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ihr dies verdenken! Die geistlichen
Herren, die früher ihre Wappen
nach eigenem Geschmacke sich
schufen und weiter nichts dafür zu
bezahlen hatten, waren allerdings
über diese Neuerung wenig erbaut
und manche sparsamen Herren ent-
sagten lieber der Führung eines
eigenen Wappens, als daß sie dem
Staate den kleinen Obolus geopfert
hätten. Der durch diese staatliche
Kontrolle für die gute alte I-Ierolds-
kunst erzielte Gewinn war nun
allerdings nicht besonders groß,
weil alles von der Ansicht des zur
Überprüfung designierten Beamten
abhieng, der sich, wie mitunter zu
ersehen ist, nicht immer in den
durch die Praxis geschaffenen Re-
geln der Heraldik zurechtgefunden
hatte.
Bevor wir uns mit den ver-
schiedenen heraldischen Insignien
der einzelnen geistlichen Stände
befassen, muß hier ein absonder-
liches Wappen Erwähnung finden, das der
großen Wappenfreudigkeit des XV. und XVI.
Jahrhunderts seine Entstehung verdankt, die
ohne Rücksicht auf die Wappenfähigkeit der
betreffenden Objekte alles und jedes mit einer
gewissen kindlichen Naivität mit Wappen-
bildern bedachte.
Es ist dies das sogenanntePassionswappen,
eine heraldische Komposition, gebildet aus den
sinnbildlichen Attributen des Leidens Christi,
den Passionswerkzeugen oder Instrumenta
Dominica passionis.
Die dazu benutzten Motive finden sich in
reichlicher Anzahl bereits im X. und XI. Jahr-
hundert in der kirchlichen Kunst in Malerei und
Plastik angewandt und es darf deshalb nicht
überraschen, wenn der heraldische Künstler
Alm-S- pmioßwaPiw" aus "m" "m" der späteren Zeit sie ebenfalls für seine Zwecke
zösisehen Horarium (Laiengebetbuch),
1511 benutzte und, so gut es gehen mochte, Wappen-
Abb. z. Passionswappen nach einem Stiche von Israhel
van Meckenem (f 1503)