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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde
Herausgeber: Norbert Ehrlich
23. Jahrgang Wien, 15. November 1931 Nr. 22
Die JSoerner Auktionen.
Aus Leipzig wird uns geschrieben:
Die Kupferstich- und Handzeichnungs-Auktionen,
die C. G. Boerner vom 4. bis 6. November abge
halten hat und die wohl jedem Kundigen unter heu
tigen Verhältnissen ein gewagtes Experiment er
schienen, haben dem Optimismus der Firma recht
gegeben.
Die Versteigerung der Handzeichnungs-Samm-
lung Hofstede de Groot, mit der Boerner am
4. November begann, war geradezu eine Sensation.
Unter stärkster Beteiligung, bei der natürlich die
holländischen Händler, Privatsammler und Direk
toren überwogen, und lebhaftem Bieten wurde diese
Sammlung bis auf wenige Blätter ausverkauft, zu
rück blieb nur eine Anzahl zweifelhafter Rembrandt-
Zeichnungen, die aber auch zu Zeiten bester Kon
junktur nicht leicht anzubringen gewesen wären. Mit
großer Sicherheit kaufte dagegen das .sachverständige
Auktionspublikum die wirklich echten Zeichnun
gen Rembrandts. Es brachten das jugendliche
Selbstporträt mit krausem Haar und kleinem Schnurr
bart 7000 M., der Schauspielerkönig auf seinem
Thron 6600 M. (Rembrandt-Haus, Amsterdam), der
berühmte Witwer 10.500 M. (Kopenhagen), ein rau
chender Kavalier 7000 M. (C a s s i r e r, Amsterdam),
ein frühes Studienblatt 2550 M. (de V r i e s, Am
sterdam). Die Landschaft mit der Marienkirche
Utrecht kaufte C o 1 n a g h i (London) für 8200 M,,
die Ansicht der Kloveniersdoelen C a s s i r e r (Am
sterdam) für 8400 M., ebenso den Blick auf Muider-
bergi die Dorfstraße ging für 4600 M. an Dr. Beets
(Amsterdam). Das Museum in Kopenhagen erwarb
die schönste der Zeichnungen von Cuyp für 6000 M,
Der Finkenfang von Buytewech brachte 3000 M.
(Boymans Museum, Rotterdam), der Milchmarkt von
Ter Borch 2100 M,, die Ansicht des Rokin Amster
dam 1900 M.
Sehr gut verkaufte sich die große Sammlung
von Aquarellen Lambert D o o m e r s, wobei sich die
verschiedenen Qualitäten in den Preisen ausdrück
ten. Die Ansicht von Amsterdam kaufte Men sing
(Amsterdam) um den Betrag von 4600 M., den Blick
auf den Elterberg um 2050 M., C o 1 n a g h i erstand
die Ansicht eines Bauernhofes für 2600 M. Die Preise
der anderen Blätter bewegten sich zwischen 400 und
900 M., doch wurden diese sonst so seltenen An
sichten Nummer für Nummer lebhaft geboten. Men
sing kaufte auch eine Ansicht von Furnerius für
1300 M., de Bruyn ein Blatt von Goyen für 1100 M.
Das Berliner Kabinett ließ sich eine seltene Zeich
nung von Key entgehen, die, mit 100 M, taxiert, um
das Zwölffache, 1200 M,, an Cassirer (Amster
dam) ging. Den schönsten Ostade sicherte sich Pro
fessor Dub für 1000 M., die seltene Zeichnung von
Potter kaufte der Direktor des Amsterdamer Kupfer
stichkabinetts, Teding van Berkhout, um 2700 M.,
eine schöne Zeichnung von Ruisdael die Firma Cas
sirer (Amsterdam). Ein besonderes Interesse brach
te man den Zeichnungen von S a v e r y entgegen,
die vor wenigen Jahren noch ganz billig zu haben
waren. So kaufte Teding van Berkhout eine
große Landschaft für 1850 M., Dr. Wertheim
(Berlin) eine Ansicht aus Prag für 1600 M. Aber auch
die mittleren und kleinen Meister brachten durch
wegs hohe Preise, welche die der feinen Handzeich
nungssammlung Dr. Otto, die C. G. Boerner im Jahre
1929 versteigerte, im Durchschnitt noch stark über
treffen.
Ein anderes Bild bot die Versteigerung einer
kleinen namenlosen Kupferstich-Sammlung alter
Meister am nächsten Tag. Hier zeigte es sich, daß
eine hübsche, aber nicht durch ganz außergewöhn
liche Qualität oder Provenienz ausgezeichnete Alt
meister-Sammlung sich heute nur sehr schwer und
lückenhaft verkauft. Dies betrifft besonders die gu
ten, aber doch nur durchschnittlichen Blätter von
Dürer und Rembrandt, die sonst der in- und aus
ländische Handel aufzunehmen pflegte, diesmal aber
wegen der geringen Absatzmöglichkeit nicht regar-
dierte. Immerhin brachten auch hier schöne Quali
täten seltener Blätter noch ansehnliche Preise und
es zeigte sich eine merkwürdige Aufnahmefähigkeit
des Publikums für kleinere Werte, die zu anderen
Zeiten gelegentlich schwerer verkäuflich sind, Auch
die Auktionsfirma hatte umfängliche Aufträge, In
dem kleinen Dürer-Werk brachte der Heilige Hiero
nymus im Gehäus 3000 M. und die Melancholie
2400 M. Lebhaft wurden wiederum die Holzschnitte
geboten. Ein herrlicher Probedruck der apokalypti
schen Reiter kostete mit 2300 M. etwas mehr, als
der Sammler vor zwei Jahren dafür bezahlt hatte.
Die Probedrucke aus dem Marienleben finden mit
Preisen zwischen 400 und 800 M. immer noch ein
sehr lebhaftes Interesse. Eine schöne Landschaft
von Hirschvogel kaufte ein Schweizer Sammler für
2400 M., die Serie der Landschaften von Lautensack
verkaufte sich allerdings nicht entfernt so lebhaft,