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INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Nr 6
354 Miniatur-Landschaft. Porzellanmalerei 22
355 MiniatuT-Porzellanbild, als Brosche montiert. Bieder
meier 17
356 Biedermeier-Glockenzug mit Perlen 22
357 Achteckige Steindose mit Mosaiikbi'Ld. Um 1820 . . 22
358 Perknutter-Uhrständer. Um 1820 15
359 Stockgriff auis Bein. Lastträger. Um 1800 15
360 Sechseckige Schildpattdose. Um 1800 32
361 Dame mit Hündchen a n „if einem Sofa. Beginn 19. J. . 38
362 Kjuipferemail-Medaillon mit (Maria Zeller Madonna - 24
363 Vier Glassilhouette-Porträts auf Goldgrund. Um 1770 22
365 Gebauchter und gehenkelter Kupfertkrug. 18. ,J. . . 20
366 Geschnittene Perlmutterkassette, auf dem Deckel
Guaschlbild 'von Balthasar Wigand. Um 1800 . . 370
367 Gravierte, innen vergoldete Silberdose. Biedermeier.
1863. 84 g ■ 36
368 Gravierte und guilochierte .Silberdose. 50 g. Om 1830 34
369 Russische Silberdose, ,176 ;g 50
371 Russische Siliber-Emaildose mit buntem Genrebild.
152 g 85
372 Miniatur-Silber-Kruzifix 55
373 Silber-Nähnecessaire in eingelegtem Etui, Bieder-
375 Zehnteilige Silber-Toilettengarnitur. 1350 g 330
376 Silbee-Filigran-Ridikül. 276 g. Biedermeier 26
377 Silfberne Bauernühir mit Emailzifferblatt. 18. ,J. . . 32
379 Emailliertes Biedermeier-Petschaft und öhnscihlüssel.
Zirka 9 g Gold ■ • ■ 28
380 Biedermeier-Goldbrosche, emailliert iund mit Perl
tropfen 24
384 Polychrome Holzfigur des hl. Georg 100
385 Münchener Kindl, Holzschnitzerei. Uim 1800 .... 50
386 Zwei größere und zwei kleinere holzgeschnitzte,
schwebende Putten 75
387 „Ecce homo“, polychrome IHolzischmitzerei, .... 32
388 Schwebende Tauibe aus Holz. Biedermeier .... 28
389 Sronzebüste des Aeskulap 22
390 Zwei Bronzeleuchter 24
391 Knabe mit Kücken 120
392 Marmorfigur. Kleines Mädchen mit Hahn . . ■ ■ • 150
393 Generalainsicht der 'Stadt Prag. Kupferstich (zirka
1820) 100
Antike orientalische Teppiche.
Vielleicht über keinen Sammelgegenstand gibt
es eine so reiche Literatur, wie über den orientali
schen Teppich. Aber alle Werke leiden an dem Feh
ler, daß sie —- und das ist das häufigere — zu ge
lehrt sind und zu viele Voraussetzungen an den Leser
stellen, oder sie schlagen ins Gegenteil um, sind zu
laienhaft, entraten der kunsthistorischen Hinweise,
die zum richtigen Verständnis nun einmal notwendig
sind. Die richtige Mischung fehlte, eine Lücke, die
nun in glänzendster Weise ausgefüllt ist.
Der Verfasser des soeben ini Selbstverläge er
schienenen zweibändigen Werkes „Das Gesamt
wissen über antike und neue Teppfiche
des Orients", Julius Orendi, hat sich durch
jahrzehntelangen Handel mit Orientteppichen und
viele Reisen nach dem Orient, sowie durch viel
jährige emsige Studien neben gründlichen praktischen
Erfahrungen auch derartige theoretische Kenntnisse,
in der Geographie, Geschichte und Kunstgeschichte
des Orients erworben, daß er seinen langjährigen
Plan, ein allumfassendes Handbuch über orientalische
Werke zu schreiben, ausführen konnte. Er hat aber
in den vielen hundert Seiten nicht allein seine eigene
Erfahrung niedergelegt, sondern auch alles Wissens
werte aus der Literatur zusammengetragen, was um
so verdienstlicher ist, als viele Werke längst ver
griffen und nur schwer in Bibliotheken oder bei
Sammlern zu erreichen sind.
