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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
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Haupt einer ansehnlichen Künstlerfamilie, welcher
zuletzt noch der elegante Karikaturist Theo
Zasclie angehört hatte, Im Zusammenhang mit
den Wienern beziehungsweise den Oesterreichern
sei auch einer, mit zeichnerischem Raffinement und
koloristischem Feingefühl durchkomponierten Bild
nisminiatur des Ungarn Michael von Z i c h y Er
wähnung getan, welcher bekanntlich eine Zeitlang
zu den bevorzugten Schülern Waldmüllers zählte.
Diesen mehr oder minder bodenständigen
Kleinmalern schließen sich einige Miniaturisten
reichsdeutscher Herkunft an: Der Berliner Hof-
Emailmaler Biesendorf, der Sachse B 1 ä 11 n e r,
der eines der vielen Bildnisse seiner Gönnerin, der
Herzogin Dorothea von Kurland, darbietet, der
Braunschweiger T i 1 k e r, der am Hofe der Königin
Luise von Preußen wirkte, des Dresdener Josef
Sonntag, von welchem ein reizendes Bildnis einer
Gräfin Beroldingen zu sehen ist, und nicht zuletzt
der schlesische Modemaler en miniature Josef
Schmeidler, der durch ein ausdruckstiefes
Herrnbildnis auffällt.
Aus einer interessanten und wertvollen Aus
lese französischer Kleinbildniskunst heben wir
zunächst hervor: ein in Emailtechnik ausgeführtes
Selbstbildnis des jüngeren P e t i t o t. welches den
Sohn und künstlerischen Erben eines gefeierten
Vaters als dreiundzwanzigjährigen Jüngling vorführt,
ferner ein Emailporträt einer Fürstin, welches die
maltechnische Besonderheit des wohl aus Frankreich
stammenden, jedoch in Dänemark zur Berühmtheit
gelangten Adrian de P r i e u r aufweist. Die Nach
wirkung der künstlerischen Formsprache eines Hall
tritt ebenso in den zart und duftig hingepinselten
Damenköpfchen des Vittoriano Campana zutage, wie
in dem, mit charakterscharfer Eindringlichkeit
durchmodellierten Herrnbildnis von Siccardi,
Einen der letzten und bedeutendsten Vertreter der
französischen Rokokominiatur sehen wir auch noch
in Franpois Dumont, von dem eines in der Fach
literatur oft genanntes Hauptwerk seiner Spätzeit,
ein Gruppenbildnis der Herzogin von Angouleme
und ihrer Brüder Karl X. und Ludwig XVIII., der
Sammlung angehört. Von den Künstlern des Ueber-
ganges, die an der Grenzscheide der Jahrhunderte
auf manchem Sondergebiet der Bildnisminiatur in
der Heimat und in der Fremde eine durch die Zeit
verhältnisse bedingte, mehr oder minder erfolgreiche
Tätigkeit entfalten konnten, erwecken u, a, unsere
Aufmerksamkeit: der aus Genf stammende Por
zellanmaler der Fabrik in Sevres, Constantin,
weiters sein Landsmann Ferriere, der selten auf
tauchende Emailmaler und Uhrenmacher Seguin
und der auf schwarzem Grunde in Silhouettenmanier
arbeitende Miniaturist und Physiker Bourgeois,
In den Ausklang des XVIII. Jahrhunderts reichen
auch die hier gut vertretenen künstlerischen Leistun
gen des noch in der Empire- und Restaurationszeit
wirkenden Augustin. Ein Frauenporträt und
zwei Herrnbildnisse lassen die zeichnerische Sicher
heit seiner Stricheltechnik und den sachlich stren
gen Einschlag seiner der Wirklichkeit nachempfun
denen Charakterköpfe deutlich hervortreten. Ein
Miniaturporträt von D o b o u r g bestätigt wieder
einmal die künstlerische und kunsttechnische Ver
wandtschaft dieses Malers mit Augustin, Die künst
lerische Richtung eines I s a b e y ist durch ein
meisterliches Herrnbildnis von Maricot und in ent
sprechendem Abstande auch durch zwei Kleinbild
nisse des in Paris geschulten G i g o 1 a gegeben, Ein
Profilbildnis Napoleons durch P a r a n t, in Kameen
manier ausgeführt, erinnert an ein Gegenstück des
selben, an ein Porträt der Kaiserin Josephine, wel
ches sich in den Sammlungen des Louvre befindet.
