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Seile 36 
INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG 
Nr. 6 
Htät beigefügt: von Jan Gabrielsz Sonje eine große 
Flußlandschaft, von Bartholomäus van Bassen das 
Innere der Kirche St. Peter in Löwen, von B e 11 in i 
eine von Bode begutachtete ,,Beweinung Christi“, 
von Lenbach ein Bildnis Bismarcks in der Uniform 
der Halberstädter Kürassiere und —- last, not least 
— eine Hinterglasmalerei von Menzel, die einen 
Franziskanermönch im Kreuzgang eines romantischen 
Klosters zeigt. 
Mexandrine JCende. 
Einer- Frau von hervorragenden Gaben des 
Geistes und des Herzens hallt das dumpfe Requies- 
cat nach. Alexandrine Kende, die in der Nacht auf 
den 2, März vom Allerbarmer Tod von schwerem 
Leiden erlöst wurde, war eine in den Wiener Kunst- 
und Sammlerkreisen sehr bekannte und geschätzte 
Persönlichkeit. Theoretisch und praktisch in den 
Kunstwissenschaften gründlich vorgebildet — sie 
war eine (Schülerin Dvorzaks und Szygowskis und 
hatte unter Führung ihres kunstsinnigen Bruders, des 
Kommerzialrats Th. Ehrenstein auf Reisen ihr 
Wissen erweitert — trat sie in die Ehe mit dem be 
kannten Kunsthändler und Auktionshaus-Besitzer 
Albert Kende, dem sie nicht nur eine liebevolle 
Gefährtin, sondern auch die beste Mitarbeiterin 
wurde. 
Ihre Spezialität waren die Miniaturen, aber es 
gab kein Kunstgebiet, in dem sie nicht heimisch war. 
Sie expertisierte mit feinstem Kunstverständnis alle 
für die Auktionen bestimmten Objeke und es kam 
wohl nie vor, daß’ sie in der Bestimmung eines Ge 
genstandes daneben griff. 
Ein eigener Charme wohnte den Auktionsaus 
stellungen inne, die sie arrangierte. Wir gedenken 
hier nur der Ausstellung der Auktion Erzherzog 
Friedrich, die die Bewunderung aller Besucher 
erregte. Den vielen Fremden, die diese Versteigerung 
nach Wien zog, fiel das reizende Arrangement auf 
und sie drückten der bescheiden im Hintergrund sich 
haltenden Frau Kende ihre Anerkennung aus, 
Alexandrine Kende meisterte auch die Feder. In 
jungen Jahren überraschte sie durch ein ausgezeich 
netes Büchlein über Miniaturen und in der Folge 
nahm sie häufig Gelegenheit, die Ergebnisse ihrer 
kunstkritischen Studien in Zeitungen und Zeitschrif 
ten zu publizieren. Aufsehen erregte vor einigen 
Jahren eine Arbeit in der „Neuen Freien Presse“ 
über G u a r d i, in der sie den Nachweis führte, daß 
die_ Mutter des Künstlers eine Wienerin gewe 
sen sei, Ihr hatte, bemerkte sie fein, Guardi es zu 
verdanken, daß die meisten seiner Werke von der 
unnachahmlichen wienerischen Anmut umweht sind. 
Vom Bäckerlehrling 
, Eine (Karriere, die an eine Lesebuchgeschichte erinnert, hat 
nurch den Tod des berühmten : Kunstsammlers John Henry 
IS c r ib a n s ihr Ende gefunden, der in seinem Schloß, nahe 
von Birmingham im 58. Lebensjahre gestorben ist. Der Bau 
und die Ausschmückung dieses Schlosses hat phantastische 
Summen gekostet. Die eichengetäfelten Wände, die farben 
glühenden Deckengemälde, die marmornen Statuen lockten 
zahllose bewundernde Kunstfreunde in den inmittlen eines 
herrlichen Parkes gelegenen Palast, dessen Hausherr eine 
fürstliche Gastfreundschaft liebte. Er freute sich, wenn er den 
Gästen spine mit verschwenderischer Pracht eingerichteten 
Zimmer, die Gemälde und die Edelsteinsiammlung zeigen konn 
te, und er führte sie nicht nur in die Salons, sondern auch 
in das aus Marmor, Gold und Onyx komponierte Badezimmer 
und in die blitzblanke Küche. Der Park mit seinen wunder 
vollen Baumgruppen und wohlgeipflegten Rasenflächen, seinen 
Springbrunnen und Bronzestatuen bildete gleichfalls das Ent 
zücken aller Besucher. Besonders bevorzugte Gäste aber führte 
Auch die „Internationale Sammler-Zeitung“ hatte 
wiederholt das Vergnügen, Aufsätze der nunmehr 
Verewigten zu veröffentlichen. Wir erinnern nur an 
die gedankentiefen Betrachtungen über die Wiener 
Auktionen, die sie uns anläßlich unseres 25jährigen 
Jubiläums im Februar .1933 zur Verfügung stellte. Ihr 
.Schwanengesang war gleichsam das Vorwort zu dem 
Katalog der Auktion Egon und Alice F i e h 1. In 
rührenden Worten würdigte sie das Ehepaar, dessen 
Nachlaß unter den Hammer kam. Das Vorwort klang 
in die Ueberzeugung aus, daß alle, die dem Paar im 
Leben nahekamen, ihm ein dauerndes Andenken be 
wahren werden. Diese Worte können auch von Ale- 
xandrine Kende gelten. Auch sie wird allen unver 
geßlich bleiben, die mit ihr in Berührung traten. 
