greifende Reform der zur Debatte
stehenden neuen Geschäftsordnung.
Seine Reformvorschläge bezogen sich
auf die Mitgliederaufnahme und Jury.
er forderte die persönliche Stimmen-
abgabe beim Tisch des Vorstandes.
ferner Kollektionen. wobei auch Bilder
enthalten sein durften. die bereits aus-
gestellt waren. Falls Parteien im Künst-
lerhaus bestünden, sollte die jeweilige
Minorität das Recht besitzen, ein oder
zwei Mitglieder in alle Ausschüsse und
Komitees zu entsenden. Das Ergebnis
blieb zwar hinter den Erwartungen
zurück. aber die ,.Jungen" erhielten
einen wesentlichen Einfluß auf das Aus-
stellungsgeschehen. Der Versuch der
..Jungen", für Hörmann eine Kleine
Goldene Medaille durchzusetzen, miß-
lang. Ende Mai kaufte der Teilnehmer-
fond erstmalig ein Hörmannbild um
400 Gulden, und am 'l.luli kam aus
Graz die Nachricht vom Tod des
Künstlers. Sofort begannen seine Freun-
de den Kampf um eine würdige Ge-
döchtnisausstellung. Sie wurde im De-
zember mit 234 Hörmannbildern er-
öffnet und war die erste große Revue
der Wiener modernen Kunst.
Das Jahr 1896 wurde unter dem bereits
unsicher gewordenen Vorstand Dei-
ninger das große Erfolgsjahr der
Moderne im Künstlerhaus. Klimt, Ba-
cher, Kraemer. O. Wagner. Bernatzik,
Hellmer besetzten wichtige Posten in
den Ausschüssen und in den Jurys. Nun
wurde die Jury zur Jahresausstellung
ein Schlachtfeld für das Mittelmaß.
Staatspreise kassierten Strasser (Große
Goldene) und Kurzweil. Stöhr und
Tichy (Kleine Goldene). die Karl-
Ludwigs-Medaille erhielten Moll und
Kraemer. den Reichelpreis Strasser und
von Berlin kam die Goldene Medaille
für Pochwalski. die Kleine Goldene für
Bcicher. Jetzt galt es noch, die Vor-
standstelle mit den Stimmen der Majori-
tät in der Generalversammlung zu er-
ringen, und das Künstlerhaus war in
der Hand der ..Jungen". Als Kandidat
war E. Hellmer ausersehen. Der
Aquarellistenklub stellte Felix und Goltz
auf. Die ..Alte Welt" setzte ihre Mit-
glieder unter Klubzwang und gab die
Weisung, Felix als Vorstand und Goltz
in den Ausschuß zu wühlen, um eine
einseitige Parteiregierung zu verhin-
dern. Nur der Architektenklub empfahl
den Mitgliedern und Teilnehmern drin-
gend Hellmer. Klimt fehlte bei der ent-
scheidenden Abstimmung vom 30. No-
vember 1896. Hellmer verlor mit
99 Stimmen gegen Felix. der mit 115
siegte. Rücktretend mahnte Deininger.
das Gemeinsame des Hauses zu erhal-
ten. Natürlich war Felix gewählt wor-
den. um den ..Alten" das Künstlerhaus
zurückzuerobern. Dabei war der Streit
um Kunstanschuuungen noch immer
sekundär, im Vordergrund standen per-
sönliche und kommerzielle lnteressen.
Der radikale Teil der ..Jungen" wollte
sofort austreten und die schon seit
längerer Zeit besprochene eigene Ver-
einigung gründen. Die Gemäßigten
rieten. auch nach der Gründung der
neuen Vereinigung Mitglieder des
Künstlerhauses zu bleiben. Zu ihnen
zählten Klimt, O. Wagner und Hellmer.
Nun wurden im wesentlichen Jury und
Kommission mit eingeschworenen ..Al-
ten" besetzt. Am 3. April 1897 schickte
G. Klimt an den Leitenden Ausschuß
und an die Presse die Mitteilung. daß
sich am gleichen Tage die "Vereinigung
bildender Künstler Österreichs" kon-
stituiert habe. Die beigeschlossene Wie-
genliste enthält 40 Mitgliedernamen.
darunter 12 auswärtige, S vereinslose
Künstler und 23 ordentliche Mitglieder
des Künstlerhauses. Präsident war Gu-
stav Klimt, Ehrenpräsident Rudolf Alt.
