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INTERNATIONALE SAMMLER-ZEITUNG 
Nr. 6 
tik und mannigfaltigem Kunstgewerbe, sowie zahl 
reiche Textilien und Stickereien. Aus anderem ^pri 
vaten Besitz sind hervorragende Altwiener Por- 
z e 11 a n g r u p p e n und Figuren, sehr seltene^ deut 
sche und Ilolicser Fayencen, besonders preiswerte 
schöne Tapisserien, sowie zahlreiche Texti 
lien zu erwähnen. Frühe Bronzemörser und Me 
tallarbeiten, eine reiche Zahl von interessanten I hren 
sowie brauchbares Kunstmobiliar vervollständigen die 
überaus reiche Auswahl. 
Die Kunstobjekte können am 24., 25., 26. und 
28. März von 10 bis 6 Uhr in den Schaustellungs- 
räumen der Kunsiabteilung des Dorötheums Wien, 
]. Bez., Dorotheergasse ii (ehemals Palais Miethke) 
besichtigt werden, wo auch Kaufaulträge entgegen 
genommen und Auskünfte erteilt werden. 
Die Bibliothek Dr. Heinrich Stinnes. 
Aus Berlin wird uns geschrieben: 
Die Firma Reinhold Puppel vorm, llollstein 
& Puppel versteigert vom 7. bis 9. April den zweiten 
Teil der Kunstbibliothek des Dr. Heinrich Stinnes. 
Es handelt sich da um eine besonders umfang 
reiche Sammlung. Der zirka 2200 Nummern umfas 
sende Katalog enthält die Abteilungen Kunst (Kunst 
geschichte, graphische Mappenwerke, illustrierte Bü 
cher, über 1000 Nummern), Bibliographie (zirka 150 
Nummern), Luxus und Pressendrucke, schöne Lilera- 
tur und verschiedene kleinere Abteilungen. Die Samm 
lung zeichnet sich ebenso durch besonders schöne 
Einbände, Wie durch seltene Publikationen unter der 
Kunstliteratur und den Luxusdrucken, aus. Es sind 
darunter besonders viele in Deutschland selten vor 
kommende Werke der französischen und englischen 
Bibliophilie. Aber auch von älteren, illustrierten Wer 
ken enthält die Sammlung manches wertvolle Stück, 
wie z, B.: Le Fleuve von Charles Gros mit den 
acht Radierungen von Eduard Manet, das nur in 
100 Exemplaren gedruckt wurde, von Manet eigen 
händig bezeichnet. Das entzückende Bändchen ist 
unseres Wissens in den Nachkriegsjahren nur einmal 
auf dem Markt aufgetaucht. 
Außerdem kommt zum Angebot die erste Sta 
pfe rse he französische Faustausgabe in Folio von 
182S mit den Lithographien von Delacroix in 
einem herrlichen Exemplar, ferner die 21 Radierun 
gen von Jules Goncourt, herausgegeben von Ph. 
Burte, dann das Liber veritatis mit den 300 Aqua 
tintablättern von Richard Earlom nach den Zeich 
nungen von Claude Gcllec im Einband der Zeit, 
Unter der Kunstliteratur befindet sich manches 
seltene Stück, ln der Abteilung Luxus und Pressen 
drucke begegnen wir seltenen Erstausgaben von 
Nietzsche, Stefan George, Rainer Maria Rilke u. a. 
und viele seltene Publikationen der bedeutenden deut 
schen und englischen Pressen, wäe Bremer Presse, 
Ernst Ludwig-Presse, Rupprechtspresse, Golden Cok- 
kerell-Preß, Halkyon Preß, Zilverdistel und solche 
der bibliophilen Gesellschaften. Die Werke sind fast 
durchweg von absoluter Frische, was für den Biblio 
philen von besonderem Reiz sein dürfte. 
Im Mai folgt eine weitere Versteigerung aus 
dem Stinnes-Besitz, die wertvolle moderne Gra 
T> h i k umfaßt. lieber diese Versteigerung wird noch 
zu sprechen sein. 
