Nr. 6
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
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symbolische Bedeutung und Charakteristik aufs prä
ziseste erläutert wird, stellen ein Novum dar und
ermöglichen dem Sammler ein sicheres Erkennen der
verschiedenen Teppicharten sowie die genaue Be
stimmung ihrer Zeitepochen und Entstehungsorte.
Diese Ornamente sind auch eine unerschöpfliche
Fundgrube für den Teppich- und Möbelstofferzeuger,
da auch hier eine große Zahl bisher unbekannter
Muster aufscheint.
Alles in allem: ein prächtiges Werk, das jedem,
der sich für alte Orientteppiche interessiert, aufs
wärmste empfohlen sei. Bei der tadellosen Aus
stattung, der erste Band leicht lesbarer Druck auf
holzfreiem Papier, der zweite Band Doppeltondruck
auf starkem Kunstdruckpapier und den farbigen
Tafeln mit dem geschmackvollen Ganzleinenband
kann der Preis von Mark 80 oder 135 Schilling nur
als ein mäßiger bezeichnet werden.
Die tPorzellanmanufaktür der Sowjetunion.
Die Erzeugnisse der Porzellanmanufaktur des
ehemaligen Rußlands reihen sich würdig den Erzeug
nissen der bekannten Manufakturen Westeuropas
an; sie besaßen ihre eigene künstlerische Note, die
ihnen Beachtung sicherte. Der Geist der neuen Zeit
mußte sich auf diesem Gebiet deutlich offenbaren,
Das Räteporzellan nimmt heute eine ganz besondere
Stellung ein und ist wegen seiner Eigenart und
künstlerischen Vollendung schnell bekanntgewor
den. Große Beachtung fanden die Erzeugnisse auf
der Internationalen Ausstellung dekorativer Kunst
in Paris im Jahre 1925 wie in Monza im
Jahre 1927,
Das Ornament erhielt einen ganz neuen Aus
druck. Die neue russische Keramik bereicherte ihre
Motive aus der Technik, der Architektur, kurz aus
den gestalteten Formen der menschlichen Arbeit.
Es gibt zum Beispiel eine ovale Platte, ,,Der Te
lephonist“, wo das Ornament durch ein Gewirr von
Telephondrähten gebildet wird. Ein anderes Mal ist
das Ornament von den Rädern einer Maschine, von
Werkzeugen usw. eingegeben. Auch im Figürlichen
werden die alten Motive vielseitig bereichert. Zu
den Bauern, Schäfern, den Gestalten des Straßen
lebens, Tänzerinnen usw. kamen Vertreter der neuen
Zeit. So die Orientalin, die den Schleier vom Ge
sicht nimmt, um den Blick offen einem neuen Leben
zuzuwenden, die Figur des Roten Matrosen, die Ar
beiterin mit der roten Fahne und dergleichen. Die
selben Bestrebungen leiten die Künstler bei der Be
malung von Tellern und Tassen. Nicht nur der Ge
genstand, auch Form und Ornamentik wurden von
einem Gesichtspunkt aus betrachtet. Einer dieser
Versuche ist die Anwendung der geographischen
Zeichnung in der Keramik. Es gibt Vignetten in
Schwarz auf Tassen und Tellern, die aussehen, als
wären sie von der Kupferplatte auf das Porzellan
übertragen.
Auch dem Gebrauchsporzellan, Tellern, Tee
kannen und Teegeschirr, wie man es in jedem russi
schen Haushalt findet, wird durch die Freude am
Farbigen ein besonderer Reiz verliehen. Die Ein
wirkung verschiedener Kulturen des Westens und
des Ostens gaben der Gebrauchskeramik ihre heu
tige Form, Ornamentik und Farbe. Die jüngsten
Versuche, neue Ornamente für das Gebrauchspor
zellan zu schaffen, sind als wahlgelungen zu bezeich
nen. Ausgeführt wird russisches Gebrauchsporzellan
in großen Mengen nach Persien, der Türkei und
Afghanistan, ln der letzten Zeit beginnen auch die
westeuropäischen Länder an der Einfuhr russischen
Gebrauchsporzellans Interesse zu gewinnen.
