Grabsteinen der Antike und den
Nürnberger Epitaphien der Re-
naissance, ja noch im XVIII. Jahr-
hundert so glänzend hervortritt,
droht verloren zu gehen. An die
StelledeswirksamenKeilschnittes
tritt Hache Ätzung, wenn nicht
gar das ganz unkünstlerische und
unsolide Sandgebläse. Doch hatte
H. E. v. Berlepsch-Valendas für
die Wiesbadener Ausstellung eine
Schriftprobe von einem Bronze-
Epitaph nach seinem Entwurf
eingesendet, die ganz eigenartig,
omamental wirksam und doch
klar leserlich war. Sie könnte,
ebenso wie ihre Umrahmung als
mustergültig hingestellt werden,
wenn der Künstler nicht allzu
reichlichen Gebrauch von dicht
gereihten, parallel geschlängelten
Füllungsstrichen gemacht hätte.
Wenn auch, wie bemerkt, auf
unseren Friedhöfen niemand die
hervorragendsten Leistungen unserer Plastik suchen wird, sich vielmehr in
ihnen lieber über den allgemeinen Durchschnitt wird orientieren wollen, ist es
doch bedauerlich, daß er dort, dank der Lokalbildhauer, welche die Friedhöfe
als ihre Domäne betrachten, gewöhnlich noch unter diesen versetzt wird.
Schlimm genug sind bereits die auf Vorrat angefertigten Kreuze, Platten,
Obelisken, die schwarz polierten Säulen mit plastisch aufgelegten Palm-
zweigen und Rosenkränzen. Schlimmer noch die nach individuellem
Geschmack hergerichteten Grabsteine mit Bildnissen der Verstorbenen in
Photographie unter Glas, in Marrnorbüsten, die womöglich, mit allen Orden
geschmückt, frei vor eine Rückwand gestellt werden und das an dieser
angebrachte Relief verdecken, und jene zahllosen Werke, die mit allen
Mitteln auffallen wollen, die auch die Stätte des Todes, der alle gleich macht,
zu Denkmälern kleinlicher Eitelkeit gestalten. Nicht Pietät, sondern die
Sucht, mit seinem Reichtum vor den Nachbarn zu prunken, führt zu
unsinnigen I-läufungen teuren Schmuckes, zu faden Allegorien mit fast
komisch wirkenden Übertreibungen. Da trauert der Genius der Kunst an
dem Grabe eines juweliers, der nie das kleinste Ringlein selbst gemacht hat,
die Genien der Arbeit und Wohltätigkeit an dem eines reichgewordenen
Rentners, die ganze Provinz an dem eines braven Regierungsbeamten.
Im Vergleich dazu kann das Grabmal eines Schiffreeders in einem
F. Hausmann. Grabstätte