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Zeit, sondern
auch objektiv
betrachtet als
selbständige
Kunstschöp-
fungen von
hohemWerte.
Hierbei ist da-
ran zu erin-
nern, worauf
schon Ilg auf-
merksam ge-
macht hat,
daß Raphael
Donner, der
der Zeit nach
ganz derSpät-
barocke ange-
hört, in zahlreichen seiner Arbeiten, wie in den Brunnenliguren auf dem
Neuen Markte, als Vorläufer und Bahnbrecher des Klassizismus zu betrachten
ist, und wir sehen einen eigentümlichen Kreislauf der Ideen, wenn wir uns
daran erinnern, daß Raphael Donner während seines Preßburger Aufent-
haltes auf Adam Friedrich Oeser, dieser später in Dresden und Leipzig auf
Goethe und Winckelmann eingewirkt hat, mit welch letzterem er, obwohl
er in seinen eigenen künstlerischen Arbeiten dem Rokoko immer treu bleibt,
einer der feurigsten Vorkämpfer einer Reform von Bildung und Kunst auf
klassischer Grundlage geworden ist. Die Donnersche Tradition setzt aber
in der Josefinischen Zeit tiefgründiger und bedeutungsvoller als der Kreis
der Schönbrunner Plastiker Fr. X. Messerschmidt in dem wundervollen
Wandbrunnen des Savoyenschen Damenstiftes fort, das zwischen 1770 und
r78o entstanden ist.
Gewaltig verändert sich in der Josel-inischen Epoche das Wiener
Stadtbild, aber nach anderer Richtung und auf Grund ganz anderer Auf-
gaben, als sie in der Barockzeit gestellt waren. Längst war der Neu- und
Umbau der Kirchen Wiens abgeschlossen, worin die Barocke ihre Mission
so glänzend gelöst hatte. Nur in den an Bevölkerung stetig zunehmenden
Vorortegemeinden, wo unter Kaiser Josef Industrie und Gewerbefleiß empor-
blühten, werden unter seiner Regierung Kirchen, aber nicht Prunkkirchen,
sondern Notkirchen errichtet, wie Sankt Laurenz auf dem Schottenfelde und
Sankt Ägydi in Gumpendorf, welche klassizistische Motive schüchtern betonen.
In der Inneren Stadt wird kurz nach Josefs Tode die Fassade der Michaeler-
kirche von I-Iohenberg in klassizistische Form gebracht, deren Vorbau
jedoch mit seinen berühmten Plastiken von Mattielli schon zwei Menschen-
alter früher errichtet worden war.
Platte von IgnazjosefWürth 177g bis 1780, aus dem Tafelsilber des Erzherzog: Friedrich