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Nr. 4 
INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG 
stücken folgen und man wundert sich nicht, wenn man 
bei den einzelnen Nummern auf Vermerke stößt, wie. 
Ein gleiches Stück findet sich in Windsor Castle, 
im Victoria and Albert Museum in London, im Pa 
riser Louvre, in St. Cloud, in Cluny, im Münchener 
Museum, im Germanischen Museum in Nürnbergusw. 
Eines der allerschönsten und wertvollsten Stücke ist 
der sogenannte Carlin-Sekretär, Louis XVI., mit Mar 
morplatte und Bronzegalerie, der mit Platten aus 
Sevres-Porzellan mit Blumenbuketts eingelegt ist. 
Einen breiten Raum unter den Porzellanen neh 
men die noch heute sehr geschätzten Arbeiten in 
Email Cloisonne ein, die ägyptischen Ursprungs sein 
sollen, aber in China, Japan, Indien und Persien 
besonders gepflegt wurden. 
Auf hohem künstlerischen Niveau stehen die M ö- 
b e 1 des Palais, die vorwiegend den Epochen Louis 
XV. und Louis XVI. angehören. Man findet unter 
den herrlichen Stücken aus Rosen- und Tulpenholz, 
um die gewiß ein heißer Kampf entbrennen wird, die 
Signaturen von Andre Charles Boule, A. Foullet, 
Gosselin, Etienne Carel, Leonard Boudin, M. Cav- 
]in, B. Durand, Jacques Dubois, Roger Vandereuse 
la Croix (signiert L. V. L. C.) und anderen be 
rühmten Ebenisten des 17. und 18. Jahrhunderts, de 
ren Arbeiten exorbitante Preise erzielen. So wur 
den z. B. bei der Vente San Donato im Jahre 1880 
zwei Schränke von Andre Charles Boule mit 100.000 
Mark bezahlt, eine Hochzeitstruhe mit seiner Signatur 
ging auf 60.000 Mark. Bei der Vente Hamilton 
im Jahre 1883 erreichten zwei Schränke von Boule 
280.000 Mark, ein Chiffonnier brachte 50.000 Mark. 
Wunderbare Vorhänge aus Genueser Samt 
aus dem 15. und 16. Jahrhundert, sowie aus schwer 
stem Silberbrokat, eine Gobelin-Portiere, original 
signiert von Le Brun, mit Flußgöttern und Mä 
andern, grüne Satinvorhänge aus schwerster Seide, 
die sich bauschen und steifen in ihrer Pracht, vier 
Reliefs von Thorwaldsen: Jupiter, Minerva, Hekuba 
und Aeskulap, eine kleine, aber erlesene Bibliothek, 
die mit viel Geschmack und Verständnis zusammen 
gestellt ist, eine kleine Spezial Sammlung von Mar 
morbüsten, jede von einem Meister seiner Zeit, erle 
sene Teppiche aus Ferahan, Kabul, Herati, Persien, 
drei hervorragende Tapisserien, die Metarmophosen 
nach Ovid darstellend das ist so ein kleiner Aus 
schnitt aus der großen Sammlung. 
Die zweite Auktion, die am 26. April vor sich 
gehen wird, umfaßt deutsches, holländisches und an 
deres kontinentales Silber und Silbergerät und mas 
sivstes englisches. Silber in ganz hervorragender Zahl 
und Qualität. Das kontinentale Silber stammt zum 
größten Teil aus dem 15. bis 18. Jahrhundert, das 
englische hingegen aus dem 18. und frühen 19, Jahr 
hundert. 
