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DIE FRANZÖSISCHE MEDAILLEUR-
KUNSTIMXIXJAHRHUNDERTNP VON
AUGUSTE MARGUILLIER-PARISSP
IT dem Ende unseres Jahrhunderts wird
sich eine neue und fruchtbare Phase der
Kunst entwickelt haben. Abgesehen von der
Wiedergeburt des Idealismus, abgesehen
davon, dass der unter dem Joche des
Naturalismus zu einer niedrigen Copisten-
arbeit herabgedrückten Kunst endlich ihr
Anrecht auf das Reich der Gedanken
wiedererstattet wird, haben wir es auch
mit Rehabilitirungen zu thun, die freilich
einer minder hohen Ordnung zugerechnet
werden, die aber doch wohl eben so viel Interesse für sich in Anspruch
nehmen. Es handelt sich hier um die sogenannten „geringeren",
nämlich die angewandten Künste, die, gerade ihres praktischen
Nutzens halber, von vorurtheilsvollen Köpfen missachtet werden.
Am richtigen Orte vereint, gleichgestellt mit der Architektur, der
Malerei und der Sculptur, werden sie, mit einem Schlage wiederbelebt,
unerwartete und bewundernswerte Früchte bringen.
Diese Gleichheit hat die Pariser Weltausstellung 1889 definitiv
bestätigt: nachdem Roger Marx, dessen ganzes Leben ein unaus-
gesetzter und siegreicher Kampf für die Wiedergeburt dieser hehren
Künste, für die allgemeine Verbreitung des Schönen, für die ästhetische
Erziehung des Volkes ist, gegen die Ausschliessung der angewandten
Künste aus den Salons in der Zeitung „Le Voltaire" protestirte,
wurde in der Exposition centennale des Beaux-Arts eine Abtheilung
für decorative Kunst geschaffen.
Unter den vielen ans Licht gezogenen Werken weckte haupt-
sächlich das Interesse eine Sammlung von Medaillen dieses Jahr-
hunderts, bei der man die Entwicklung einer der französischen
Eigenheit vornehmlich angepassten Kunst mit einem Blicke übersehen
konnte und bei der sich den Werken der Vergangenheit die verjüngte
und vielverheissende Arbeit der Gegenwart siegreich gegenüber-
stellte. Seither sind die gemachten Verheissungen in vollem Masse
in Erfüllung gegangen und ist dieser Schatz reichlich vermehrt worden.
Die Zulassung der Medaille im Musee du Luxembourg 1890 eiferte
diese Kunstweise an und befruchtete sie durch die oflicielle An-
erkennung der Reformen und Bestrebungen der modernen Schule.