XV, Sektion: Zeichnen,
Das Naturzeichnen in den Mittelschulen. Ausstellung der verwen
deten Lehrmittel durch Schülerarbeiten.
Obmann: Schulrat Jos. Langl.
Mitglieder die Proff.: Eduard Brechler, Otto Fessler, Karl Graf, Adolf Nowak,i
Adalbert Micholitsch, Heinrich Rover, Karl Straßer, Friedrich Widter,
Raimund Wolf.
Die Umwälzung, welche sich auf dem gesamten Gebiete der
bildenden Kunst um die Wende des zwanzigsten Jahrhunderts voll
zog und gegenwärtig in ein Stadium allmählicher Klärung
getreten ist, hat ihre Rückwirkung auch auf den Zeichenunterricht
ausgeübt und ihn auf neue Bahnen gewiesen. Die Natur in
ihrem unermeßlichen Formenreichtum und ihren wechselvollen Er
scheinungen der Licht- und Farbenwirkung — sie soll wieder zur
unmittelbaren Quelle der Vorbilder für den Zeichenunterricht
werden.
Vom Beginn an soll ein künstlerischer Zug den Unterricht im
Formenwesen durchdringen und das Studium der Naturerscheinun
gen die ästhetische Erziehung der Jugend vermitteln. In der
Schaffensfreudigkeit künstlerischer Selbsttätigkeit soll auch die
Freude am künstlerischen Schaffen im weiteren Sinne geweckt und
das Verständnis hierfür erzogen werden.
Begnügte sich der Zeichenunterricht in der vergangenen
Epoche des Nachahmens und Kopierens in erster Linie mit der
technischen Fertigkeit im Darstellen, fordert der „moderne”
Zeichenunterricht in der Auffassung und Wiedergabe des Natur
bildes die selbstschöpferische Tätigkeit des Schülers heraus; das
Zeichnen ist Gedankenarbeit geworden und eine Schulung des Geistes
für das Formenwesen im allgemeinen.
1 Unser verehrter Kollege, Ad. Nowak, hatte die Arbeiten der „Lehrmittel”
für die Ausstellung übernommen und war in vollster Tätigkeit, Partien aus seiner
trefflichen Sammlung von selbstgefertigten Perspektivmodellen für die Exposition
herzurichten, als ihn am 25. Februar 1. J. nach kurzer Krankheit plötzlich der Tod
ereilte. Wir beklagen in ihm den Verlust eines edlen Freundes, ausgezeichneten
Lehrers und trefflichen Künstlers. Ehre seinem Andenken. — Die Agenden der
„Lehrmittel” übernahm in der Folge Prof. Friedr. Widter.