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Volltext: Wiener Porzellan: Original, Kopie, Verfälschung, Fälschung

Eine stilistisch im Dekor sehr verwandte Uhr wurde 1972 bei Sotheby’s versteigert (Sotheby 
20.4.1972, Nr. 149); sie besteht ebenfalls aus einem Metallgehäuse sowie Porzellanplatten, 
-postament und -kuppel. Die Deutung der Signatur als „Selex” ist vielleicht nicht ganz zutref 
fend. Es steht jedenfalls fest, daß der unterglasurblaue Bindenschild auch dieser Uhr eine 
Fälschung ist; die Uhr kommt dem echten Wiener Porzellan in keiner Weise - weder in Form, 
Dekor noch in Ikonographie und Stil derfiguralen Malerei - nahe (Abb. 556). 
PORTRÄTTELLER UND -PLATTEN 
Porträts auf Porzellantellern und -platten bilden im Rahmen der figuralen Porzellanmalerei 
eine eigene, weder qualitativ noch quantitativ zu unterschätzende Gruppe. Viele dieser Por 
zellane tragen den gefälschten Wiener Bindenschild neben anderen Kennzeichen. 
Eine runde Platte (Abb. 557) beachtlichen Durchmessers (48,5 cm) zeigt ein Porträt, das 
offenbar in Ölfarben gemalt ist. Auf der unglasierten Unterseite wurde ein blauer, gefälschter 
Bindenschild angebracht, ferner die schwarze Bezeichnung „F. Bodenmüller”, eingepreßt: 
,,0 36” (86?), in Bleistift die Zahl 1773 sowie ein rundes Papieretikett: ,,Gilman Collamore & 
Co. Union Sq. N.Y.”. In der Mitte des Etiketts steht die Nummer 19. 
Friedrich Bodenmüller war (Thieme-Becker 4/1910, S. 168) ein 1845 geborener deutscher 
Genre-, Historien- und Schlachtenmaler. Er hat wohl kaum selbst das Porträt auf Porzellan 
gemalt; vermutlich wurde es nach einem seiner Bilder kopiert (Abb. 557). 
Im Zentrum einer Tischplatte (Abb. 558) befindet sich eine runde Porzellanplatte, die laut 
Sotheby-Katalog die „Duchess of Devonshire” darstellen soll (Sotheby 8.1.1975, Nr. 143), 
umgeben von 12 kleinen Platten mit Frauenköpfen. Im Sotheby-Katalog in das späte 19. 
Jahrhundert datiert, kann der Tisch schon aus diesem Grund nicht im Zusammenhang mit der 
Wiener Porzellanmanufaktur stehen, die 1864 geschlossen wurde. Stil und Ikonographie der 
Porzellanmalerei schließen dies ebenfalls aus, wenn die Kennzeichnung auch durch einen 
unterglasurblauen (gefälschten) Bindenschild erfolgte. 
Mit reich dekorierter Fahne wurden zwei Teller (Abb. 559, 560) versehen, die im Spiegel 
Frauenporträts - nach der Signatur von einem gewissen „Wagner” gemalt - tragen. Die 
ebenfalls bei Sotheby versteigerten Teller (Sotheby 5.10.1972, Nr. 94 und 96) sind laut 
Katalogbeschreibung mit einem unterglasurblauen, sicher gefälschten Wiener Bindenschild 
versehen. Das Porzellan wird von Sotheby’s der Firma Hutschenreuther, Hohenberg, zuge 
schrieben und ins späte 19. Jahrhundert datiert. Damit können beide Teller keinesfalls aus 
der Wiener Porzellanmanufaktur stammen. 
Einfachere Bordüren auf der Fahne weist eine Serie von 12 T ellern auf, aus deren vergoldetem 
Spiegel die Fläche für das jeweilige Porträt entsprechend ausgespart ist. 
Dargestellt sind Ludwig XV (Abb. 563), Ludwig XVI, Maria Theresia (Abb. 561), Josef II 
(Abb. 562), ferne Napoleon I, Marie Louise, Madame Sans Gene, Marschall Lefebvre, 
Kaiserin Josefine, Maria Mancini, sowie „Donna Marietta nach Tizian” und ein weiteres 
Frauenporträt. Die Porträts sind mit den verschiedensten Namen signiert; auf der Unterseite 
ist zumeist der Bindenschild in Aufglasurblau zu sehen (Abb. 564). Gewisse Dekorelemente 
der Fahnen könnten auf eine böhmische Porzellanfabrik verweisen, doch ist auch eine Her 
stellung im deutschen Raum nicht ausgeschlossen. Da mir von dieser Serie nur Photos zur 
Verfügung standen, war es für mich nicht möglich festzustellen, ob die Porträts in Malerei 
oder in einem Umdruckverfahren ausgeführt wurden. 
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