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Nr. 20 
INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG 
Seite 175 
gangen ist, erwähnen -— für den, der es erlebt hat, 
war es aber mehr als eine Staatsaktion! 
In meinem Falle muß man etwas von dem Prag 
der Achtzigerjahre wissen, man muß wissen, daß in 
den wenigen Kunsthandlungen (die bekannteste war 
Fig. 3, 
Wolfgang Huber, Der hl. Georg, den Drachen bekämpfend. 
Versteigerung. C. G. Boerner. Leipzig 8.—10, November. 
bei Tomaschek, an der Ecke des berühmten Alt 
städter Ringes) nur hie und da zwischen den Oel- 
drucken und Lithographien ein Oelgemälde ausge 
stellt wurde, durch die Beigabe eines Zettels aus 
gezeichnet, auf dem schön und künstlich von Herrn 
Tomaschek eigenhändig mit roter Tinte aufgemalt 
zu lesen war: »Handgemaltes Oelgemälde«. 
Der Traum meiner Tage (ich war noch ein 
Junge von noch nicht 15 Jahren) war, auch einmal 
etwas mit Oelfarben malen zu dürfen, denn das er 
schien mir als die letzte Sanktion der Berufung zum 
Künstler. Ein wenig Eitelkeit spielte natürlich auch 
eine Rolle, da meine Schulkameraden apodiktisch das 
Oelmalen als eine conditio sine qua non für einen 
richtigen Kunstmaler betrachteten, denn als solcher 
war ich unter ihnen schon sanktioniert, und meine 
knospenden Gaben wurden auch bei allen möglichen 
Gelegenheiten tüchtig ausgenützt. 
Das wöchentliche, sogenannte Taschengeld war 
aber so gering, daß es Jahre gebraucht hätte, die 
nötige Summe zum Ankauf eines Malkastens, von 
Farben und Palette, und was alles zur Oelmalerei 
gehört (und sie im Verhältnis zum Zeichnen und der 
Aquarellmalerei für den Laien so kompliziert macht), 
zusammenzubringen. Meinen Vater um die kleine 
Summe anzusprechen, hätte ich nicht gewagt. Mein 
Vater hat zwar in dem obligaten Stolz, den die Er 
zeuger über die Gaben ihrer Sprößlinge haben, wenn 
ich nicht dabei war, Lob und Anerkennung von Laien 
und »Fachleuten« über die Erzeugnisse seines talent 
vollen Sohnes gerne eingesteckt; aber er war doch 
von einer inneren Angst erfüllt, daß ich Maler wer 
den würde! Er war vom Lande in die Stadt ge 
kommen, und ich war die letzte Hoffnung, daß einer 
der Söhne ein »Doktor« werden würde. Denn meine 
anderen Brüder hatten mehr oder weniger Wider 
willen gegen das Studium, Heute kann ich es ehrlich 
gestehen; auch ich war ein schlechter Schüler auf 
dem Gymnasium, und die Angst meines Vaters war 
vollkommen berechtigt; denn in allen meinen Ge 
danken war allein die Malerei das einzige Ziel meines 
Höffens und Trachtens! 
So mußte ich denn mein armseliges Taschengeld, 
Kreuzer zu Kreuzer, sammeln und mit den kleinen 
Gaben an Festtagen, kleinen Geschenken von Ver 
wandten, die vom Lande zu Besuch kamen, war eines 
Tages soviel zusammengespart und zusammenge 
scharrt, daß das Geld für einen sehr primitiven Mal 
kasten, einige Tuben Oelfarben und Pinsel knapp 
reichte. Für einen Sonntag wurde mit klopfendem 
Herzen ein alter Mann als Modell bestellt, der regel 
mäßig an der Ecke der Langen Gasse, wo wir wohn 
ten, seinen Bettelstand hatte. Er sollte in Oel ge 
malt werden. Mein älterer Bruder, der als Kunst 
mäzen mich protegierte, hatte heiliges Stillschweigen 
gelobt und in einem nicht bewohnten, selten auf 
gesuchten Mansardenzimmer des alten Prager 
Rokoko-Hauses wurde das Atelier errichtet. Dort 
entstand dann auf einem Holzbrettchen — es war 
ein Teil der Platte eines uralten Nähtischchens — 
mein erstes Oelgemälde: »Bildnis eines alten Bett 
lers«, 
Mein zweites Oelgemälde war »Kolumbus im 
Kerker«, nach einem Holzschnitt in der »Garten 
laube«. Mein Vater, der für Julius Cäsar, Friedrich 
den Großen, Napoleon und Kolumbus besonders 
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Fig. 4. Toulouse-Lautrec, Invitation a une Exposition 1898 
Versteigerung C. G, Boerner, Leipzig 10. und 11. November. 
schwärmte, fand dieses Bild ergreifend: wie Kolum 
bus im dunklen Kerker so dasaß, den Kopf auf die 
Hand gestützt, einen Wasserkrug und ein Stück 
trockenen Brotes vor sich. Seine Aeußerung: »Das
	        
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