MAK
Nr. 5 
INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG 
Seite 51 
nach dem Trocknen Ueberflüssiges ab, Glätten mit 
Falzbein, später eventuell A.ufrauhen mit Nadel oder 
Bimsstein. Brotteig ist ungeeignet, ja durch die 
Härte und Gärungsgefahr sogar gefährlich, wie auch 
durch die Pilzbildung. Auch fällt er bald aus oder 
verfärbt sich. 
Risse erfordern eine ruhige, geübte Hand. Sie 
roh zu verkleben oder zu unterlegen, ist unschön. 
Das Papier muß angefeuchtet und mit Nadeln fein 
gerichtet werden. Als Klebemittel nur reinen Klei 
ster in starker Verdünnung benutzen. Evtl. Presse. 
Was am einfachsten scheinen will — Risse wieder 
zusammenzuflicken — ist in Wirklichkeit am 
schwersten. Nichts ist erbarmungswürdiger als ein 
schlecht geflicktes Blatt. Für wenig Geld fügt es der 
Restaurator so zusammen, daß man den ehemaligen 
Riß kaum mehr mit bloßem Auge erkennt. Und die 
paar Pfennige spare man nicht — sie rentieren sich 
jedesmal, wenn man das gut geflickte Blatt zur Hand 
nimmt von neuem. Unterlegen kann jeder, gut zu 
sammenfügen nur der geschickte Restaurator, 
Bieg- und Bruchfalten befeuchtet man rück 
wärts und läßt das Papier etwas anquellen. Nach 
halber Trocknung bestreicht man die Rückseite mit 
Kleister, der eingezogen wird oder mit Stärke. Denn 
die Bruch- und Faltbewegung hat das Papier in 
seiner Fasersubstanz gelockert, sodaß es einer Ver 
steifung bedarf. Den Bruch kann man dann bügeln; 
besser preßt man ihn. Gewöhnliche Falten und Knit 
ter läßt man durchnässen und bügelt sie dann fest. 
Kompliziertere Brüche mit Substanzverlust und 
Durchrissen sind Sache des Restaurators, wie auch 
solche mit verriebenem Bruch. 
Kratzer und Griffelspuren können ein Blatt sehr 
störend beeinträchtigen und sind oft schwer zu ent 
fernen. Auf Blättern mit plastischem Druck sind sie 
geradezu unreparabel. Man kann versuchen, durch 
Anfeuchten und Anquellen die durch den Kratzer 
koinptimierte Papiersubstanz wieder aufzulockern, 
man kann dann versuchen, von der Rückseite her 
mit dem Falzbein unter leichtem Druck auf Glas- 
urderlage nach hinten beim Kratzer ausgewichenes 
Papier wieder in die Fläche zu ebnen. 
Das Ablösen aufgeklebten Papiers von der 
Unterlage ist für den wenig geübten oder ungeduldi 
gen Sammler eine Quelle von Beschädigungen seiner 
Objekte. Man sollte das Ablösen eigentlich immer 
dem Restaurator überlassen. Will m,an es in einzel 
nen Fällen aber unbedingt selbst besorgen, so mache 
man sich den Grundsatz zu eigen; immer von der 
Rückseite her arbeiten. Man erweiche das Papier 
oder den Karton, auf den das Stück aufgeklebt ist, 
von hinten her, und zwar so, daß die Erweichung 
nicht nach vorn durchnäßt. Dann ziehe man den ge 
quollenen Karton mit dem Schabmesser vorsichtig 
ab. Ist seine Lage nurmehr dünn, versuche man ihn 
durch Reiben mit den Fingerspitzen vorsichtig 
Schicht für Schicht abzurollen. Zuletzt Schaben und 
dann, wenn die Leimschicht bloß liegt, verfahre man 
wie oben bei Leim- und Kleisterflecken angegeben 
worden ist. 