Unter den wenigen Miniaturbildnissen engli
scher Herkunft, welche in Flesch“ Besitz gelangten,
wären noch erwähnenswert: eines der geschätzten
Emailporträts des Henry Bone, ein fleißig studier
tes Herrnbildnis des Irländers Chinnery, ein in
England entstandenes Emailporträt des aus Schaff
hausen stammenden Hurt er und schließlich eines
der minutiös erfaßten und überaus sorgfältig abge
tönten Kleinbildnisse von Smart.
Neben diesen Spezialitäten in Kleinformat ent
hält die Sammlung Flesch noch einige Gemälde älte
rer und neuerer Meister, darunter Werke von Cor-
nelis T r o o s t und Caspar N e t s eher, ein bra
vourös gemaltes Selbstbildnis des Eklektikers Ba
ton Lund von Beispielen moderner Kunst, ein typi
sches Damenbildnis von Klimt, ein an Stucks
„Sünde" erinnerndes Genrebildchen des Spaniers
A n g 1 a d a und eine mit zarter Empfindung und
künstlerischem Schwung hingezeichnete Ballszene
des Franzosen L e a n d r e. Den Gemälden schließen
sich Erzeugnisse der Kleinkunst, Golddosen, Uhren
und Ringe, Wachsbossierungen und Bronzepla
ketten an. Neben den zur Ausschmückung eines
geschmackvollen Junggesellenheims verwendeten
Möbeln aus früheren Jahrhunderten, Teppichen und
Waffen erinnert schließlich eine gewählte kunst
wissenschaftliche Handbibliothek daran, daß
ihr Benutzer das Studium und die Pflege der Bild
nisminiatur zur Lieblingsbeschäftigung seiner Muße
stunden erwählt hatte.
berliner Versteigerungen.
Bei der am 2. April bei Rud. L e p k e in Ber
lin durchgeführten Versteigerung von Antiquitäten
aus ausländischem Besitz (siehe Nr. 8 der »Inter
nationalen Sammlerzeitung«) wurden weiters folgen
de Preise (in Mark) erzielt:
301 Kleine Kommode, franz., 2. Hälfte 18. Jahrh 680
302 Sekretär, franz., 2. Hälfte 18. Jahrh 1500
303 Große Kommode, franz., Mitte 18. Jahrh 1700
304 Hammerklavier von Roentgen und Kinzing 8500
305 Kommode, franz., um 1700 3200
306 Tisch, englisch, um 1770 1200
307 Boudoirtischchen, franz., 2. Hälfte 18, Jahrh 1650
308 Tisch mit Nierenplatte, englisch, 2. Hälfte 18. Jahrh. 850
309 Kommode, franz., Mitte 18. Jahrh., Arbeit von
Pierre II., Migeon 5500
310 Kommode, franz., 2. Hälfte 18. Jahrh., Arbeit von
Jean Pospel 2300 !
311 Großes Boudoirmöbel, franz,, 2, Hälfte 18. Jahrh. . 2100 I
312 Große Kommode, franz. 2. Hälfte 18. Jahrh 3200
313 Kommode, franz., Mitte 18. Jahrh 4500
314 Sekretär, schwedisch, 2. Hälfte 18. Jahrh 2900
314 a Große Vitrine, englisch, Ende 18. Jahrh 1750
Wandteppiche und Stickereien.
315 Gobelinwirkerei von einem Ofenschirm, Empire . . . 370
316 Wandteppich, Brüssel, 17. Jahrh., 265 : 220 cm . . . 900
317 Brüsseler Wandteppich, Anf. 17. Jahrh.. 295 : 145 cm 3100
318 Gerahmte Petit-Point-Stickerei, Oberitalien, 17. J. ■ 360
320 Decke, englisch, um 1700 410
321 Wandbehang, franz., 17, Jahrh., 44 X 280 cm .... 1400
322 Aller Herrat-Teppich, 260 X 420 cm 900
323 Brüsseler Wandteppich, Mitte 17. Jahrh.. 375 : 470 • 5200
324 Desgleichen, 310 X 453 cm 7300
325 Großer Wandteppich mit Darstellung eines Triumph-
Plastik.
—327 Ein Paar geflügelte Leuchterengel, Oberitalien
17. Jahrh 800