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INTERNATIONALE SAMMLER - ZEITUNG
Nr. 20
müßte in Oel gemalt ein schönes Bild geben,« spornte
mich an, das Bild heimlich zu malen, um ihn an
seinem Geburtstage zu überraschen. Die unerwar
tete Erfüllung seines Wunsches rührte ihn und er
schenkte mir zwei Gulden, die wieder zum Farben
händler wanderten. Seine begeisterte Schilderung
dieses »Kolumbus im Kerker«, in Oel gemalt von
seinem begabten Sohn Emil, scheint am Stammtisch
in Geißlers Pilsener Bierstube großen Eindruck ge
macht zu haben und reizte aufstachelnd den dicken
Gastwirt Geißler, auch ein Oelgemälde von mir zu
besitzen. Man konnte ja nicht wissen, vielleicht?
Ein zukünftiger Defregger oder Makart!
Dem Manne wurde geholfen. Für fünf Gulden
— welch ein Vermögen für mich — verkaufte ich
ihm das »Bildnis eines alten Bettlers«. Vor einigen
Jahren — so um 1922 — soll es bei Lepke auf
einer Auktion für einige Millionen versteigert wor
den sein.
.f 16, JCunstauktion des Dorotheums.
Der Versteigerung der an Kunstobjekten reichen
Wohnungseinrichtung des verstorbenen Großindu
striellen Heinsheimer läßt das Dorotheum
in Wien am 20. Oktober wieder eine Kunstauktion
(die 416.) folgen, die drei Tage in Anspruch nehmen
wird.
Das Material, das jetzt zum Ausgebot kommt,
war zum größten Teil in der Sommerausstellung
exponiert und schon da vielfach Gegenstand der Be
wunderung der Kenner. Was seitdem dazu kam, wird
gewiß den Eindruck, den man in der Ausstellung
gewann, nicht abschwächen.
Besondere Attraktion werden auch jetzt die
Gemälde alter Meister üben, unter denen
wir in erster Linie die Justitia des Lazzaro di Jacopo
Bastiani nennen, die auf 70.000 S geschätzt, mit
nur 19.000 S ausgerufen werden wird. Das Bild ist
ein Frühwerk des als Lehrer Carpaccios für die
malerische Entwicklung Venedigs wichtigen Meisters
und ziemlich gleichzeitig mit der Santa Veranda ent
standen, die einst in der Galerie der Akademie der
bildenden Künste in Wien hing, heute aber die
Accademia in Venedig schmückt. Ein sehr inter
essantes Werk ist »Gott Vater in der Engelglorie«
von Benozzo G o z z o 1 i. Professor S u n d a, der das
Bild expertisiert hat, betont den stilistischen Zu
sammenhang mit Benozzos Lehrer Fra Angelico da
Fiesoie. Für den Typus des Gottvaters wäre auf den
Johannes in der Evangelistendecke der Hieronymus
kapelle zu San Francesco in Montefalco zu ver
weisen, Die Cherubstafeln sind denen der Madonnen
tafeln verwandt, die sich ehemals in der Sammlung
des bayrischen Gesandten Baron Tücher in Wien
befanden. Für die Anordnung des ganzen sind die
Giebelbilder der Anna Selbdritt im Museum zu Pisa
und des Triumphs des Thomas von Aquino im Pariser
Louvre zu vergleichen.
Von nicht minder hoher Qualität wie dieses ist
auch die »Krönung Mariae« von Jacopo di C i o n e,
dem Bruder des Nardo di Cione. Das Bild steht a,uf
demselben Niveau wie die späteren Marienbilder
des Künstlers, die er für die National Gallery in
London und die »Zecca Vecchia« geschaffen hatte.
Ueber eine Altarskizze, die die Kreuzigung
Christi darstellt, liegt eine Expertise vom Direktor
der Wiener Akademie, Eichenberger, vor, der
u a. schreibt: »Die Skizze stammt meiner Ueber-
zeugung nach von der Hand des Anton van Dyck.
