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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1869 / 49)

Diese sogen. Industrieschule besteht aus einem Saale, in welchem 
alle lernlustigen Berchtesgadener (es werden nur geborne Berchtesgadener 
in die Schule aufgenommen) unentgeltlich für die Holzschneidekunst 
herangebildet werden. Die Schüler werden beiläufig ein Jahr oder nach 
Befähigung auch kürzere Zeit im Zeichnen unterrichtet, dann bekommen 
sie Vorlagen zu leichteren Schnitzarbeiten und Uebungen im Modelliren, 
und schreiten dann rasch, je nach Talent, zu schwierigeren Holzschnitz- 
arbeiten vor. 
Das Materials, aus welchem diese Schnitzarbeiten verfertigt werden, 
ist Birnbauln, Aepfel-, Ahorn-, Zirbeh, Linden-, Nussbaum- und Weiss- 
pappelholz. Sobald die Schüler entsprechende Arbeiten liefern, gewöhn- 
lich im zweiten Jahre, theilt denselben der Lehrer je nach Befähigung 
künstlerische Aufgaben zu, welche sofort verkauft werden und von deren 
Erträgniss ein Theil den Schülern übergeben wird. Dadurch erhalten 
diese sehr bald einen anständigen Erwerb und werden an die Anstalt, 
die ihnen Brot gibt, gefesselt. Es gingen in den letzten Jahren ausser- 
ordentlich geschmackvolle und künstlerisch schöne Schnitzwerke aus 
dieser Schule hervor, welche auf den Ausstellungen zu Paris, Salz- 
burg etc. Anerkennung und Preise errangen. Der Kunsthändler Herr 
Anton Baldi in Salzburg hat mit dem Vorsteher dieser Anstalt einen 
Vertrag abgeschlossen, in Folge dessen derselbe alle Arbeiten, welche in 
der Schule verfertigt werden, für seine Handlung in Salzburg ankauft 
und zu diesem Behufe Herrn Hohm mittheilt, welche Arten von Holz- 
schnitzwerken am meisten gesucht oder bestellt sind, Auf diese Art 
gehen also namhafte Summen österreichischen Geldes in das Ausland, um 
dafür von dort Waaren einzutauschen, welche ebenso gut im Inlande 
producirt werden könnten, wenn die entsprechenden Unterrichtsmittel 
hiezu dargeboten würden. 
Ansserdem ist zu erwähnen, dass die Schüler dieser Industrie- 
Anstalt, sobald sie vollständig ausgebildet sind, nach Hause zurückkehren 
und daselbst sich theils als Hauptbeschäftigung, theils als Nebenverdienst 
mit Holzschnitzarbeiten befassen, die sie dann entweder direct an Fremde, 
oder an Kunsthändler verkaufen. Dadurch wird dem Berchtesgadener 
Thale eine fortwährende Erwerbsquelle gesichert, welche von nicht zu 
unterschätzender national-ökonomischer Bedeutung ist. 
Die königl. bayrische Regierung scheint auch von diesem Gesichts- 
punkte aus den fraglichen Industriezweig fortan noch thatkräftiger fördern 
zu wollen, indem sie dem Lehrer dieser Fachschule, als er heuer die 
Medaille der Pariser Ausstellung für die unter seiner Leitung ausgeführten 
Arbeiten aus den Händen des Hrn. Ministers empfing, in Aussicht stellte, 
dass ihm in Kurzem auch ein zweites grösseres Locale für Anwendung 
von Maschinen zu Holzschnitzarbeiten zur Verfügung gestellt werde. 
In analoger Weise wie in Berchtesgaden liesse sich auch in Hal- 
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