MAK
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Nr. 11 
Seite 102 
müßte einen großen Teil des mit verschwenderischer 
Pracht ausgestatteten Katalogs abschreiben, um ein 
annäherndes Bild des Reichtums dieser Sammlungen 
zu geben. Wir müssen uns nur auf einige Beispiele 
beschränken. 
Bei den Manus kr i p t e n, die den Katalog 
eröffnen, finden wir eine französische Handschrift 
um 1415 auf Pergament von Christine de Pisara, ein 
hebräisches Manuskript des 14. Jahrh, (Bruchstücke 
eines unbekannten rabbinischen Hiob-Commentars), 
ein außerordentlich seltenes Horn-Book, ein Nürn 
berger Schönhartbuch, enthaltend die Geschichte und 
Beschreibung des ,,Schempart“-Laufens, zwei Wachs 
tafeln des Klosters Citeaux vom Jahre 1324 und — 
ein besonderes Rarissimum — eine französische 
Schulrechentafel des 15. Jahrhunderts. Unter den 
Miniaturen fällt ein künstlerisch bedeutendes 
Bologneser Blatt vom Ende des 13. Jahrhunderts auf. 
Die Abteilung Architektur weist u. a. die 
klassischen französischen Werke, wie Blondei, G. F. 
Boucher fils und Jean Mariette in besonders schönen 
Ausgaben auf. Große Raritäten faßt der Abschnitt 
„Geographie“ zusammen. Da ist die Weltkarte 
des Albertin de Virga, unzweifelhaft die früheste und 
bedeutendste, die jemals in den Handel kam, die nur 
in vier Exemplaren bekannte Weltkarte des Mer- 
kator, Duisburg 1569, de Brys Collection of voyages, 
Frankfurt, Oppenheim etc. 1590—1634 u. a. 
In der Abteilung Inkunabeln stoßen wir 
auf dlie nach 1470 bei Heinrich Eggestein in Straß- 
burg gedruckte Biblia germanica, die zweite 
deutsche Bibel, die bekanntlich lange Zeit als erste 
Ausgabe gegolten hat, auf die erste in Deutschland 
gedruckte Ausgabe des Horaz (Straßburg, Joh. 
Grüninger, 1498), auf-die Kölner Chronik von 1499, 
auf die Noctes Atticae von 1469, auf Thomas von 
Aquins „Summa Secunda Secundae“ etc. 
Eine außerordentlich interessante Sammlung 
stellen die französischen Originalausgaben 
des 16, und 17. Jahrhunderts dar. Es sind 
darunter der erste Druck von Marseille (1595) und 
Seltenheiten, wie „Les oeuvres poetiques“ von 
Amadis Jamyn (Paris, 1575), die Originalausgabe der 
„Pensees“ von Pascal (Paris, 1670), die Oeuvres 
poetiques von Mellin de Saint Gelaiis (Lyon, 1574) 
u, a. Es folgen illustrierte Büche r des 1 8. 
Jahrfaunder t s, darunter ein Dedikationsexem- 
plar Ludwigs XVI. des Cabinet du Roy in 23 Bänden 
mit 77 Tafeln, ein Dedikationsexemplar von Mariet- 
tes „Traite des pierres graves“, ein vollständiges 
Exemplar der Stiche des Piranesi, die Oeuvres de 
Maitre Francois Rabelais aus dem. Jahre 1798 mit 
76 Abbildungen und dem Bildnis des Dichters, ein 
breitrandiges Exemplar der Stiche nach Watteaus 
Werken mit 186 Tafeln u. v, a. 
Eine stattliche Gruppe stellen die Einbände 
des 15. bis 19. Jahrhunderts dar. Ein ungewöhnlich 
interessanter Ledereinband mit Stoffmodelaufdruck 
umfaßt die Catharinenlegende des Predigermönches 
Raimund zu Nürnberg; ein außerordentlich seltener 
italienischer, mit signiertem Plattenstempel verzier 
ter Einband birgt Gottardos Tractato vulgare. Ein 
Prachtexemplar eines Einbands ist auch der in Fig. 1 
abgebildete Cameoeinband der poetischen Werke 
des Pontanus. (Venedig, Aldus 1513.) 
