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Internationale 
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Zentralblatt für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde 
Herausgeber: Norbert Ehrlich 
20. Jahrgang 15. Februar 1938 Nr. 4 
Die Bildwerke der Sammlung Georg Schuster. 
Aus .München wird uns berichtet: 
München sieht einem bedeutungsvollen Kunst 
marktereignis entgegen: am 17. und 18. März ver 
steigert Julius Böhler die erst nach dem vor einem 
Jahre erfolgten Tode ihres Besitzers bekanntgewor 
dene Sammlung des berühmten Münchener Restau 
rators Georg Schuster, die zahlen und qualitäts 
mäßig von geradezu musealem Ausmaß ist. Etwa 
dreihundert Skulpturen, bis vor kurzem selbst der 
Fachwelt unbekannt, bezeichnen in Meisterwerken 
höchsten Ranges die Entwicklung der deutschen Pla 
stik von der Romantik bis zum Rokoko; dazu treten 
etwa fünfzig Gemälde des Barock und dreihundert 
Nümmern Kunstgewerbe des 15. bis 18. Jahrhunderts, 
also eine Sammlung, wie sie, vor allem in Bezug auf 
die Bildwerke, in solcher Schönheit und Geschlossen 
heit seit der Versteigerung der Sammlung Oertel nicht 
mehr auf den Markt gelangt ist. 
Den Auftakt bildet eine Reihe von frühen Bronze- 
Kruzifixen und Elfenbeinen, unter denen ein franzö 
sisches Kruzifix des zwölften Jahrhunderts und eine 
sitzende Madonna um 1350 besonders hervorragen. 
Die Romantik wird repräsentiert durch ein großes, 
wahrscheinlich aus dem Augsburger Dome stammen 
des Triumphkreuz. In der Reihe unvergeßlicher Haupt 
werke mittelalterlicher deutscher Bildnerkunst stehen 
die beiden Marien vom Beginn des fünfzehnten Jahr 
hunderts- aus dem Kreise der ,.schönen Madonnen“ 
der deutsch böhmischen Schule voran, deren eine auf 
die berühmte Krumauer Madonna des Wiener Muse 
ums zurückgeht. Eine Salzburger Arbeit um 1430 
gibt eine freie Wiederholung der „Seeoner Madonna“ 
des Bayrischen Nationalmuseums von persönlich aus 
geprägtem Charakter (siehe unsere Abbildung 
Fig. 1). 
Aus dem schwäbischen Kunstkreis der Spätgotik 
stammen drei der wesentlichsten Meisterwerke der 
Sammlung: ein innig-zartes Vesperbild des von sei 
nen Frauen gestalten in der Kottweiler Lorenzkapelle 
bekannten Meisters von Eriskirch von be 
glückender Schönheit und vorbildlicher Erhaltung, 
ferner eine ..Weibliche Heilige“ von Hans AI ult- 
scher, die in der empfindlichen Feinheit des Schnitz- 
werkes und der bezaubernd reinen Fassung ihre gleich 
großen und wahrscheinlich vom gleichen Altarwerk 
stammenden Schwestern aus Rottweil in den Schat 
teil stellt, und zuletzt jene scharfschnittige, adlige 
Muttergottes, die Hubert Wilm völlig überzeugend 
dem Ravensburger Meister Friedrich Schramm zu 
schreibt. Womit bereits der Umkreis berührt wird, 
aus dem wahrscheinlich der Franke Tilman Rie 
menschneider in seiner Frühzeit abzuleiten ist: 
er ist mit einem Buchsbaum-Kruzifix, nur 27 cm 
hoch, vertreten, das in der Feinheit der Ausführung, 
dem Adel der Gebärde und der Stärke des Aus 
drucks zum Schönsten gehört, was die deutsche Klein 
plastik der Spätgotik hervorgebracht hat. 
Der oberrheinischen Schule gehören ein „Ritter“ 
vom Meister der Dangolsheimer Maria, die 
hoheitsvolle weibliche Heilige aus dem engsten Kreis 
Big. 1. Maria mit dem Kinde, Salzburgisch um 1430. 
des Nikolaus Gerhaert und eine Barbara der Hans 
Wy dy z - We rk s tatt an. Zwei heilige Sebastiane 
gehören zum Eindringlichsten, was die Sammlung 
besitzt: als Arbeiten des (schwäbischen) Meisters 
der P> i b c r a c h e r Sippe und des (mittelrheinischen) 
Meisters der Mosbacher Kreuzigung über 
zeugend bestimmt. Zuletzt Altbayern, naturgemäß in 
dieser Münchener Sammlung am besten vertreten: ein 
monumentales Vesperbild erweist den Meister von 
Raben den höherstehend, als seine bisher bekannte 
Produktion. Drei Figuren von Leinberger, von
	        
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