Es muß eine jener Skizzen sein, die er für die großen
Altaraufträge, welche ihm nach seiner Rückkehr aus
Italien in seiner Heimat zugewiesen wurden, ausge
führt haben wird. Als stilistische Besonderheit dieser
Studie ist die selten starke Beeinflussung durch
italienische, besonders venezianische Reminiszenzen
hervorzuheben, in die hier das Antwerpnersche
Schulgut aus der Rubens-Werkstatt eingebettet er
scheint und durch welche die Studie eine besonders
feine Tonigkeit und auch schimmernde Helldunkel
wirkung empfangen hat.«
Von Kaspar Netscher ist das Bildnis einer
vornehmen Dame im pelzverbrämten Kleid da. Bild
nisse von Netscher in Lebensgröße, die seine male
rischen Vorzüge aufweisen, sind von größter Selten
heit. Weyermann berichtet, daß der Meister Marg.
Godin zweimal in Lebensgröße gemalt hat. Hofstede
de Groot hat das eine der beiden Bildnisse in dem
Gemälde beim Herzog von Portland in Weibeck
Abbey erkannt; möglicherweise ist das Bild im Do
rotheum mit dem zweiten der Godin identisch.
Mit diesen Bildern ist die Reihe der alten Ge
mälde noch lange nicht erschöpft: es kommen noch
ausgezeichnete Arbeiten von Salomon Ruysdael,
David Teniers dem Jüngeren, Eglon van der Neer,
C. Ch. Molynart, Jan Fyt u. a. unter den Hammer,
Unter den neueren Gemälden finden wir das
reizende Bild von W a 1 d m ü 11 e r »Mutterglück«,
das von zahlreichen Reproduktionen bekannt ist.
Auf 18.000 S geschätzt, wird es mit 8000 S ausge
rufen: man könnte also billig dazukommen. Dasselbe
gilt von den beiden anderen Waldmüller, dem »Kind
im Fenster mit Weinranken und Blumen« und dem
»Orientalischen Händler«, die mit 5000, bez. 8000 S
ausgeboten werden. Angenehm berührt die Fülle von
Bildern Jetteis: 10 Jettei waren schon lange nicht
in einer Auktion zu sehen, dazu noch solche von
einer Qualität, wie z. B. die Landschaft mit Kühen
am Wasser oder die Sonnenblumen vor einem
Bauerngehöft. Von Toulouse-Lautrec, in des
sen Zeichen die nächsten großen Versteigerungen bei
Graupe und Boerner stehen, sind zwei Zirkusszenen
da, die sich Liebhaber dieses Künstlers gewiß nicht
entgehen lassen werden. Einen alten, lieben Bekann
ten wird man in dem »Sämann« von Egger-Lienz
erkennen, denn es ist in den letzten Jahren kaum
ein Bild so oft vervielfältigt worden, wie dieses.
Von den neueren Gemälden nennen wir weiters:
Gustav Klimt (Studienkopf einer Hannakin), Wal
ter L e i s t i k o w (Herbstliche Bäume am Wasser),
Makart (Musizierende Putten und Putten mit
Fisch), Gabriel Max (Kind auf rotem Polster),
Munkacsy (Schreiender Mann, Studie zu dem
Oelgemälde »Christus vor Pilatus«), Raff alt
(Pußtalandschaft), J. B. Reiter (Liegendes Mäd
chen auf rotem Sofa), Fr. v. Stuck (Die Sünde),
W o p f n e r (Nonnen im Boot am See) u. a. Unter
den Aquarellen und Zeichnungen ragen die Arbeiten
von Franz und Rudolf A 11, Rudolf B e r n t, Dan
hauser, Schille und Spitzweg hervor, unter
den Miniaturen Daffinger, Dubasty und
Emanuel P e t e r. Die Graphik ist durch Blätter von
Dürer, Dickinson, Legrand und Zorn
repräsentiert. Besonders aufmerksam sei aber auf
die gesuchten altkolorierten Stiche gemacht, die als
Beilage zu Bäuerles Theaterzeitung erschienen.