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AUS DEM WIENER KUNSTLEBEN 50 VON
HARTWIG FISCHEL-WIEN S0
KÜNSTLERHAUS. Unter den Künstlern, welche den Pinsel als Waffe im großen
Völkerringen führen durften, sind einige besonders vom Zufall begünstigt worden.
Sie sind auch auf fremdem Boden im gewohnten Geleise tätig gewesen, ihnen hat das große
Erlebnis nicht neue Wege geöffnet, nur neue Modelle zugeführt.
Unter dem Titel „Die Türkei im Weltkriege" war im Künstlerhaus eine Ausstellung
von Bildnissen und Skizzen zu sehen, welche W. V. Krausz gemalt hat. Alle glänzenden
Namen, die aus den Kriegsberichten der Türkei und Bulgarien bekannt wurden, sind im
Verzeichnis der Arbeiten zu finden gewesen. Uniformen und Staatskleider, nur selten ein
Einblick in Innenräume von orientalischer Pracht, vermittelten den Kontakt mit einer Welt,
die sonst gerade durch ihren Gegensatz zu unserer eigenen anziehend schien. Hier konnte
rnan fast nur dasjenige hervorgehoben sehen, was sie mit dem kontinentalen öffentlichen
Leben gemeinsam hat.
Die derbe, routinierte Darstellungsweise des Künstlers behielt die gewohnte Art auch
im neuen Milieu. Von intimerem Reiz waren einige tonige Landschaftsstudien, die feinere
Stirnrnungswerte enthielten. -
Wer einen Einblick in die vornehme Farbenwelt des Balkans vermutete, in die Viel-
gestaltigkeit ihrer Erscheinungen, mußte erkennen, daß auch dort unsere Zeit die gemein-
samen Züge der großen Welt verstärkt; die lokale Eigenart wird wohl nur im Volke weiter-
leben, dem der Porträtmaler femzubleiben pflegt.
GALERIE ARNOT. In der Galerie Arnot war fast zu gleicher Zeit eine Kollektiv-
ausstellung von Bildern und Studien des I-Iauptmannes d. R. Hugo von Bouvard zu
sehen gewesen, die ganz im Gegensatz zu der Ausstellung ,.Die Türkei im Weltkrieg" den
unmittelbaren Eindruck von Kriegserlebnissen bot. Ein Berufsoffizier, dem die eigentlichen
Kampfhandlungen, die Vorbereitung zu denselben und ihre Nachwirkung besonders nahe-
gingen, hat mit künstlerischem Griff das wirkliche bewegte Leben zu fassen vermacht.
Licht und Farbenprobleme in der freien Natur hat Hauptmann von Bouvard mit sicherer
Beobachtung und frischer Darstellungskraft als künstlerisch interessante Aufgaben verfolgt.
Die Vorgänge sind aber zugleich von den Kriegsereignissen selbst überall abhängig. Seine
Art, das zu schildern und herauszugreifen, was ihn gefesselt hat, ist ohne handwerksmäßige
Routine, mit ansehnlichem Können und Verständnis für koloristische Wirkung verbunden.
Diese Natürlichkeit und Frische läßt vergessen, daß es nicht immer bloß künstlerische
Absichten sind. die ihn den Pinsel in die Hand nehmen ließen. Als Anschauungsmaterial
und Dokumente des Krieges werden diese gut geschauten und niedergeschriebenen Studien
immer sehr wertvoll bleiben, alsKunstwerke reichen sie oft an die tüchtigstenArbeiten heran.
Ob aus solchen verdienstvollen Werken eine größere produktive Tätigkeit hervor-
wachsen kann, muß eine friedlichere Zukunft lehren, der sich die Welt wie die Kunst
entgegensehnt.
DIE VEREINIGUNG BILDENDER KUNSTLERINNEN ÖSTER-
REICHS hat eine Ausstellung veranstaltet, die in ihrer Art einen recht erfreulichen
Anblick bietet. Es tritt eine Umgruppierung der Kräfte zutage, welche für die Zukunft in
gewissem Sinne verheißungsvoll ist. Während bei früheren Schaustellungen eine ziemlich
uneingeschränkte Tätigkeit auf allen Arbeitsgebieten der bildenden Kunst vorherrschte, bei
der zwischen Kräften und Zielen ein oft erheblicher Abstand zutage trat, ist nunmehr ein
Vorherrschen jener Leistungen zu verzeichnen, welche eine beschränktere Umgrenzung
der Stolfgebiete, aber dafür auch eine sichere, mehr ausgeglichene Beherrschung derselben
bieten. Der Kontakt mit dem Kunstgewerbe tritt stärker hervor, wir sehen dieselben