MAK
Nr. 16 
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Seite 147 
Cuzerner ^Auktionen. 
Die Galerie Fischer in Luzern, deren 
Sommerauktionen internationalen Ruf genießen, ver 
anstaltet diesmal zwei große Versteigerungen, und 
zwar am 25, und 26, August und am 6. und 7, Sep 
tember, 
Die erste, die Fischer gemeinsam mit dem von 
Dr, J. Co ul in geleiteten Kunsthaus „Pro Arte" in 
Basel abhält, umfaßt den Nachlaß Dr. F, Burgers 
vom Schloß Malagny am Genfer See, der insbeson 
dere die Renaissance und das 18. Jahrhundert favo 
risierte. So findet man gleich unter den Gemäl 
den der Sammlung eine Reihe von hervorragenden 
Stücken des 15, und frühen 16. Jahrhunderts: eine 
Verkündigung aus 'dem Kreise Rogers van der 
W e y d e n, eine Hugo Goes nahestehende Anbe 
tung der Könige eines niederländischen Meisters, 
eine Madonna in Landschaft von Isenbrant und 
zwei Bildnisse von Lucas de Heere und dem Mei 
ster der Magdalenenlegende. Die italienische Schule 
ist durch eine Märtyrerin des Fiorenzo di Loren- 
z o repräsentiert, die ehedem die Sammlung Mar 
ozell von N e m e s in München schmückte. Der 
Sipatzeit gehören das Porträt einer Lady von van 
Dyck, ein Bildnis eines Herzogs von Lothringer, 
von R i g a u d und ein anmutiges Mädchenporträt 
der Vigee-Lebrun an. Das 19. Jahrhundert ist 
durch Courbet, Monet, Pissarro, Renoir und Trübner 
sehr gut vertreten. 
Unter den Einrichtungsgegenständen begegnen 
wir prachtvollen Renaissance-Truhen, Tischen und j 
Armstühlen des frühen 15. und 16. Jahrhunderts, 
französischem Mobiliar des 18. Jahrhunderts, Kamin 
uhren französischer Provenienz etc. Besonders wert 
voll sind die Tapisserien. Unter ihnen befinden sich 
der einzigartige Dürer-Teppich mit der Beschneidung 
Christi, der nach Geheimrat Falke vor 1550 in 
einer elsässischen Werkstatt hergestellt wurde, eine 
Folge von vier gotischen Brüsseler Teppichen um 
1495 aus derselben Werkstatt, wie der Holzschuher 
Teppich aus dem Germanischen Museum in Nürn 
berg, eine Odysseus-Tapisserie aus der Zeit um 
1535, eine Anzahl Brüsseler Gobelins des 17. Jahr 
hunderts u. a. 
Die Sammlung wird durch vortreffliche gotische 
Holzskulpluren des 14. bis 16, Jahrhunderts, durch 
Renaissancebronzen und eine Marmorfigur „Die 
Quelle" ergänzt, die J. E. D um o n t 1785 signiert ist. 
Anschließend an die Kostbarkeiten von Schloß 
Malagny bringen Fischer und Dr. Coulin eine Samm 
lung von Khmer- und Siam- Plastiken 
unter den Hammer, wie sie in dieser Reichhaltigkeit 
und Qualität wohl noch nie auf dem Markte zu sehen 
war. Besonders wirksam kommt in dieser Sammlung 
die Frühzeit des 12. bis 14. Jahrhunderts zur Geltung. 
Die zweite Versteigerung, die am 6. und 7, Sep 
tember stattfindet, bringt die rühmlichst bekannte 
gräfliche Waffensammlung Erbach aus dem Ritter 
saal zu Erbach im Odenwald, sowie Schweizer An 
sichten und Trachtenbilder, romanische und gotische 
i Antiquitäten sowie gute Bilder und Möbel. 
cAmerikanische Bibliotheken. 