Nach der Oktoberrevolution im Jahre 1917 gin
gen mit der gesamten russischen Industrie auch die
Keramikfabriken aus der Privatbewirtschaftung in
die Hände des Staates über. Heute hat die kerami
sche Industrie nicht nur fast die Erzeugungszahl des
Jahres 1913 erreicht, sondern vor allen Dingen neue
keramische Erzeugnisse von ganz starkem Ausdruck
geschaffen. Alle keramischen Fabriken Rußlands
sind in einem großen Staatstrust ver
einigt. Während den meisten Werken die Erzeugung
von Gebrauchsporzellan übertragen wurde, fiel die
Herstellung künstlerischer Keramik den
Leningrader Manufakturen zu.
Chronik.
BIBLIOPHILIE.
(Kein Buch unter 1000 Dollar.) Vor einigen Tagen wurde
in New York eine Buchhanidlung eröffnet, die wohl einzig
in ihrer Art dasteht. Kein Buch wird unter 1000 Dollar ab
gegeben. Die Besitzerin ist Miß Barbara Barnes, die zur
allerersten New Yorker Gesellschaft zählt. Miß Barnes handelt
nuT in Inkunabeln. „Buchlieblhalber, die nicht mindestens
1000 Dollar in einem Buch an'legen können, kommen für mich
als Kunden nicht in Betracht,“ (sagt Miß Barnes.
BILDER.
(Rembrandts „Anatomie des Dr, Deyman“ restauriert.)
Aus Amsterdam kommt eine frohe Kunde. Das durch
einen Geisteskranken durch Beilhiebe arg beschädigte Gemälde
„Die Anatomie des Dr. Deyman" von Rembrandt, ist wieder
hergestellt. Es konnte derart ausgezeichnet restauriert werden,
daß die Beschädigungen kaum erkennbar sind. In kurzer Zeit
wird das Bild wieder seinen alten Platz im Reichismuseum
einnehmen.
(In memoriam Mozart und Josei Haydn.) Der seit 1770
bestehende Verlag Artaria & Co, in Wien gibt anläßlich
der Jubiläen von Mozart und Josef Haydn zeitge
nössische Kupferstich porträts heraus. Von Mozart
ist bekanntlich im Jahre 1789 vom Wiener Stecher T. G.
Mansfeld ein Bildnis gestochen worden, das der einzige
zu des Meisters Lebzeiten erschienene Porträtstich war. Die
Platte ging verloren und die Drucke davon sind selten gewor
den; Artaria aber bringt es in Heliogravüre nach einem schö
nen, alten Drucke, der den Originalstich täuschend wiedergibt.
Ein zweiter alter Stich erschien etwas später, um 1800;
dieser ist nach dem noch zu des Meisters Lebzeiten gearbei
teten bekannten Relief von Posch (jetzt im Mozarteum in
Salzburg) gestochen, das überhaupt die wertvolle Grundlage
für alle Mozart-Bildnisse ist. Die alte Oiiginal-Kupferplatte
davon ist erhalten, und Artaria hat davon sorgfältig herge
stellte Drucke auf altem Bütten abziehen lassen. Platten
größe 19.5X15 cm.
Von Haydns Bildnis, J. E. Mansfeld inv, et sc., das
1781 bei Artaria & Co. erschien, existiert ebenfalls die alte,
wundervoll erhaltene Original-Kupferplatte, die, lange ver
schollen, sich wiedergefunden hat. Auch von diesem so sel
ten gewordenen reizenden Stiche (Plattengröße 15.7X10.5 cm),
hat Artaria sorgfältige Drucke auf Japan und altem Bütten
abziehen lassen,
(Ankauf von Werken der Gegenwartskunst.) Der Wiener
Gemeinderat hat im Juli v. J. beschlossen, zur Förderung der
Gegenwartskunst den Betrag von 100.000 S zu widmen, der
zur Erwerbung von Werken der bildenden Kunst von heimi
schen Künstlern bestimmt ist. Der Kunstbeirat hat nun vorge
schlagen, dem Maler Professor Oskar Kokoschka ein
Städtebild in Auftrag zu geben, das ein Motiv aus
Wien behandeln soll, vom Maler S t e f f e r i ein Aquarell,