltenes Objekt, wohl der erste deutsche
Bericht übe»- die Bartholomäusnacht, 1572 gedruckt, brachte
Mark 37.—, eine Beschreibung des Lebens Barbarossas, Straß-
bur'g, 1535, Mark 40.— (Hälfte der Taxe), Lessings Nathan der
Weise, erster Druck der ersten Auflage, 1779, Mark 33.—, ein
gemeinsames Werk Luthers und Melanchthons „von Ehe
sachen“, Wittenberg, 1540, Mark 38.—.
BILDER.
(Ein unbekannter Anton Graff.) Bei Restaurierungsarbeiten
im Dresdner Residenzschloß wurde ein bisher unbekannter
Anton Graff gefunden, der den Prinzen Heinrich von
Preußen, den erfolgreichen und bekannten Heerführer und
Bruder Friedrichs des Großen darstellt. Die Signatur „A. Graff
pinx 1779“ zeigt sich deutlich am unteren Rand des Bildes.
Das Dresdner Bildnis übertrifft andere des Prinzen durch die
stärkere Unmittelbarkeit der Gebärde und die malerische
Bravour.
(Zwei Grünewald-Bildnisse in Köln?) Der Direktor des
Wallraf-Richartz-Museums in Köln, Dr. Büchner, glaubt,
wie man von dort meldet, in zwei aus dem Institut des Muse
ums stammenden Domherrnibildnissen Arbeiten Matthias
Grünewalds gefunden zu haben. Es handelt sich um klein
formatige Holztafeln, auf denen die Grafen Thomas und Johann
von Rieneck dargestellt sind. Thomas von Rieneck war Dom
kustos in Mainz, später wirkte er als scharfer Gegner der Re
formation in Köln. Sein Bruder Johann war Domherr zu Köln,
Straßburg und Würzburg. Dr, Büchner glaubt, daß damit die
äußeren Beziehungen zu Grünewald gegeben sind. Die Erken
nung der Hand des Meisters sei nach dar Entfernung einer
dicken Schmutz- und Firnisschicht möglich geworden,
(Gemäldediebstahl.) Unbekannte Diebe drangen nächt
licherweile in das Gutshaus Al t- Längs ow bei Wear'big im
Hohen Fläming ein und erbeuteten eiima Anzahl wertvoller
Bilder, Originale und Kopien. Unter den Originalen befinden
sich ein Lieber mann „Alter Männerweg in Kissingen“
von Prof. Sterl „Steinbrucharbeiter im Elbsandsteinigebirge“,
dann von Trübner „Blick in den Odenwald“ und von
Thomson „Weidende Kühe im Nebel". Die Kopien stellen
„Zechbrüder" und das „Porträt eines Edelmannes“ von R e m-
b ran dt und Leibis „Sitzender Jäger“ dar,
NUMISMATIK.
(Förderung deutscher Medaillenkunst.) Aus Berlin wird
uns gemeldet: Der Reichsverband für deutsche Werkkunst, wie
sich jetzt der Verband deutscher Kunstgewerbevereine nennt,
bereitet mit Unterstützung des Reiches, der Länder und der
deutschen Münzkabinette ein Unternehmen zur Förderung der
deutschen Medaillenkunst vor. Eine Wanderausstellung soll er
lesene Arbeiten deutscher und österreichischer Medaillen
künstler aus den letzten 20 Jahren zusammenbringen und in
zweijähriger Wanderung durch die Hauptstädte, vielleicht auch
der Nachbarländer, gehen. Da die .neue deutsche Medaillen-
kunst von München ausgegangen ist, wird die erste Ausstellung
in München gezeigt werden, und zwar soll sie am 1. August
beginnen und Guß- und Prägemedaillen sowie Münzen bringen.
PHILATELIE.
(Die neuen russischen Marken.) Aus Moskau wird uns
gemeldet: Die Sowjetregierung hat ihre Briefmarken bildlich
und auch in Worten in den Dienst der wirtschaftlichen Pro
paganda gestellt. Auf der neuen Fünfkopekenmarke steht zu
lesen: „Für Senkung der Produktionskosten, für Arbeitsdis
ziplin, für Qualitätssteigerung". Die Zehnkopekenmarke mahnt:
„Laßt uns die Ernte um 35 Prozent steigern“ und auf der
Zwanzigermarke heißt es: „Mehr Metall, mehr Maschinen“.
(Marken- und Münzenausstellung in Beckerek.) Der Ver
ein der Beckereker Marken- und Münzensammler veranstaltet
am 25. und 26. Mai eine Ausstellung. Anmeldungen sind bis
zum 1. Mai an den Vorsitzenden des Vorbereitungsausschusses,
städtischen Obeirnotär Dr. Timotije R a j i c, zu richten. Im An
schluß an die Ausstellung wird auch eine Auktion statt
finden.
VERSCHIEDENES.
(Tod bekannter Sammler.) In Wien starb der Seniorchef
der Firma Gebrüd. Gutmann, Bergrat Max Ritter von Gut
mann, der als Sammler von Bildern bekannt war. Er erwarb
u, a. 1909 in England ein prachtvolles, bis dahin unbekanntes
Frauenbildnis von Re mb ran dt. Es ist das Brustbild einer
etwa Vierzigjährigen in blau-grünem Kleid mit brauner Pelz
verbrämung und gelblich-weißem gestickten Einsatz. Um das
braune, ins Rötliche spielende Haar ist ein olivbraunes Kopf
tuch geschlungen, in der Mitte verziert durch ein dunkel gol
denes Geschmeide. Ein durchsichtiger Schleier fällt auf die
Schultern herab. Ein grünlichbrauner Ton waltet in dem Bild
nis, das sich kräftig von olivgrünem Hintergrund abhebt; bei