Und wie Orendi die spröde Materie zu meistern
weiß. Man merkt gar nicht, daß man ein tiefgründiges
Lehrbuch vor sich hat, man glaubt, spannende Roman
kapitel zu lesen. Hören wir z. B. wie uns Orendi er
klärt, warum es keine vollkommenen orientalischen
Teppiche gibt. „Nach der Ansicht strenggläubiger
Mohammedaner“, schreibt Orendi, „kann nur Allah,
der allein vollkommen ist, ein Ding fehlerlos schaf
fen. Es gilt eine Anmaßung des Menschen, wenn er
etwas vollkommenes vollbringen will. Um nun auch
bei der Anfertigung eines Teppichs nicht durch allzu
regelmäßige Zeichnung und Arbeit den Zorn Allahs
auf sich zu laden, der Schönheit und Güte aber kei
nen Abbruch zu tun, weicht der fromme Weber oft
absichtlich in Kleinigkeiten von seinem richtigen
Vorbild, nach welchem er den Teppich knüpft, ab.
Vieles, was bei orientalischen Teppichen und son
stigen Gegenständen als Fehler angesehen wird, ist
absichtlich durch die religiöse Empfindung des
Erzeugers hervorgerufen. Der Aberglaube beherrscht
auch das sonstige Leben des Orientalen, wofür fol
gendes Beispiel bezeichnend ist: Schreibt ein Moslim
ein Gesuch und gelingt es ihm recht ausnehmend
schön, schneidet er ein kleines Stückchen vom Papier
ab, um es nicht sündhaft vollkommen zu machen.
Auch zur Abwehr des bösen Blicks, der manchen
Menschen zu eigen sein soll und mit dem er Unheil
zu stiften vermag, werden insbesondere bei Tep
pichen kleine, oft ganz fremdartige Ornamentchen
oder auch gar nicht zu den Farbtönen passende
Farbflecken eingewebt. So z, B, glühen in dem dunk
len Rot der zentralasiatischen (bucharischen) Tep
piche ein oder zwei grelle, smaragdgrüne Punkte auf,
wie die Augen eines Basilisken oder man sieht ein
grelles, rein weißes Ornamentchen, obwohl alle an
deren Farben im Teppich tiefdunkel, ja düster .sind.
Gelegentlich kommt es vor, daß an den Rändern
oder in den glatten Ansätzen eines Teppichs Woll-
quästchen, Glasperlen, Beinringelcbeu, wohl auch
Büschel von Menschenhaaren u, dergl. befestigt sind.
All dies dient dem Zweck, den bösen Blick zu bannen.
Die Völker von Schiras in Persien versinnbildlichen
den Teufel in der Gestalt eines Hahnes und in ihren
kostbarsten Teppichen findet man oft eine kleines,
geometrisch gezeichnetes Hähnchen, ebenfalls aus
dem Grunde, den bösen Blick abzuwenden. In Ost-
turkestan gelten die Wolken- und Wassermotive,
welche die Hauptzeichnung der Teppichbordüren
bilden, als Abwehr gegen den Zutritt böser Geister,
Seit jeher ist bei den Nomaden üblich, in jenen Tep
pichen, die sie für ihren eigenen Gebrauch anferti
gen, auffallende Ornamente einzuknüpfen, um durch
diese an freudige Familienereignisse oder an trau
rige Schicksalsschläge erinnert zu werden."
Und so instruktiv und amüsant ist Orendi, ob
er nun über den Einfluß der Religion auf die Zier
kunst des Orients, oder über die Alters- und Orts
bestimmung antiker orientalischer Teppiche, ob er
über Entstehung und Ursprung der Ornamente, über
die Entwicklungsstufen der Musterung in antiken,
persischen Luxusteppichen, über Dschouschagan-
Teppiche oder Kasakteppiche spricht. Man wird
nicht nur über Echtheit oder Fälschungen eingehend
informiert, man erfährt, welchen Wert die antiken
orientalischen Teppiche haben usw.
Den Band schmücken acht ganzseitige Farben
tafeln und zwei Landkarten, die ein übersichtliches
Bild über die Teppichgebiete geben. Eine aber nicht
genug zu schätzende Ergänzung des Textteiles bildet
der zweite Band, der nicht weniger als 750 Einzel
ornamente und 418, zum leil ganze Seiten füllende
Abbildungen orientalischer Teppiche enthält, von
denen sehr viele hier zum ersten Male veröf
fentlicht sind. Die reproduzierten Ornamente, deren