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INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG
Nr. 4/5
jene Bücher in Schloß Ambras, bei Hof (Wappen
turm) und in der Regierung, welche den Studien
nützen, auch die verbotenen Werke, die hiezu tau
gen, der Universität zu einer eigenen Bibliothek aus
zufolgen, jährlich 300 fl. zum Ankäufe neuer Bücher
aufzuwenden und von jedem neuen Professor, wo
fern er nicht Ordensmann ist, Bücher im Werte von
20 bis 30 fl. abzufordern. Außerdem wurde die Ver
pflichtung eingeführt, daß von jedem im Lande ge
druckten Werke ein Stück an die neue Bibliothek
abzuliefern sei. Es kam jedoch zunächst noch nicht
zur Durchführung des kaiserlichen Befehls, Der
Schloßhauptmann von Ambras machte wegen Aus
lieferung der vielen Kupferstiche Schwierigkeiten und
auch die Universitätsprofessoren sahen ln der Neu
gründung eine Schmälerung des Universitätsfundus.
Erst nach langwierigen Bemühungen Dr. Roschmanns
kam die kgl. Resolution Maria Theresias
vom 22. Mai 1745 zustande, daß die Entschließung
ihres Vaters von 1735 durchgeführt und Roschmann
als Bibliothekar der neuen öffentlichen theresiani-
schen Bibliothek damit betraut werde. Somit wurde
nicht eine akademische, sondern eine staatliche
Hauptbibliothek in Innsbruck mit 12.262 Bänden er
richtet, zu der auch die wertvolle Kupferstichsamm
lung in 31 Foliobänden gehörte. Roschmann betrieb
nun die Herstellung der Bibliotheksräume in der
Herrengasse und die Aufstellung der ausgelieferten
Werke, so daß die Bibliothek schon Ende des Jahres
:im großen und ganzen eingerichtet war und am 2. Juli
1746 feierlich eröffnet werden konnte.
Durch die Aufhebung des Jesuitenordens von
1773, durch die erste josefinische Klosteraufhebung
und vornehmlich durch die zweite unter Bayern er
hielt die neue Bibliothek großen Zuwachs an Hand
schriften und Frühdrucken; doch mußten bei der Re
stauration verschiedener Stifte unter Kaiser Franz
und nach dem Weltkriege bedeutende Teile zurück
gestellt oder dem italienischen Staate überlassen
werden.
In den Jahren 1786 87 übersiedelte die Bibliothek
aus dem Rennwegflügel des alten Statthaltereige
bäudes der Herrengasse in das ehemalige Gymnasial
gebäude der Jesuiten, Die Leitung oblag dem Gelehr
ten Anton Bapt, Primisser, Auch die landständi
sche Bücherei sollte mit der Staatsbibliothek ver
einigt und damit ^eine einheitliche Staats- und Lan
desbibliothek geschaffen werden. Leider kam es nicht
zu dieser Vereinigung. Durch die Aufhebung der Uni
versität wurde vielmehr auch die Bedeutung der Bi
bliothek herabgesetzt und geriet mancher ihrer
Schätze auf den Markt.
Erst im Vormärz unter dem Bibliothekar Doktor
Mart. Scherer erwachte wieder stärkeres literari
sches und wissenschaftliches Leben, die Zahl der
Werke stieg von 32,000 Bänden auf 45.000, der Direk
tor des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs Hofrat
jlgn, Frh. v. Reinhart vermachte seine Bücher der
Anstalt, die Benützung der Bibliothek stieg 1849 auf
13.000 Entlehnungen. Großen Aufschwung nahm die
Bibliothek seit der Leitung von Dr. Friedr, Leithe.
Die Zahl der wissenschaftlichen Beamten wurde auf
sechs erhöht, die staatliche Dotation auf 4000 fl,, der
Bücherbestand auf 70.000. Unter seinem Nachfolger,
dem hervorragendsten Tiroler Volkskundler jener
Zeit, Ludwig v. Hörmann, kamen der Bibliothek
große Schenkungen zu und wurden die tirolischen
Drucke systematisch zu sammeln begonnen. Die Ab
lösung von Buchdeckeln führte zu wichtigen Funden.
Dr, Anton H i 11 m a i r übernahm 1903 die Biblio
thek mit fast 182.000 Bänden. Unter ihm wurde der
erste Spatenstich zum neuen Bibliotheksgebäude am
Innrain neben den medizinischen Instituten getan.
Sein Nachfolger Dr, Ludwig Sprung bereitete die
Neuaufstellung der Bibliothek während des Baues
vor; jedoch trat der Weltkrieg hemmend dazwischen;
das gerade vollendete Gebäude wurde als Militär
spital in Anspruch genommen und mußte hernach im
Innern vollständig wieder hergestellt werden, Doktor
Sprung traf im Amte der Schlag. Prof, Dr. Heinrich
Pogatscher führte die schwierige Uebersiedlung
1924 durch und verstand durch Herstellung neuer in
ternationaler Beziehungen die Bibliothek wesentlich
zu bereichern. Die Bibliothek zählt nun 370,000
Bände einschließlich der Dissertationen, eine große
Reihe von Schulschriften und anderer kleiner Drucke,
Musikalien und Bilder, über 1600 Wiegendrucke und
über 1000 Handschriften, Seit Jahresfrist hat der bis
herige Oberstaatsbibliothekar Dr, Rud. Fiatscher
die Leitung inne.
Mit der räumlichen Annäherung an die Univer
sität und deren Vervollständigung iiberwog in der
Staatsbibliothek allmählich der Charakter der Uni
versitätsbibliothek, so daß nach außen kaum mehr er
kannt wird, daß die Bibliothek als Haupt- und Staats
bibliothek gegründet wurde und noch heute auch als
öffentliche Bibliothek für jedermann zu dienen hat,
ilm Uinversitätsviertel von Innsbruck erhebt sich das
Bibliotheksgebäude als Vorkriegsbau — die Univer
sität selber wurde erst im Krieg ausgebaut und daher
vereinfacht — vorteilhaft heraus. Es ist der modernste
staatliche Bibliotheksbau im jetzigen Oesterreich.
Eduard von der JCeydt über das Sammeln.
Eduard von der Heydt, bekanntlich einer der
größten Ostasiatica-Sammler der Erde — zur Zeit
sind im Kunstgewerbemuseum in Z ü r i c h 90 chine
sische und japanische Gemälde aus acht Jahrhun
derten aus dem Besitze Heydts ausgestellt — weilte
dieser Tage in Wien, wo ihn ein Interviewer er
suchte, sich darüber zu äußern, wie er zum Samm
ler geworden ist,
Heydt erwiderte: »Wie man zum Sammler wird
oder, genauer gesagt, wie ich zum Sammler gewor
den bin? Die Antwort darauf kann nur lauten: man
muß dazu geboren sein, und ich, im speziellen Fall,
bin es wortwörtlich insofern, als schon mein Vater
gesammelt hat, allerdings auf ganz anderem Gebiet.
Seine Domäne war moderne Kunst lebender, na
mentlich deutscher und französicher Meister,
und das Museum in Elberfeld birgt die Früchte
seines Eifers. Aber weniger durch die Künstler und
Gelehrten, die in meinem Vaterhause aus- und ein
gingen, kam ich in meine geistige Heimat, sondern
durch die jedem jungen Mann damals fast selbst
verständliche Lektüre Schopenhauers, die mir die
indische Philosophie erschloß. Von Indien nach Ost
asien führt der gerade Weg, und daß ich in der