Es ist unmöglich, hier alle Kostbarkeiten auf 
zuzählen. Nennen wir unter dem deutschen Silber nur 
den berühmten Greyhund-Pokal aus der Abtei von 
Weingarten bei Ulm, die Augsburger Becher aus 
dem 15. und 16. Jahrhundert, die prächtige Dar 
stellung des Neptun aus dem 17. Jahrhundert von 
Neuhausen, eine ganze Anzahl von Stücken, die Baron 
Lionel Rothschild den verschiedensten deutschen Aus 
stellungen als Leihgaben zur Verfügung stellte, den 
prachtvollen gedeckelten Becher aus Rosenberg, die 
ausgezeichneten getriebenen Schüsseln aus Nuremberg 
— so lautet das Signum —, die berühmte Augsbur 
ger Dianagruppe, die von Jacob Miller dem Aelteren 
gezeichnet ist, (15 Zoll hoch und 91/4 lang) - unter 
dem Schweizer Silber den berühmten Gessner-Glo- 
bus mit dem Atlas' als Träger; das'transsilvanisthe 
Silber mit dem Namen Sebastian Hann der Aeltere, 
gezeichnet - dann hat man eine kleine Vorstellung 
von dem Kunstwerte dieser einzigartigen Versteige 
rungsstücke. 
Eine Sammlung wandert durch die Welt. 
Von Max Roden, Wien. 
Eine sehr wertvolle Sammlung alter japanischer 
Bauernstoffe wandert durch die Welt. Sie kam 
über Berlin nach Wien, wo sie im Oesterreichischen 
Museum zu sehen war, von Wien ging sie nach Paris 
und von dort wird sie nach London und nach New- 
York weitergehen. 
Die Sammlung gehört dem Tokioter Buchdrucker, 
Verleger und Textilfachmann Younosuke Na 
to r i. Er hat in Deutschland studiert und sich dort 
praktisch betätigt. Dann ging er in die Heimat zu 
rück, die westlichen Erfahrungen gelten lassend, aber 
durchaus kein „Westler“. Er begann zu sammeln und 
brachte es auf etwa tausend Stück, aus denen 
er eine entsprechende Auswahl für die Wanderausstel 
lung getroffen hat. Es sind Stoffe da, die vor drei 
hundert Jahr en erzeugt wurden, und andere, die 
„nur“ fünfzig Jahre alt sind. In den letztvergangenen 
Jahrzehnten allerdings hat auch in Japan die Industrie 
das Handwerk verdrängt. Wie schade ist es doch um 
diesen Ausfall an Reichtum von handgewebten und 
handbedruckten Stoffen, die von einfachen japanischen 
Bauern und Fischern für den eigenen Bedarf und zu 
Geschenkzwecken hergestellt wurden. Die Breite des 
alten japanischen Stoffes, ungefähr ein Fuß, ist in 
allen Fällen gleich; sie wurde so genommen, weil der 
Schnitt des Kimonos es verlangte. Aber auch die gro 
ßen Baumwollvorhänge sind aus den schmalen Stoff 
bahnen zusammengesetzt. 
Das sind keine gewöhnlichen Stoffe mit gleich 
gültigen Mustern. Diese haben ihre Bedeutung, her 
geholt aus den Gebieten von Symbolik und Magie. 
Auch die Farben sind nicht zufällig da, ihre Wahl 
ist begründet. Alles hat einen Sinn, und man wird 
ohne weiteres vieles begreifen, wenn man, die konti 
nentalen und die nationalen Verschiedenheiten beden 
kend, unsere Volkskunst zum Vergleich heranzieht. 
Einige Beispiele mögen hier gegeben sein. Der 
Schildkröte legt man ein Leben von 10.000 |ahren 
bei, dem Kranich gibt man seine 1000 Jahre. Wenn 
also diese zwei in einem Bilde sind, dann heißt das 
so viel wie „Langes Leben“. Findet sich neben einem 
Vogel ein Bambusrohr, so weiß man, daß man einen 
Sperling vor sich hat. Der Paradiesvogel ist das 
Symbol für den Kaiser, die Kiriblätter stehen für das 
Volk, also bedeutet solch eine Darstellung die Ge 
samtheit von Kaiser und Volk, also Japan. Der Tiger 
repräsentiert die Kraft, der Bambus bedeutet Gerad 
heit, die Pflaumenblüte ist die Blume des Monats 
Jänner. Betrachtet man nun die Behänge und die 
Bildchen, dann haben sie schon ihren besonderen 
Sinn. Fügt man dem Verständnis für den gegen 
ständlichen Inhalt noch jenes für die technische Be-
	        
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