Das Bügeln der gewaschenen oder befeuchteten 
Stiche ist eine schwierige und riskante Manipula 
tion. Leicht schlägt sich Glanz an oder das Papier 
wird hölzern und hart. Darum vermeidet man das 
Bügeln, wo es nur geht. Man ersetzt es durch Be 
schweren des bügelfeuchten Stiches oder durch 
Pressen desselben. Trotzdem glanzig gewordenes 
Papier befeuchtet man wieder und massiert es dann 
vorsichtig mit den Fingerspitzen wieder rauh, oder 
man behandelt es mit feinstem Bimsstein. 
Es sind dies die hauptsächlichsten einfachen 
Restaurierungen, die sog. Zurichtungen, Jeder 
Sammler sollte sie zum mindesten einmal selbst ver 
sucht haben, schon um zu wissen, daß der Restau 
rator der sicherere Weg ist. Und dann, um die viel 
fältigen Erfahrungen nicht zu vermissen, die diese 
Praxis ihm bringt. 
Die Literatur über dieses Gebiet ist gering (und 
für die Praxis nur anleitend, ohne schwere Lehr 
gelder und Enttäuschungen zu ersparen]. Die aus 
führlichsten Anleitungen gibt Lucanus (Haiberstadt 
1882), dann Bernadot in seiner ,,Kunst Kupfer zu 
restaurieren“ (Quedlinburg 1858). Auch Schall mit 
seiner „Ausführlichen Anleitung...“ (Leipzig 1863). 
Neuere Methoden veröffentlichen Joseph Meder in 
seinem Werke über die „Handzeichnung“ (Wien 
1919) und Ludw. Kainzbauer (Wien 1919). Die 
Werke für Sammler von Holzschnitten, Radierun 
gen und Kupferstichen (Leporini, Ehlotzky, etc.) 
bringen ebenfalls Material. Auch H. W. Singer er 
wähnt einiges in seinem Nachschlagewerke „Die 
Fachausdrücke der Graphik“ (Hiersemann, Leipzig 
1933) und das Jahrbuch für Bücherkunde und Lieb 
haberei (Nikolassee b. Berlin 1909) bringt von A. 
Bogeng eine interessante Tabelle über die Fleck 
entfernung auf Papier und Stoffen. (Jahrbuch, Seite 
136 ff.) Damit dürfte die deutschsprachige Litera 
tur erschöpft sein, der sich dieser Aufsatz anschlie 
ßen will. Die mir bekannte englische und französi 
sche Literatur ist noch geringer und meist noch 
weniger aufschlußreich. Bezüglich der Japandrucke 
enthält die Kaiserl. Bibliothek in Yedo angeblich ein 
größeres neueres (1900) Manuskript. 
Worum ich den Sammler beneide . . . 
Von Dr. Wilhelm Stekel (Wien). 
Hat man Gelegenheit, viele nervöse Menschen 
zu analysieren, so kommt man zu der überraschen 
den Erkenntnis, daß diesen Kranken „Interessen“ 1 
fehlen. Interesse ist ein Gefühlsmoment. Interessiert 
sein heißt, emotionell an einem Vorgang beteiligt 
sein. Interesse ist gleichbedeutend mit einem affek 
tiven Vorgang. Nun, unsere Patienten haben eine 
überwertige Idee, die sie beherrscht und allen an 
deren Ideen den Affekt entzieht. Sie sind im Sinne 
von Jung intravertiert, d, h. nach innen gekehrt. 
Gelingt es dem Seelenarzt, sie für die Außenwelt zu 
interessieren, sie also zu extravertieren, so ist der 
Weg zur Heilung offen, 
Die Menschen haben ein großes Bedürfnis nach 
Affekten. Man könnte sagen, sie leiden an einem 
chronischen Affekthunger. Abwesenheit der Affekte 
erzeugt Langeweile, Gleichgültigkeit dem Leben 
gegenüber, ja sogar Lebensüberdruß. 
Glücklicher Sammler! Ich will nicht die Hinter 
gründe deines Sammelns analysieren. Ich will nur 
dartun, daß ich dich um das „Affekttheater“ be 
neide, das dir deine Sammelmanie bietet. Was er-
	        
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