Die amerikanischen Petroleum- und Eisenbahn 
vermögen haben wertvolle Bibliotheken geschaffen: 
solche, die dem Publikum zugänglich sind, und solche, 
von denen selbst der wissensdurstige Amerikaner 
keine Ahnung hat, weil sie dem gewöhnlichen Sterb 
lichen verschlossen sind. So wissen beispielsweise 
die wenigsten New-Yorker, daß hinter den Stein 
mauern des Renaissance-Palastes, beim Morganhaus 
in der 36. Straße Ost, eine der kostbarsten, auf 
einige hundert Dollarmillionen geschätzte Bibliothek 
verborgen gehalten wird, deren Bestände überhaupt 
nie bekanntgegeben wurden, jedenfalls aber nie voll 
ständig. Es ist dies die Privatbibliothek Pierpont 
Morgans, dessen Gemälde- und Antiquitäten 
sammlung dem Metropolitan - Museum einverleibt 
wurden, dessen Bücherei — deren Grundstock wäh 
rend Morgans Göttinger Studienzeit gelegt wurde — 
einer Sechserkommission anvertraut worden ist, die 
nach dem Morganschen Testament die Bücherei 
nach eigenem Gutdünken verwalten kann. Nur 
eines hat sich der Eisenbahnkönig ausbedungen: 
Die Bibliothek, wo immer sie auch untergebracht 
wird, darf niemals zerstückelt oder mit einer an 
deren verschmolzen werden. Merkwürdigerweise 
hat, vor etwas mehr als zehn Jahren, die New Yorker 
Staatslegislative ein Gesetz angenommen, das diest 
Morgan-Bibliothek als öffentliche Einrichtung er 
klärt, ohne daß die breite Oeffentlichkeit allzu 
großen Nutzen hätte daraus ziehen können. Selbst 
der hungrigste Bibliophile — und mag er mit den 
besten Beglaubigungsschreiben ausgestattet sein — 
wird sich an der Hartnäckigkeit des Pförtners den 
Kopf einstoßen, und keine Maniküre New Yorks ist 
imstande, den weiblichen Zerberus dieser Schatz 
kammer, Miß Belle da Costa Green, davon zu 
überzeugen, daß es in der Metropole Schönheits 
pflegesalons gibt, deren Fingerabdruck selbst der 
Polizei Schwierigkeiten bereiten würde. Ein schmut 
ziger Daumen, so heißt es nämlich in der von dem 
Verwaltungsausschuß festgesetzten Hausordnung die 
ser Bücherei, und zwar wörtlich, könnte das Werk 
von 900 Jahren zerstören, und ein unkontrollierter 
Husten könnte .sich zu einer Katastrophe auswirken. 
Diese Bestimmung gilt für die eigentliche 
Schatzkammer; aber auch für den Anbau, wo die 
Kataloge untergebracht sind, bedarf es einer ganz 
besonderen Zutrittsgenehmigung. Sonst gilt, wie ge 
sagt, das Dantewort „Lasciate ogni speranza" vor dem 
Bronzetor Ghibertis, an sich freilich auch schon eine 
Sehenswürdigkeit, denn es stammt aus Florenz, 
Und wenn wir schon von Dante reden: hier, hinter 
einer Glaswand, stehen drei Dante - Ausgaben aus 
dem Jahre 1472, von denen behauptet wird, daß es 
die ersten Gesamtausgaben seien. In einem andern 
Glaskasten: Erstausgaben von Tasso, Vergil, Pe 
trarca, Cäsar, Cicero, Michelangelo, die Sweynheym- 
und Pannartz - Ausgaben. Hier steht der Mainzer 
Psalter von 1457, der schon vor einem halben Jahr 
hundert an die 5000 englische Pfund wert war, die 
Hypnerotomachia Poliphili, koptische Manuskripte, 
die Ergebnisse der von Morgan-Vater finanzier 
ten Expeditionen, das in Juwelen gebundene kost 
barste Werk mönchischer Buchbinderei, die in dei 
Abtei von St. Denis gebundenen Evangelien aus dem 
neunten Jahrhundert, die, seitdem sie 1803 die 
schützenden Klostermauern verlassen haben, ihre 
Weltwanderung angetreten haben, um schließlich 
jenseits des Ozeans einen Ruheplatz zu finden, Erst 
ausgaben der Weltliteratur, wie sie in dieser Pracht 
wohl in keiner anderen Sammlung zu finden sind.
	        
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