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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde 
Herausgeber: Norbert Ehrlich 
25. Jahrgang Wien, 15. Oktober 1933 Nr. 19 
Fälschungen antiker Segenstände. 
Vom Rechtsanwalt Dr. Leo Munk (Wien). 
In der ,,Internationalen Sammler-Zeitung" vom 
15. April d. J. habe ich einige Fälle erörtert, in wel 
chen zweifellos antike Gegenstände verkauft worden 
waren, nachträglich aber Zweifel darüber auftauch 
ten, ob diese Gegenstände tatsächlich von bestimm 
ter Provenienz gewesen. Die Frage der Fälschung 
war ausgenommen worden. Nunmehr soll uns letz 
tere Frage beschäftigen. Natürlich muß ich es mir 
versagen, die verschiedenen Formen der Anfechtung 
zu behandeln; auch sonst sollen ■ die Rechtsfragen 
nur insofern berührt werden, als dies dem großen 
Publikum leicht verständlich ist. 
Wann können wir von Fälschung eines Kunstge 
genstandes oder einer Antiquität sprechen? In einem 
sehr guten Buche über Fälscherkunststücke wird 1 ge 
sagt, die Fälschung sei eine Nachbildung eines Ori 
ginalgegenstandes zum Zwecke unerlaubten Gewin 
nes. Diese Definition ist jedoch sicherlich eine zu 
enge; zahlreiche Fälschungen müssen als solche an 
gesehen werden, wenn auch kein Original benützt 
wurde, und die Gewinnerzielung ist gleichfalls nicht 
Voraussetzung. Wir verstehen vielmehr unter Fäl 
schung (als Objekt) einen Gegenstand, der den 
Schein erwecken soll, daß er von einem bestimmten 
Künstler, aus einer bestimmten Epoche stamme, 
einen Gegenstand, der Eigenschaften nicht hat, die 
er angeblich aufweist; der Charakter der Fälschung 
ist das Unwahre. Wurde z. B. ein modernes Gemälde 
„geselcht", damit die Farben etwa so aussehen, wie 
die eines Bildes aus dem XVI. Jahrhundert, so haben 
wir es mit einem falschen Bilde zu tun. Eine Fäl 
schung liegt aber auch dann vor, wenn ein solches 
Gemälde etwa schon vor hundert Jahren hergestellt 
wurde, sobald auch damals schon der Schein der 
Antiquität erweckt werden .sollte. Ob der Fälscher 
bei .seiner Arbeit einen Gewinn anstrebte, ist gleich 
gültig; wer ein altes Gemälde kaufen wollte, aber ein 
modernes erhält, muß sich nicht bei Anfechtung des 
Geschäftes den Einwurf gefallen lassen, der Maler 
habe nur aus Passion den Stil des Alten gewählt. 
Maßgebend bleibt, ob eine Täuschung beabsichtigt 
war; diese aber bat sowohl der Hersteller des Er 
zeugnisses, wie der Veräußerer zu vertreten. Natür 
lich kommen für die Anfechtbarkeit des Geschäftes 
auch die Begleitumstände in Betracht. Wer in einem 
Antiquitätengeschäft kauft, wer sich, mit einem Pri 
vaten einläßt, der auf die Erwerbung seiner Samm 
lung seitens der Vorfahren hinweist, wird normaler 
weise fragen, ob das Stück wirklich ein altes sei. Er 
hat Anspruch darauf, daß die bezüglichen Zusagen 
auf Wahrheit beruhen. Wenn dagegen jemand, en 
passant ein scheinbar altes Kunstwerk an sich 
bringt, wie man einen Geschenkartikel zu kaufen 
pflegt, wird er sich nicht auf Irrtum berufen können. 
Von der Fälschung verschieden ist der Gegen 
stand der Restaurierung. Die Truhe, die man als alt 
kauft, muß nicht in allen ihren Details von dem 
Meister s,o hiergestellt worden sein, wie sie sich ge 
genwärtig befindet. Ausbesserungen nehmen dem 
Gegenstand nicht die Eigenschaft der Antiquität. 
Wenn dagegen ein Tischler einen antiken Tisch an 
sich gebracht hat, und 1 aus dessen Teilen eine ganze 
Anzahl Möbelstücke herstellt, ist jedes einzelne 
Stück ein Erzeugnis seiner Werkstatt, keine Anti 
quität. Die Unterscheidung zwischen Fälschung und 
antikem Gegenstand wird natürlich nicht immer eine 
leichte sein. Entscheidend ist die Anschauung, die 
sich im Verkehr zwischen anständigen Verkäufern 
und anständigen Käufern entwickelt hat. 
Unabhängig von der Eigenschaft der Antiquität 
können auch sonstige Fragen auftauchen, wenn es 
sich um die Wirksamkeit des Geschäftes handelt. 
Dies zeigt folgender Fall: A hatte dem B im Jahre 
1895 eine Serie Merkur-Marken verkauft, eine rote, 
eine gelbe und eine rosa Marke, zusammen um 400 
Gulden, hiebei für die Echtheit garantiert. Sodann 
wurde im Prozeß durch Sachverständige festgestellt, 
daß die rote Marke unecht, 'daher wertlos sei, wäh 
rend die echte rote Merkur-Marke im genannten 
Jahre mindestens 300 Gulden wert war. Festg'estellt 
wurde auch, daß Merkur-Marken innerhalb des 
Satzes denselben Wert haben wie außerhalb dessel 
ben. Der Oberste Gerichtshof entschied, daß das 
Geschäft rück-sichtlich der roten Marke wegen Irr 
tums anfechtbar sei. Hiebei wurde auch geprüft, ob 
nicht die Erwerbung der drei Marken ,,in Bausch 
und Bogen" erfolgte; die Entscheidung lautete dies 
falls dähin, man könne von einem derartigen Ge 
schäft nicht sprechen, bei einem Kaufe von drei 
Marken bestimmter Beschaffenheit, mit einem ganz
	        
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