Interessanten Mili'tärkostüme- und 
Modewerken schließen sich Kalender des 
15. bis 18. J., Spielkarten (darunter das voll 
ständigste aller erhaltenen Kartenspiele von Peter 
Flötner, Nürnberg c. 1535—1545, das Kartenspiel von 
Claude Valentin, Lyon c. 1650, das Tarokspiel, sog. 
„Bayerische Hochzeit“ vom. Ende des 18. J.), Stoff 
muster- und Stickereibücher an. 
Unter den Urkunden und Autographen 
des 2. bis 19. Jahrhunderts sind eine Ablaßurkunde 
vom Papst Ci e mens VI., Briefe und Dokumente 
von Carl V,, der Maintenon, Kaiserin Maria 
Theresia, Kaiser Maximilian I., dem Herzog 
von Reichsstadt, Herzog Rudolf IV. dem 
Stifter, Veit S t o s s, Tizian, Richard Wagner, 
W a 11 e n s t e i n, König W enzeslaus IV. von 
Böhmen, Andr. Hofer etc. Ein Rarissimum ist ein 
Brief mit voller Unterschrift Raffaels; bisher 
waren von dem großen Unbinaten nur ein Auto 
gramm in der Sammlung Darmstädter (heute in der 
Preußischen Staatsbibliothek) und ein aus 3% Zeilen 
bestehendes, nicht unterschriebenes Briefchen im 
Musee Wikar in Lille bekannt. Goethe ist mit dem 
Gedicht vertreten, das unter dem Titel „Der Gräfin 
Titinne Odonel, die eine meiner Schreibfedern ver 
langte“, in der Ausgabe letzter Hand, Band IV, S. 183 
abgedruckt ist („Als der Knabe nach der Schule, 
das Pennal in Händen ging —“). Gräfin Josephine 
0‘D o n n e 11, geb. Gräfin Gaisruck, war die Gattin 
des österreichischen Finanzministers Grafen Joseph 
0‘Donnell. Seit 1810 verwitwet, fungierte sie als 
Palastdame der Kaiserin Maria L u d o w i k a, mit 
der sie wiederholt in den böhmischen Bädern war. 
Hier lernte sie Goethe kennen, der in freundschaft 
liche Beziehungen zu ihr trat. Anspielungen auf sie 
finden sich wiederholt in den Karlsbadern Gedich 
ten des Altmeisters. 
Jluktion Glückselig. 
Die Versteigerung der Kunstsammlung und Woh- 
nungseim ichtung der Frau H.ohat Schüller, die 
das Auktionshaus für Altertümer Glückselig in 
Wien vom 10. bis 12. Mai durchführte, war von 
sehr gutem Erfolg begleitet. Besonders umstritten 
waren die prächtigen Möbel, doch konnte man auch, 
wie aus der folgenden Liste zu ersehen ist, namhafte 
Preise für Textilien, Teppiche und Gemälde buchen. 
Preise über 100 Schilling brachten: 
Vitrinenobjekte. 
65 Golddose, 19. Jahrh 150 
69 Korpus eines Kruzifixes, Elfenbein, um 1700 320 
71 Elfenbeinrelief, Stil 16. Jahrh 140 
82 Besteck, deutsch, 16, Jahrh 130 
Glas. 
95 Kelchglas, deutsch, um 1750 115 
104 Großer Walzenhumpen, deutsch, dat, 1624 800 
105 Gedeckeltes Stangenglas, Dresden, Anf. 18, J, . . . 440 
106 Zwischengoldglas, Böhmen, um 1740 170 
107 Becher, Dresden, Mohn, 1811 400 
Mobiliar. 
134 und 135 Speisezimmer und zwei Halbfauteuits .... 2400 
138 Zweitüriger Garderobeschrank, deutsch, 17. Jahrh. . 350 
139 Ein Paar Säulen HO 
142 Truhe, 17. Jahrh 500 
144 Ein Paar Stühle, 17, Jahrh 240 
145 Zweitüriger Garderobeschrank, Oesterreich, 18. J, . . 560 
146 Ein Paar Kommoden um 1790 280 
147 Zweitüriger Schrank, deutsch, 17. Jahrh 1350 
149 Vitrine, Oesterreich, 1, Hälfte 19. Jahrh 180 
Einrichtungsgegenstände. 
153 Cachepot 220 
154 Große Tischlampe 125 
167 Luster 680 
168 Desgleichen, modern 320 
169 Ein Paar kniender Engel, deutsch, um 1500 240
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.