Der Wiltner Henketkeich Staatsbesitz. 
Der kostbarste Schatz der Wiltener Kunsfkammer, 
der Henkelkelch, ist nun Staatsbesitz. Damit hat 
Unterrichtsminister Dr. Pernter das Versprechen 
eingelöst, das er im Bundestag gemacht hat. Um 
welchen Betrag dieses Kleinod erworben wurde, wird 
nicht gesagt, aber dies ist schließlich Nebensache: 
Hauptsache ist, daß man es Oesterreich gesichert 
hat. Es kommt in das Kunsthistorische VI u- 
seum in Wien, wo es noch in diesem Monat 
im Rahmen der Neuerwerbungen seit 1935 zu sehen 
sein wird. 
Der Kelch ist eine halbkugelförmige Schale, 
die einen Knauf mit dem kreisrunden Fuß verbindet. 
Er ist aus Silber getrieben, an der Innenseite der 
Schale vergoldet, die beiden Henkel sind gegossen, 
diese und der Knauf sind vollständig vergoldet. Die 
Höbe des Kelches beträgt etwa 25 Zentimeter, der 
Durchmesser der Schale 16 Zentimeter, der des Fußes 
17.5 Zentimeter. Zum Kelch gehören die gleich 
falls silbervergoldete Pa'.ene, deren Durchmessei 24 
Zentimeter beträgt, sowie zwei je 21 Zentimeter lange 
silberne Saugröhrchen mit vergoldeten herzförmigen 
Handhaben. Das Gewicht des ganzen Kelches beträgt 
etwa 3.3 Kilogramm. 
Das ganze Stück ist vollständig bedeckt mit herr 
lichen Gravüren in sogenannter Niello-Technik, jener 
das ganze Mittelalter hindurch geübten Metall verf 
zierung durch eingravierte Bilder und Ornamente, die 
mit einer Art schwarzen Email (nigello) au.; Kupfer, 
Silber, Blei, und Schwefel ausgefüllt sind. In einem 
geschlossenen zusammenhängenden Zyklus schildert 
der aus 35 gravierten Medaillons (15 Darstellungen 
aul dem Kclchfluß. 20 auf der Schale) bestehende 
Bilderschmuck die Heilsgeschichte des Menschenge 
schlechtes von der Erschaffung der Welt bis zur Voll 
endung des Erlösungswerkes durch den Heiland. Zwi 
schen den Medaillons schmücken Tiergestalten aul 
dem Fuß und Cherubim auf der Schale und verschie 
dene Ornamente aus Laubwerk sowie Spruchbänder 
mit Schriftstellen die Flächen des Kelches. Die Sym 
bole der vier Kardinaltugenden: Prudentia, Fortitudo, 
I emperatrtia und Justitia in Brustbild form auf dem 
Schaf: und die in Gold getriebenen Symbole der 
vier Paradtesesflüsse: Geon, Fyson, Tygris und Eu- 
phrates auf dem Knauf vollenden den Bilderkreis 
des Kelches. Auf der Patene gewahren wir zu beiden 
Seiten eine Fortsetzung der Schilderung. An der Vor 
derseite, im runden Mittelfeld die drei Frauen am 
Grabe C hristi, darunter kleiner die fünf schlafenden 
Wächter, am Rande die Darstellungen: Noli me tan 
gere. Gang nach Emaus, Christi Erscheinen bei ver 
schlossener Türe, Christi Himmelfahrt. An der Rück 
seite im Mittelfeld in herrlicher Treibarbeit Christus 
am Krem, mit Maria und Johannes und den Evange 
listensymbolen, am Rande sind die, Szenen: Einzug 
der Synagoge in die Vorhölle (gekennzeichnet durch 
ein Schriftband, das der erste der neun Männer in 
der Linken hält), ferner die Befreiung der frommen
	        
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