Die Wertschätzung, die die Verblichene genoß, 
kam in der Leichenfeier zu imposantem Ausdruck. 
T-rotz des stürmischen Wetters hatten sich zahl 
reiche Trauergäste aus allen Gesellschaftskreisen ein 
gefunden. Man sah u. a. den früheren Polizeivizeprä 
sidenten Hofrat P a m e r, den Ehrenchormeister des 
(Schubertbundes Hofrat Kehldorfer, die Piani 
stin Renee Gärtner, den Vizepräsidenten der 
Produktenbörse K.-R. H a n d 1, den Präsidenten der 
Vereinigung der Kunst- und Antiquitätenhändler 
K.-R. Berger mit vielen Mitgliedern der Ver 
einigung, Prof. Dr. Nowak, eine Abordnung der 
Elbemühl-Verlagsgesellschaft unter Führung ihres 
Prokuristen S t o n i c, Oberbaurat Ing. Stelzer, 
eine Abordnung der BB.-Loge Wien unter Führung 
(ihres Präsidenten Hofrat Dr. W e r n e r, Fabrikant 
Ludwig Honig u, v, a, 
Kondolenzen sandten: Herzog Dr. Max Hohen 
berg, Fürst Ernst Hohenberg, Sektionschef 
R. v. S o 1 v i s, Universitätsprofessor Dr. H u p k a, 
(Sandor W o 1 f, Hofrat Köhler, Cafetier Silier, 
Frau Dr. Melanie S t i a s s n y, Sektionschef a. D. 
Felix Weil, die Sammler Mille r-A i c h h o 1 z, 
Z i e r e r, Dr, Königstein u. v.a. Die Wiener 
Tagesblätter würdigten in Nachrufen die vielseitige 
Frau, die über ihrer reichen Betätigung auf dem 
Kunstgebiete auch nicht die Pflege der Musik ver 
nachlässigte, in der sie schöne Erfolge hatte. 
zum JCunctsammler. 
er gern in sein Arbeitszimmer und zeigte ihnen eine vergilbte 
Photographie: »Meine kostbarste Erinnerung«, Die Photogra 
phie zeigte einen Bäckerlehrling, in dessen Korb hochgetürmt 
die Brotlaibe übereinander geschichtet waren, John. Henry 
Scribbane war der Sohn eines Bäckermeisters in einem Dorf 
bei Birmingham. Er und sein Bruder arbeiteten im kleinen 
Laden ihres Vaters als Lehrlinge und Austräger. Sie grün 
deten später eine eigene Bäckerei und hatten Glück. Sie wur 
den wohlhabend, errichteten eine Brotfabrik und wurden all 
mählich die Herren eines gewaltigen Unternehmens. 1922 starb 
sein Bruder und 1927 verkaufte Mr. Scribbane seine Geschäfts 
anteile an einem Zweig des Unternehmens igegen eine unge 
heure Summe, die es ihm ermöglichte, sich seinen künstleri- 
, sehen Neigungen und seiner Sammelleidenschaft zu widmen. 
Doch blieb er auch weiterhin in enger Verbindung mit dem 
Stammunternehmen, da® seinen Namen trägt. Seine Witwe, 
sein Sohn und seine beiden Töchter sind die Erben des rie 
sigen Vermögens’ und seiner herrlichen Kunstschätze.
	        
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