Vom Künstlerhaus kamen Jetlel. Stras-
ser, Hellmer, Bernatzik, Myrbach.
Ottenfeld, Engelhart. Moll, Pochwalski.
J. Mayreder. Kraemer. Bacher, A.
Nowak, Olbrich, Sigmundt. Tichy.
Lenz. Kurzweil. Colo Moser und Stöhr.
Felix hatte indessen bei der Beschickung
der Dresdener Ausstellung mit einer zu
späten Einladung an die Opposition
operiert. Als die ..Jungen" dann den-
noch einsandten. wurden sie abgelehnt.
Das gleiche unfaire Manöver erlaubte
sich Felix bei der Einladung zur öster-
reichischen Abteilung der großen Mün-
chener Genossenschaftsausstellung. Dies-
mal reagierten die „lungen" gar nicht,
sondern sie beschickten direkt die
gleichzeitig in München stattfindende
Sezessions-Ausstellung. Dieses Vorgehen
widersprach der Verpflichtung, bei
Auslandsausstellungen nur korporativ
und über die Künstlerhaus-Jury einzu-
senden. Nun besaß Felix eine gute
formale Handhabe. Er veranlaßte die
Abfassung einer Resolution. in der den
Abtrünnigen in aller Form die Miß-
billigung ausgesprochen wurde. Diese
Mißbilligung sollte in der kommenden
Generalversammlung durch Stimmen-
mehrheit zum Beschluß erhoben wer-
den. Bei der am 22. Mai abgehaltenen
Versammlung. vor der Ottenfeld aus
dem Leitenden Ausschuß ausgetreten
war. offenbar. um seiner Schweige-
pflicht entbunden zu sein. bezeichnete
Kraemer den Inhalt der Resolution als
Verleumdung. Als Ottenfeld Felix bloß-
stellte, indem er den vertraulichen Aus-
spruch des Vorstandes in bezog auf die
Dresdener Einladung zitierte, man müsse
neben die Toten ausgraben" (Müller.
Pettenkofen und Schindler). so könne
man die ..Jungen" fernhalten. entstand
ein Riesentumult. den Felix mit der
Annahme des Mißbilligungsantrages
überbrücken wollte. Als von feindlicher
Einstellung der Opposition gesprochen
wurde, verließ G. Klimt aus Protest
schweigend den Saal. gefolgt von
8 Getreuent von Tichy. A. Nowak.
Kraemer, Stöhr. Ottenfeld. Olbrich,
Moser und Moll. Weyr wollte alle Weg-
gegangenen sofort ausschließen. Man
stimmte mit 4 Gegenstimmen für den
Mißbilligungsantrag und beschloß. in
der nächsten a.o. Generalversammlung
Kraemer strafweise auszuschließen. Am
24. Mai trafwieder ein Schreiben Klimts
beim Ausschuß ein. in welchem er
wegen der ..Mil1billigung" seinen Aus-
tritt aussprach und gleichzeitig den
Austritt folgender Modernen kundtat:
Moll, Bacher, Stöhr, Kraemer. Olbrich,
Ottenfeld. Tichy. A. Nowak, J. Mayr-
eder. Hellmer, Moser und Myrbach.
Engelhart. Jettel und Bernatzik gaben
aus Paris telegraphisch den Austritt
bekannt. Alt schrieb einen eigenen Aus-
trittsbrief. Josef Hoffmann trat am
Z5. Mai aus. Ihm folgten Pachwalski.
Sigmundt, Kurzweil. Lenz und List.
Kraemer wurde am 28. Mai tatsächlich
ausgeschlossen. Otto Wagner verblieb
in der Genossenschaft. obwohl es nun
auch in Wien zu einem lauten, öffent-
lichen Streit zwischen der alten und der
neuen Kunstrichtung gekommen war.
Er hoffte noch immer auf eine Besin-
nung in den Reihen der Künstler-
schaft. zumal auch damals noch in der
Genossenschaft eine aufgeschlossene
Minorität bestand. Als sich die Fronten
aussichtslos versteiften, trat Otto Wagner
mit Bedauern als letzter der Opposition
am 11. Oktober 1899 aus dem Künstler-
haus aus. Für das Künstlerhaus von
heute sind die geschilderten Ereignisse
Geschichte und bewältigte Vergangen-
heit. Reifes Kunstverstündnis und künst-
lerische Toleranz gewähren wieder
jeder Kunstrichtung Raum. die ehrlicher
Ausdruck ernsten Strebens ist.
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