MAK
Nr. 7 
INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG 
Seite 75 
Chronik. 
AUTOGRAPHEN 
(Die Autographensammlung des Barons Henry de Roth 
schild.) Wie uns aus Paris gemeldet wird, hat Baron Henry 
de Rothschild seine großartige Autographensammlung der 
französischen Nationalbibliothek zum Geschenk gemacht. Der 
Baron legte die Sammlung im Jahre 1885 an. In den 47 Jahren, 
die seitdem verflossen sind, hat er mehr als 5000 Handschriften 
vom 14. Jahrhundert ibis in die Gegenwart zusammengabraoht. 
Die kostbarste Abteilung ist die des Mittelalters und der 
Renaissance: Sie umfaßt 312 Stück. Zur zweiten Abteilung 
gehört eine Rossuet-Spezialsammlung von nicht weniger als 467 
von dem großen Kanzelredner herrührenden oder ihm betreffen 
den Dokumenten. Vom Beginn des 18. Jahrhunderts an sind die 
bedeutenden französischen Schriftsteller, insbesondere Victor 
Hugo, sehr stark vertreten. Unter den deutschen Schrift 
stellern brilliert Heinrich Heine, von dem auch eine Anzahl 
bisher noch unveröffentlichter Briefe vorhanden ist. 
BILDER 
(Ein neuentdeckter Dürer.) In der alten Galerie des 
Schlosses W eissenstein bei Pommersfelden hängt das 
Bild eines „Schmerzensmannes" in halber Figur, das bisher 
nicht recht beachtet wurde, da es stark übermalt war. Nun 
ist es restauriert worden und Prof. D.r, Hans Swa-r zenski 
erkannte darin ein Werk Dürers. Die Halhfigur Christi ist 
als „Barmherzigkeit" gemalt. Der Heiland sitzt mit nacktem 
Oberkörper da, ein wenig von der Seite gesehen, den Kopf 
nach vorn mit dem Ausdruck des Erbarmens gewendet. In dem 
lockigen Haar sitzt eine schwere Dornenkrone. Nun weiß 
man, daß Dürers Gönner, Kardinal Alfer echt' von Bran 
denburg, der Hohenzoller, dessen Bildnis Dürer gestochen 
bat, das Bild einer „Barmherzigkeit“ von Dürer besaß und dem 
Mainzer Domstift im Jahre 1540 vermachte. Dies Bild ist, wie 
Swarzenski wahrscheinlich macht, in Pommersfelden erhalten 
geblieben. Es muß aus dem Jahre 1523 stammen; im Jahre 
zuvor schuf Dürer eine jetzt in Bremen befindliche große 
Zeichnung, die fast ganz mit dem Bilde übereinstimmt, aber 
den Charakter eines Selbstbildnisses hat. 
NUMISMATIK 
(Deutsche Münzen des Mittelalters.) In ihrem Stamm 
haus in Frankfurt versteigert die Münzenhandlung Adolph 
Heß' Nachf. am 10. April eine Sammlung deutscher Münzen 
des Mittelalters und den bedeutenderen Teil des Fundes 
von Sendenhorst, der Denare der Grafschaften Mark und 
Limburg und niederländische Groschen und Wittenpfennige von 
pommerschen, mecklenburgischen und niedersächsischen Städten 
umfaßt. 
(Münzenfund.) Eine jugoslawische Finanz-Patrouille hat 
bei Nachforschungen nach geschmuggeltem Tabak im Grenz 
bezirk Kocane einen irdenen Topf mit Gold- und Silber 
münzen im Werte von ungefähr 3 Millionen Dinar gefunden. 
Man glaubt, daß dieser Schatz während der Balkankriege ver 
graben wurde. 
PHILATELIE. 
(Potsdamer Marken.) Die deutsche Reichspost gibt zur 
Erinnerung an die Feier in der Garnisonskirche in Potsdam 
aus Anlaß der Eröffnung des Reichstages am 21. März eine 
Gedenkpostmarke und Freimarken mit dem Bild 
nis Friedrichs des Großen in den Werten zu 6, 12 
und 25 Pfennig heraus. Die Gedenkpostmarke trägt auf der 
linken Hälfte ein Bild der Garnisonskirche mit einem Hinweis 
auf den feierlichen Staatsakt. 
(Artur Hind f.) ln Amerika ist der bedeutendste Brief 
markensammler nicht nur Amerikas, sondern der Welt, Artur 
Hin -d, im 77. Lebensjahre gestorben. Er war wohl immer ein 
bedeutender Briefmarkensammler, sein Name wurde aber erst 
berühmt, als er d ; e seltenste Marke der Welt, nämlich die nur 
iu einem Exemplar existierende Britisch-Guyana, bei der 
Ferrare-Auktion in Paris erstand. Hind bezahlte für dieses 
Unikat 30.000 Dollar. 
VERSCHIEDENES 
(Auszeichnung.) Der Bundespräsident bat dem Obmann 
des Verbandes der Kunstauktionsfirmen in Wien, Ferdinand 
Fischer, den Titel eines Kommerzialrates verliehen. Herr 
Fischer ist Gesellschafter des bekannten Auktionshauses 
J. Fischer in der Strobachgasse, das sich erst in den letzten 
Tagen durch die Versteigerung des Nachlasses des Verlegers 
W o 1 f f bemerkbar gemacht hat. 
