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INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Nr. 3
Zusammenhang eine ungeahnte Erhöhung der Preise
zur Folge hatte. Bei geringen Schwankungen dieser
Preisbildung erhielt sich das Niveau bis in den Ver
lauf des Weltkrieges und noch in der Nachkriegs
zeit wechselten manche erstklassige Kunstwerke
ihre Besitzer zu Summen, welche das Staunen in
Sammler- und Laienkreisen erweckten. — Aber lang
sam und schleichend begann sich der Abstieg zu ent
wickeln, wohl als eine Folge der rasenden Welt
wirtschaftskrise und nun meldet sich die Befürch
tung, ob weiterhin noch Geld für künstlerische
Zwecke zur Verfügung stehen wird und der beau
reste desselben bloß sportlichen Zwecken und Zielen
gewidmet bleibt.
In vollem Maße beschweren die hier skizzierten
Verhältnisse das Kunstgebiet der Miniaturmalerei
und erhöhen die Besorgnisse ihrer Hüter.
Die im Sommer des Jahres 1931 von der Oester-
reichischen Nationalbibliothek im Vereine mit der
Gesellschaft der Bilder- und Miniaturfreunde veran
staltete Ausstellung des „gemalten Klein
porträts" hat es der weiten Oeffentlichkeit er
möglicht, einen Einblick in die Anfänge, den Werde
gang und die Blütezeit der beiden Gebiete in einem
gewissen Zusammenhänge stehenden Gattungen des
„Bücherschmuckes“ und der „Bildnisminiatur" zu ge
währen. — Der erstere beginnt im ersten Jahrhun
dert n, Chr, mit dem fingierten Porträt und bildet
sich in folgenden Jahrhunderten zur Wiedergabe des
realen Porträts vom Buchautor und -Schreiber und
erreicht im Mittelalter bis in das 16, Jahrhundert
eine künstlerische Vollendung in Form und Farben
gebung. — Eine gründliche Erforschung und viel
fache Veröffentlichung der „Handschriften" hat hier
volle Erfolge erzielt.
Das Kleinporträt — „Miniatur" genannt — als
Wiedergabe der realen Persönlichkeit, nimmt seinen
Beginn im 16. Jahrhundert mit Erzeugnissen in Oel
auf Kupfer und erreicht seine Blütezeit in dem Jahr
hundert etwa zwischen 1750 bis 1850 mit Arbeiten
auf Elfenbein, Goldemail und Velinpapier. — Eine
Reihe von Publikationen von Leisching, Lemlberger,
Laban, Dr. Grünstein, Bourgoing — um die wichtig
sten zu nennen — hat diese Zeit vollkommen erfaßt,
während die vorangegangenen Epochen noch der Er
schließung und Erforschung bedürfen,
Es ist zu hoffen und zu wünschen, daß nach
Lösung der Wirrnisse in der Politik und Volkswirt
schaft eine Belebung des Interesses und der Liebe
für die Künste und ihre Meister erfolgen wird.
Porzellan.
Von Angelo Freiherrn von Eisner-Eisenhof.
Daß seit der Gründung der „Internationalen
Sammler-Zeitung'* durch Norbert Ehrlich schon
ein Vierteljahrhundert vergangen ist, würde man
kaum glauben. Mit welchem Gefühl der aufrichtigen
Dankbarkeit wendeten wir uns alte Sammler an
diesen Mann, der den Mut aufbrachte, eine Zeit
schrift ins Leben zu rufen, die uns über alles am
laufenden erhält, was uns interessiert, über Auk
tionen und die dabei erzielten Preise, über interes
sante Erwerbungen, Ausstellungen etc. etc. Es ist
dies — nomen et omen — immer in ehrlichster und
uneigennützigster Weise geschehen und unzählige
Artikel und Notizen in der „Internationalen Samm
ler-Zeitung" waren für uns von großem Nutzen.
Ich brauche wohl nicht darauf hinzuweisen,
welche Wandlungen der Kunstmarkt in den 25 Jah
ren seit dem Erscheinen der „Internationalen
Sammler-Zeitung' 1 durchgemacht hat. Wie viele be
rühmte alte Sammlungen sind seitdem vom Wiener
Boden verschwunden, ich erinnere nur an die
Sammlungen Miller von Aichholz, Dr. Figdor,
Benda, Max Strauß, Karl Mayer, nicht zu reden von
den Sammlungen der Kriegsgewinner, der Castigli-
oni et tutti quanti, von denen das Wort gelten kann:
Wie gewonnen, so zerronnen! In der gleichen Weise
wie das Glück der Kriegsgewinner schwankten die
Preise, die heute infolge der entsetzlichen Wirt
schaftskrise einen unglaublichen Tiefstand erreicht
haben. Es steht damit aber nicht im Widerspruch,
daß auch jetzt erstklassige Stücke großartige Prei
se erzielen: für die „großen Kanonen' 1 findet sich
eben da oder dort noch immer Geld, Man konnte
das erst jüngst bei Auktionen in Paris. Rom und
Berlin sehen.
Bei meiner speziellen Liebhaberei, dem Por
zellan, konnte man in der letzten Zeit ein Sin
ken der Preise beobachten, das traurig zu stimmen
geeignet war. Was vor dem Weltkrieg etwa 100
Kronen kostete, in der sogenannten Schieberzeit
mit 500 bis 1000 S bezahlt wurde, kann man heute
um 50 bis 100 S erwerben. Zum Beispiel erhält man
schöne Wiener Schalen aus den Jahren 1818 bis
1825 um 30 bis 50 S. Mir selbst ist es vor kurzem ge
lungen, eine tadellos erhaltene Caipodimonte-Figur
aus der Zeit König Karls III. um — 70 S zu erste
hen. Eine solche Figur wäre noch vor wenigen
Jahren nicht unter 1000 S zu haben gewesen. Na
türlich darf man nicht vergessen, daß der Wiener
Porzellanmarkt, den ich vornehmlich im Auge habe,
nur für Wien oder Meißen, in geringem Maße neu-
estens auch für Altchina und Japan Interesse zeigt,
französisches und spanisches Porzellan findet hier
selten Abnehmer, es sei denn, daß es Händler für
den Verkauf im Ausland kaufen.
Momentan ist Porzellan überhaupt nicht Mode.
Es werden Stiche, Bilder gut verkauft, nach Por
zellan ist keine übermäßige Nachfrage. Ueberhaupt
das Sammeln jetzt! Die jetzige Generation ist ganz
auf Sport und Tanz eingestellt, wo bleibt da die
Zeit fürs Sammeln? Aber auch das wird sich än
dern, der Sammeltrieb muß und wird sich früher
oder später auch hier durchsetzen. Wir alten Samm
ler haben unsere Freude an unserem Besitz und
wünschen nur, daß er uns erhalten bleibe. Und auch
den Wunsch haben wir, daß die „Internationale
Sammler-Zeitung" in dem schweren Kampf um die
Existenz nicht unterliege. Wir schätzen und brau
chen dieses Organ, Glückauf zum nächsten Jubi
läum!