Seile 100 INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Nr. 12/13.
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Pariser Versteigerungen.
Der Pariser Kunstmarkt bot in den letzten Juli
tagen wiederholt das Schauspiel großer Auktionen:
dreimal hintereinander füllte eine kauflustige Menge
den Hauptsaal der Galerie Charpentier,
Besonders erfolgreich war die Versteigerung
der prachtvollen Sammlung des Grafen von G r a -
’m ö nt. Man begann mit den kunstgewerblichen
Arbeiten, die einst zum Besitze des Barons Charles
von Rothschild gehörten. Ein großer Humpen
aus geschnitztem Elfenbein (Augsburg, 17. Jahrh.)
brachte 12'.00Q Fr,, eine Emailplatte (Limoges,
16. Jahrh.) 19.000 Fr., eine Schale aus Bergkristall
aus der gleichen Zeit 25.300 Fr, Dann folgten die
wertvollen G e m ä 1 d e und Skulpturen. Das
Hauptobjekt war Fragonards bekanntes Bild
„Die glückliche Familie", das, mit- 200.000 Fr, ausge
rufen, für 600,000 Fr, erworben wurde; für die- bei
den großen Landschaften von Hubert Robert,
„St, Peter in Rom" und „Römische Ruinen 1 *, bot man
je 60.000 Fr,, für Nat tiefe Gemälde „Venus und
Adonis" 45,000 Fr,, für die Bronzegruppe „Nessus
und Dejanira“ von Jean de Boulogne 20,000 Fr.
Stark umstritten war die große silberne Suppen
schüssel mit dem Wappen des Herzogs von Aveiro,
ein Meisterwerk von Charles S p i r e aus den Jahren
1752/53, dessen Preis von 50.000 auf 175,600 Fr. ge
trieben wurde.
Sehr begehrt waren wie stets die kostbaren
Golddosen, von denen die schönsten es bis
19,100 Fr. brächten. Hohe Beträge 'Zählte man für
• die von berühmten Meistern, wie Boudin, Cresseni,
Feilt und Cochois, geschaffenen Möbel ; 88.000 Fr.
für einen großen Schreibtisch im Stil Louis XV,,
61.000 Fr, für einen kleinen Damenschreibtisch,
57.000 Fr, für einen Sekretärschrank, 53.100 Fr. für
eine Regence-Kommode. Für den herrlichen Beau-
vais-Wandteppich „Apollo und Clythia" nach Bou
cher gab man 102.000 Fr. (Taxe 80,000 Fr.), für
einen Gobelin „Die Jagden des Maximilian" nach
Bernard van Orl'ey 30.000 Fr. Der Gesamtehlös über
stieg, bei nur 98 Nummern und trotz vielen kleine
ren Werten, zwei Millionen Francs.
Starkes Interesse fand auch die Auktion von
alten Gemälden, Kunstgewerbe und M ü -
b e 1 n aus verschiedenem Privatbesitz. Besonders zu
nennen ist hier die Folge von vier Gobelins mit der
Darstellung der „Galerie von Saint-Cloud“ nach
P. Mignard, für die 130.000 Fr. erzielt wurden.
Für zwei Stilleben von Chardin bot man
24.500 Fr., für zwei Terrakotta-Statuetten „Junge
Mädchen" von C 1 o d i o n 46.000 Fr., für zwei Blu
menschalen in altem Sevres-Porzellan 32.000 Fr,
und für eine Salon-Garnitur mit Beauvais-Bespati-
Rung 4LOCK) Fr,
Bemerkenswert war auch die Versteigerung der
schönen Degas- S a m mlun g Mademoiselle J.
Fevre, die nahezu eine halbe Million Fr. eintrug.
Die- Einzelpreise waren sehr hoch: 50.200 Fr. wur
den für das bekannte Pastell „Im Louvre" gegeben,
44.100 Fr. und 20.000 Fr, für zwei Selbstporträts;
unter den Zeichnungen brachten drei Blätter von
Tänzerinnen 24.600 Fr,, dais Bildnis des Diego Mar-
telli 8000 Fr. und ein Selbstporträt des Meisters (
7400 Fr.
Sensationelle
Dias große Ereignis auf dem Pariser Kunst
markte war die Versteigerung des ersten Teiles der
Bibliothek Henri B e r a 1 d i. Der Name des Samm
lers, der als Verfasser wichtiger bibliophiler Werke
und als Begründer der „Soeiete des Amis des Livres 1 '
hohes Ansehen genoß, die Schönheit und der Wert
der hier angebotenen, in 60 Jahren zusammengetra
genen Bücher gaben dieser Auktion weittragende
Bedeutung.
Der iHauptsaal der Galerie Charpentier war
völlig überfüllt, vier Tage hindurch folgten Hunderte
bekannter Sammler mit Spannung dem Verlaufe der
Versteigerung. So rege das Interesse, so lebhaft der
Kampf: rasend schnell folgten die Angebote, oft um
Tausende und Zehn tausende sich überbietend; die
Preise erreichten nicht selten das Fünf- und Zehn
fache des Angebotes. Und wohl niemand hatte ver
mutet, daß in heutiger Zeit solche Summen für
Bücher bezahlt würden, daß die 350 Werke, unter
denen, doch auch so manche kleinen u-nd mittleren
Werte waren, rund 7 y 2 Millionen Francs
erzielen würden. Dabei hatte man das Hauptstück,
das Manuskript der „Erzählungen und Novellen"
von Lafontaine, mit den 57 Sepia-Zeichnungen
von F r a g o n a r d, im letzten Augenblick aus der
Versteigerung gezogen; unter dem Vorsitze von
Präsident L ebru n, Ministerpräsident Doum'er-
g u e und dem Minister des Auswärtigen B a r t h o u
hatte sich ein Komitee von Kunstfreunden gebildet,
Bücher preise.
das dank dem Entgegenkommen der Familie Beraldi
und unter Inanspruchnahme der Stiftungen Dutuif
den Verkauf dieses einzigartigen Werkes ins Aus
land verhindern und den Erwerb für die staatlichen
Sammlungen ermöglichen konnte. Der Preis wird
zwar geheimgehalten, doch spricht man allgemein
von zwei Millionen Francs. Und ein anderes
wertvolles Stück, die Sammlung von Schriften zum
Ruhme der Mlle. C 1 a i r o n, einer gefeierten Schau
spielerin des 18, Jahrhunderts, wurde von den Erben
Beraldis der Bibliothek M a z a r i n i geschenkt.
Die Auktion selbst brachte 4,7 8 8,0 0 0 F r a n c s,
d. h. mit Aufschlag rund 5/4 Millionen. Gleich zu
Beginn gab es ein kleine Sensation — der für Diane
de P o i t i e r s geschaffene Prachtband der „Historiae
animalium' 1 von Gessner, mit 20.000 Fr. ausge
rufen, wurde von der Comtesse de B e h a g u e für
210.000 Frs. erworben. Noch höher wurden einige
der illustrierten Bücher des 18, Jahrhun
derts und die Serien der Origin alzeichnun-
g e-n der gleichen Epoche bewertet, mit 305.000 Frs.
das kostbare Exemplar der „Metamorphosen“ des
O v i d mit Zeichnungen von Moreau, Boucher.
Eisen usw„ mit 300,000 Frs. die von B oucher
_illustrierte M o 1 i e r e - Ausgabe mit dem Wappen
der Herzogin von Montmorency-Luxem-
b o u r g, mit 232.000 Frs. die vierbändige Ausgabe
der Chansons von jL a Borde mit Kupferstichen
I von Moreau; 200.000 Frs. bot man für die voll-