(Der Kunsthistoriker Robert Vischer f.) ln Wien ist der 
Kunsthistoriker Professor Dr. Robert Vischer, der Sohn 
des unvergessenen schwäbischen Aesthetikers und Dichters 
Friedrich Theodor Vischer, im Alter von 86 Jahren ge 
storben. Er hatte 1873 in seiner Vaterstadt Tübingen promo 
viert, und seine Dissertation „Ueber das optische Formgefühl“ 
machte seinen Namen bald in allen kunstgeschichtlichen 
Kreisen bekannt. Nach mehrjähriger Wirksamkeit in München, 
Breslau und Aachen übernahm Robert Vischer 1893 die ordent 
liche Professur in Göttingen. Er blieb dort bis 1911 und siedelte 
sich darnach in Wien an. Als Kunsthistoriker verband er die 
ästhetischen Prinzipien der kunstgeschichtlichen Anschauung 
mit den Prinzipien der reinen historischen Darstellung und 
wurde so ein Vorläufer Heinrich Wölfflins. Er veröffentlichte 
Studien zur Kunst der italienischen Renaissance, unter ihnen 
eine grundlegende Schrift über Luca Signorelli, den Haupt 
meister der umbrischen Malerei,' zog eine Parallele zwischen 
„Kunst und Humanismus", die vielfache Anregung bot, und 
schrieb 1904 eine kleine Schrift über Rubens. 
(John Quincy Adams f.) In Wien ist der Maler John 
Quincy Adams gestorben. Adams, der 58 Jahre alt geworden 
ist, wandte sich frühzeitig dem Porträt zu und erzielte nament 
lich als Maler schöner und eleganter Frauen große Erfolge. Im 
Weltkriege bewährte er sich auch als brillanter Kriegsmaler, 
der weit mehr zuwege brachte, als bloße Schlachtfeldreportage. 
(Tod bekannter Sammler.) In Berlin ist der Vorsitzende 
des Aufsichtsrates der Ullstein A. G„ Lo>uis Ullstein, ge 
storben, der als Kunstsammler von ausgeprägtem persönlichem 
Geschmack bekannt war. 
(Tragödie der Not.) In Wien haben der 56jährige Anti 
quitätenhändler Julian Seliger und dessen 50jährige Gattin 
Valerie Selbstmord verübt. Seliger betrieb jahrelang in der 
Naglergasse ein Antiquitätengeschäft, das er infolge der Un 
gunst der Verhältnisse immer mehr einschränkte, Schließlich 
wußte man nicht mehr, ob es ein Antiquitätengeschäft oder ein 
Laden für Papierwaren, moderne Gläser u, dgl. war. 
(Der erste internationale Kunsthändlerkongreß.) Am 14. 
Mai wird in Mailand der internationale Kongreß 
der Händler antiker und moderner Kunst statt 
finden. Es ist dies der erste seiner Art, nicht nur in Italien, 
sondern auch der ganzen Welt, Zu diesem Kongreß sind auch 
die Künstler, Kritiker, Museumsdirektoren. Sammler, sowie alle 
Kunstliebhaber eingeladen. Auf der Tagesordnung steht ein 
reichhaltiges Programm, das hauptsächlich praktische Resultate 
bezweckt. 
(Zum Tode Hermann Frommes.) Herr Fritz Szamek 
teilt uns mit, daß er mit dem aus dem Leben geschiedenen 
Kunsthändler Hermann Fromme in regen geschäftlichen 
Beziehungen stand. Im November 1927 veranstaltete er auch 
gemeinsam mit ihm die Versteigerung des Nachlasses des Hof 
rates W a««eriburger, die großen Erfolg hatte. 
(Die Hosen Napoleons.) Aus Paris wird gemeldet; Der 
Leiter der Napoleon-Abteilung des Louvre soll in die Provinz 
strafversetzt worden sein, weil die Hosen, die Napoleon 
bei Waterloo trug, von Motten zerfressen sind. 
(Die Persephone von Lokri — eine Fälschung?) Um die 
berühmte archaische thronende Göttin, die Persephone von 
Lokri, das Hauptstück des Saales IV im Alten Museum 
zu Berlin ist ein heftiger Streit entbrannt. Man erinnert 
sich, daß dieses Bildwerk kurz vor Beginn des Krieges um 
den riesigen Preis von anderthalb Millionen Goldmark ange- 
kauft worden ist, ein Preis, der nach unseren heutigen Vor 
stellungen geradezu ans Märchenhafte grenzt. Nun behauptet 
der italienische Gelehrte Professor Ga 11 i, der Direktor des 
Museums Reggio di Calabria, diese Statue sei eine F ä 1 - 
scihung. Er will den Beweis für diese Behauptung in einer 
wissenschaftlichen Abhandlung erbringen, die in einer in 
Messina erscheinenden archäologischen Zeitschrift veröffent 
licht werden soll. Man kann auf den Aufsatz gespannt sein.
	        
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